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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
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war es nicht genug, um meinem Zweifel wirklich Ausdruck zu verleihen.
    »Por dios! Ist das nicht unser ganzes
Leben?«, trällerte Ria und fiel mir um den Hals.
    * * *
    Da war sie – die Türklinke in
Richards Reich. Nur ein Mal, bei meiner Ankunft in der Villa, war ich in der
obersten Etage gewesen, danach nie wieder. Hier oben gab es nur zwei leere
Räume, in denen sich einiger Unrat von den Vorbesitzern angesammelt hatte – und
Richards Zimmer.
    Meine Hand zitterte wie Espenlaub. Es
mochte an der Anstrengung gelegen haben, die mich der Aufstieg hierher gekostet
hatte, denn auch der Rest meines Körpers wurde von heftigen Krämpfen
geschüttelt. Aber dies war nicht die alleinige Ursache.
    Was würde mich wohl hinter dieser
dunklen Tür erwarten? Ein tiefes Gefühl der Scham überkam mich bei dem Gedanken
daran, jeden Moment in seinen privatesten Ort einzudringen.
    Es war ja nicht so, dass er mir die
Erlaubnis dazu erteilt hatte. Im Gegenteil – ich konnte ihn nicht einmal mehr danach
fragen.
    Was tat ich hier eigentlich? Ich
sollte überhaupt nicht hier sein, nicht einmal einen Gedanken daran
verschwenden, dass sich Anschließende zu tun.
    Johann hatte diese Idee beigesteuert,
als es mir immer schwerer gefallen war, mich gegen seinen Vorschlag aufzulehnen.
Wir würden eine Gruppe von Gesetzlosen werden, wie die Männer des Sherwood
Forest und ich würde ihr Robin Hood sein. Es war so lächerlich.
    Wieder war ich an einem Punkt
angelangt, an dem es keine Wahl für mich gab. Allein der hoffnungsvolle Blick,
den mir Ria schenkte und die Überzeugung in Johanns Stimme waren genug, um
meinen Weg in eine Einbahnstraße zu verwandeln.
    Also schlug Johann vor, um mich
meiner künftigen Aufgabe als neuer Mentor auch gebührend zu verhalten, in die
Fußstapfen des Alten zu treten und wo könne man dies besser, als umringt von
dessen alten Besitztümern.
    Meine Hand umschloss das kalte
Messing des Türknaufes und das beklemmende Gefühl drückte mir die Luft ab.
Hinter dieser Tür befanden sich die einzigen Antworten, die uns geblieben waren
– wenn es sie überhaupt gab.
    Aber was, wenn ich nichts weiter als
alte Kleidung, einen Stapel Zeitungsausschnitte und ein paar nichtssagende
Bücher finden würde? Wie sollte ich dies den anderen erklären? Wie sollte ich
sie so unwissend und blind jemals führen? Ich würde sie direkt in ihr Verderben
stürzen.
    Erneut atmete ich tief durch. Alles
war gut, es war nur ein Zimmer, niemand würde mich fressen und wenn ich nichts fand,
umso besser. Dann müssten sie erkennen, wie irrwitzig ihr Plan war.
    Ich drehte den Knauf in meiner Hand.
Mit einem leisen Klicken sprang das Schloss auf und gab den Weg in ein mir
unbekanntes Reich frei. Ich schob die schwere Holztür beiseite und da stand ich
– in seinem Zimmer und der Anblick ließ mich wanken.
    In der Mitte des Raumes, gegenüber
von einem zweiflügligen Fenster stand ein großer Kolonialschreibtisch. Auf der
polierten Tischplatte lagen mehrere Dokumente, Berge von Akten stapelten sich
in den Ecken und ein Laptop lag aufgeklappt darauf. Der Bildschirm war zum Fenster
gerichtet, so dass ich auf den ersten Blick nichts weiter erkennen konnte.
    Die Wände waren von deckenhohen
Bücherregalen gesäumt, in denen sich zwischen großen und in ledergebundenen
alten Büchern auch Unmengen von Schriftrollen übereinander lagen.
    Der Raum war erfüllt mit dem Duft alten
Papieres. Kleine Staubpartikel tanzten durch den Raum, entlarvt durch das
hereinfallende Licht der gerade untergehenden Sonne.
    Ich trat einen Schritt in das Zimmer
und die Dielen des alten Parketts knarksten unter meinen Füßen. Behutsam
schloss ich die Tür und ließ die Atmosphäre auf mich wirken. Eigentlich hatte
ich an diesen Augenblick keinerlei Erwartungen geknüpft. Ich hatte keinerlei
Vorstellungen davon gehabt, wie es hier wohl aussehen würde.
    Der Anblick, der sich mir nun bot,
war unverkennbar. Das war Richards Zimmer. Es konnte gar nicht anders sein,
nicht anders aussehen. Es war der Inbegriff seiner Seele. Ehrfürchtig, warm,
herzlich, einladend. Ich konnte ihn förmlich vor mir sehen, wie er über dem
Schreibtisch gebeugt versuchte, Antworten auf die verborgenen Fragen zu finden.
    Immer noch vom Knarren der Dielen
begleitet, umrundete ich den Schreibtisch und nahm auf dem Ledersessel Platz,
der sich leicht nach rechts und links drehte. Meine Hände strichen über das
glänzende Holz und mit den Fingerspitzen fuhr ich die kunstvollen Gravuren der
Tischbeine

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