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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
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gerade dabei einen
Stapel dicht beschriebenes Papier in seinen Rucksack zu stopfen.
    Der Ausdruck einer Karte löste sich
aus seinen Händen und landete in leicht dahinschwebenden Bewegungen direkt vor
meinen Füßen. Ich griff nach dem etwas zerknitterten Zettel und der Name
unseres Ziels sprang mich an – Hannover. Um den Städtenamen hatte Richard
mehrere rote Markierungen und Pfeile gezeichnet. Ich verstand immer noch nicht,
worum es hier eigentlich ging.
    In einer fließenden Bewegung zum
Ausgang riss Richard mir das Blatt aus den Händen und beförderte es zu den
anderen in seine Tasche.
    »Wir haben keine Zeit zu verlieren!
Also der direkte Weg! Bleibt zusammen und keine Einzeltouren«, eröffnete
Richard seine Befehle und richtete seinen strengen Blick auf Ria, die beschämt
den Kopf sinken ließ. Es war nichts Neues, das sie gern allein nach vorn
preschte, schließlich war sie bei weitem die Schnellste von uns.
    »Wir sind auf dem Weg zu einer
Gruppe, also seid vorsichtig, bei allem was ihr tut.« Kurz darauf war Richard
auch schon in den Schatten verschwunden.
    Wir schlossen uns an und folgten ihm
in die Dunkelheit.
    Eine Gruppe also. Einem solchen
Auftrag hatte ich noch nicht beigewohnt. Johann und Ria schien es ähnlich zu
ergehen. Bisher waren wir immer nur Einzeltätern auf die Spur gekommen,
beziehungsweise hatten diese zur Rechenschaft gezogen.
    Richard fand etwas in der Liste, das
uns anderen verborgen blieb. Wie bei dem entführten Jungen, dessen Name zwei
Wochen lang auf der Liste geprangt hatte. Erst ganz schwach, so dass es keinem
von uns, bis auf Richard, aufgefallen wäre. Doch dann wurde der Name immer
intensiver bis er letztlich verschwand, weil wir seinen Entführer
niedergestreckt hatten.
    Wenn wir nun auf der Suche nach einer
Gruppe waren, handelte es sich dann auch um mehrere Opfer? Und wenn ja, wie
viele unseresgleichen hatten sich wohl schon eingefunden, um die gebührende
Ernte einzufahren? Oder war es die Gruppe selbst, die es zu schützen galt?
    Meine Gedanken kreisten wild um die
einzelnen Zusammenhänge. Warum hatte er uns nicht mehr von der Mission erzählt?
Immer wieder hüllte sich Richard in tiefes Schweigen, sprach nur das Nötigste,
informierte uns nur über die Randbedingungen. In den meisten Fällen waren wir
nach unserem Eingreifen nicht schlauer als zuvor.
    Dass der kleine Junge beispielsweise
ein Entführungsopfer gewesen war, hatte ich nur zufällig ein paar Tage später
aus der Zeitung erfahren.
    Und jetzt war es nicht anders. Eine
Gruppe also. Aber was für eine Gruppe? Die Guten? Die Bösen? Beides? Es machte
mich wahnsinnig und der Gedanke daran, dass er es gesehen hatte und ich nicht,
tat sein Übriges. Wenn ich doch nur selbst in der Lage wäre, diese Zeichen zu deuten,
dann hätte diese ganze Geheimnistuerei endlich ein Ende.
    Wir preschten parallel zu einer
Schnellstraße durch die Schatten, von einem zum Nächsten und die
Scheinwerferlichter der Autos, die wir passierten, waren nichts weiter als
kleine Punkte, die in Bruchteilen einer Sekunde wieder verschwunden waren.
    Ich ließ meinen Blick über die
anderen schweifen. Johann und Ria waren nur einige Meter vor mir, Richard hatte
sich an die Spitze gesetzt. Kein Wunder, schließlich war er der Einzige, der
wusste wohin der Weg führte, beziehungsweise auf was wir achten mussten.
    Warum nur machten sie diese Aktionen
so bereitwillig mit? Niemals hörte ich auch nur eine schneidende Bemerkung, die
das Handeln oder die Entscheidungen von Richard in Frage stellte. Niemals
äußerten sie ihren Unmut über die Situation.
    Aber warum? Waren sie dankbar, dass
ein anderer für sie dachte? War es ihnen schlichtweg egal, was sie hier machten?
War es für sie nur eine kleine Abwechslung zu der Tristesse des Alltages, in
denen wir von einem Namen zum Nächsten wanderten und unsere Aufgabe erledigten?
Oder wussten sie mehr als ich? Waren sie bereits in seine Geheimnisse
eingeweiht worden? Vertrauten sie mir vielleicht nicht? Ich war zwar ein Teil
ihrer Gruppe und doch war ich ein niemand, ein Greenhorn, ein Jungspund.
    Ich beschleunigte, nutzte geschickt
die Schatten der Autobahnbegrünung aus und war drei Atemzüge später direkt an
Richards Seite.
    Er bewegte sich völlig leichtfüßig.
Während mich das angeschlagene Tempo in höchste Alarmbereitschaft versetzte und
mein Körper vor Anspannung und Anstrengung erzitterte, sah es bei ihm wie ein
leichter Spaziergang aus. Sein Gesicht wirkte völlig entspannt, wenn man

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