Schatten der Liebe
Flüssigkeit das Gesicht, nahm aber gehorsam das Aspirin und spülte es hinunter.
Zufrieden stand Meredith auf. »Kann ich dir sonst noch etwas bringen?«
Das Fieber schüttelte ihn wieder. »Einen Priester«, keuchte er.
Sie lachte. Und ihr musikalisches Lachen klang noch nach, als sie das Zimmer bereits verlassen hatte und begleitete seinen tiefen Schlaf wie eine leise Melodie.
31
Bis Mittag hatte die Wirkung der Tabletten nachgelassen, und Matt fühlte sich wesentlich besser. Es überraschte ihn jedoch, wie schwach er war, obwohl er nichts weiter getan hatte als zu duschen und eine Jeans anzuziehen. Das Bett hinter ihm winkte einladend, aber er ignorierte es. Unten war Meredith wohl gerade dabei, das Mittagessen zu richten; er hörte sie in der Küche herumwirtschaften. Er nahm den kleinen Elektrorasierer, den er in Deutschland gekauft hatte, aus dem Etui, steckte ihn in den Adapter, blickte in den Spiegel - und vergaß den Rasierapparat, der leise in seiner Hand surrte. Meredith war dort unten ...
Unmöglich. Unvorstellbar. Aber doch wahr. Wenn er, jetzt bei vollem Bewußtsein, darüber nachdachte, wie ruhig sie seine Entscheidung betreffs Houston hingenommen hatte und wie gut sie sich jetzt verstanden, schien es ihm fast zu schön, um wahr zu sein. Er würde besser daran tun, dachte er, während er sich rasierte, ihr Verhalten nicht allzu genau unter die Lupe zu nehmen, da er sicher war, anderenfalls doch noch irgend etwas höchst Unerfreuliches zu entdecken. Und dazu hatte er im Moment einfach keine Lust. Draußen schneite es wieder, und nach den Eiszapfen zu urteilen, die draußen hingen, herrschte auch eine arktische Kälte. Aber im Haus war es warm, und er hatte unerwartet Besuch bekommen. Wenn er ehrlich war, mußte er zugeben, daß Merediths Gesellschaft eine willkommene Ablenkung war - zumal er sich zu krank zum Weiterpacken, aber nicht krank genug fühlte, um oben teilnahmslos im Bett zu liegen und die Wände anzustarren.
Unten in der Küche hörte Meredith, wie er oben herumlief, goß lächelnd die Dosensuppe, die sie warm gemacht hatte, in eine Suppentasse und legte das extra für ihn zurechtgemachte Sandwich auf einen Teller. Von dem Augenblick an, in dem Matts Hand ihre umschlossen hatte, war ein seltsames Gefühl der Ruhe über sie gekommen. Sie hatte Matthew Farrell nie richtig gekannt, das wußte sie jetzt, und sie fragte sich, ob es überhaupt jemanden gab, der das wirklich tat.
Sie nahm das Tablett und ging nach oben. Heute abend oder morgen früh würde sie ihm berichten, was mit ihrem Baby passiert war, aber noch nicht jetzt sofort. Einerseits konnte sie es kaum erwarten, ihm die Wahrheit zu erzählen, um endlich und endgültig all die verletzten Gefühle, den Zorn und die Verwirrung aus der Welt zu schaffen, die zwischen ihnen bestanden hatten. Wenn sie reinen Tisch gemacht hatte, würden sie echten Frieden schließen, vielleicht sogar richtige Freunde werden, und dann könnten sie endlich und in gegenseitigem Einverständnis diese unglückselige Ehe beenden. Aber so sehr Meredith sich danach sehnte, alles offen zu legen, so sehr fürchtete sie die eigentliche Aussprache - sie fürchtete sich davor so, wie sie noch nie in ihrem Leben etwas gefürchtet hatte. Heute morgen hatte Matt sich bereit erklärt, die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen, aber sie wollte nicht daran denken, wie er reagieren würde, wenn er das wahre Ausmaß des verräterischen Doppelspiels erfuhr, das ihr Vater getrieben hatte.
Vor seiner Tür blieb sie stehen und klopfte. »Bist du angezogen?«
Zwischen Belustigung und Schrecken hin- und hergerissen, ahnte Matt instinktiv, daß sie wieder ein Tablett hergerichtet hatte. »Ja. Komm rein.«
Meredith öffnete die Tür und sah ihn mit nacktem Oberkörper vor dem Spiegel stehen und sich rasieren. Betroffen von der überraschenden Vertrautheit dieses Anblicks, wandte sie ihren Blick ruckartig von seinem gebräunten, muskulösen Rücken ab. Im Spiegel hoben sich seine Brauen. »Nichts, was du nicht schon gesehen hättest«, bemerkte er trocken.
Sie verfluchte sich, weil sie sich wie eine unerfahrene, naive Jungfer verhalten hatte, wollte etwas Geistreiches darauf antworten und platzte mit der erstbesten Banalität heraus, die ihr einfiel: »Stimmt, aber ich bin jetzt eine verlobte Frau.«
Seine Hand hielt in der Bewegung inne. »Du hast da ein ganz schönes Problem am Hals«, sagte er nach sekundenlangem Schweigen leichthin. »Einen Ehemann und einen
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