Schatten der Liebe
gelernt, niemals Gefühlen den Vorrang vor einer logischen Entscheidung zu geben. Und wenn er logisch dachte, mußte er zugeben, daß eine zivilisierte Beziehung zu ihr genau das war, was er ursprünglich angestrebt hatte und was ihm nach wie vor wünschenswert erschien. Jetzt bot sie ihm eben dies an - und gestand ihm gleichzeitig den Sieg zu, und zwar mit einer Würde und Anmut, die er bewundernswert fand. Und fast unwiderstehlich. So wie sie dastand und auf seine Entscheidung wartete, das Haar natürlich locker auf ihre Schultern fallend und die Hände in den Hosentaschen, erinnerte Meredith Bancroft ihn jetzt eher an ein reuiges Schulmädchen, das in das Büro des Direktors gerufen worden war, als an eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Und sie brachte es tatsächlich fertig, gleichzeitig stolz und jugendlich zu wirken - majestätisch, unnahbar und verführerisch schön.
Wie er sie so betrachtete, wurde Matt plötzlich klar, warum sie einst eine solche Macht über ihn besessen hatte. Meredith Bancroft war der Inbegriff einer Frau - unberechenbar und doch logisch, hochmütig und doch anziehend, zuverlässig und doch flatterhaft, unbeschreiblich korrekt... und unbewußt provokativ aufreizend.
Was für einen Sinn konnte es haben, den lächerlichen Krieg zwischen ihnen weiterzuführen, fragte er sich. Wenn er auf ihr Angebot einging, würden sie beide ihrer Wege gehen können, ohne sich weiter Vorwürfe zu machen. Sie hätten die Vergangenheit schon vor Jahren begraben sollen; jetzt war es höchste Zeit dafür. Er hatte seine Rache gehabt -in Höhe von zehn Millionen Dollar, denn er zweifelte keine Sekunde daran, daß sie einen Weg finden würde, den fehlenden Betrag aufzutreiben. Schon wollte er zustimmen, als ihm das Bild wieder einfiel, wie sie mit dem Tablett auf ihn zugekommen war, und er mußte sich das Lachen verkneifen. In dem Moment, in dem sich seine Stimmung änderte, spürte sie intuitiv, daß er nahe daran war, einzuwilligen. Sie entspannte sich ein wenig, und ihre Augen leuchteten vor Erleichterung. Die Tatsache, daß sie offensichtlich seine Stimmung erahnen konnte, war ihm aber Grund genug, sie noch etwas länger zappeln zu lassen. Matt verschränkte die Arme vor der Brust und sagte: »Ich schließe keine Abmachungen, wenn ich flach auf dem Rücken liege.«
Er konnte sie nicht täuschen. »Glaubst du, daß ein ordentliches Frühstück deine Lage verbessert?«
»Ich bezweifle es«, erwiderte er, aber ihr Lächeln war so ansteckend, daß er widerwillig selbst grinsen mußte.
»Ich auch«, scherzte sie, dann hielt sie ihm die Hand hin. »Friede?«
Matt reagierte automatisch und wollte gerade seine Hand ausstrecken, als sie die ihre plötzlich außer Reichweite zog und mit einem gewinnenden Lächeln sagte: »Bevor du einschlägst, sollte ich dich noch vor etwas warnen.«
»Und das wäre?«
Ihre Stimme klang halb ernst, halb scherzhaft. »Ich habe daran gedacht, dich wegen des Grundstücks in Houston zu verklagen, weil du weit mehr als den derzeitigen Marktwert verlangst. Ich erwähne das, damit du nicht denkst, daß meine Bemerkung von vorhin bedeutet, daß ich freiwillig und kampflos darauf verzichten will. Ich habe damit nur gemeint, daß ich es nicht persönlich nehmen werde, wenn das Gericht sich zu deinen Gunsten entscheidet. Ich hoffe, du verstehst, daß alles, was in dieser Angelegenheit weiter passiert, rein geschäftlich und nicht persönlich ist.«
Matts Augen leuchteten, als er ein Lachen unterdrückte. »Ich bewundere deine Ehrlichkeit und Hartnäckigkeit«, sagte er wahrheitsgemäß. »Trotzdem schlage ich vor, daß du deinen Entschluß, mich vor Gericht zu bringen, noch einmal in Ruhe überdenkst. Es wird dich ein Vermögen kosten, mich wegen Betrugs oder was du sonst planst, zu verklagen, und du wirst aller Wahrscheinlichkeit nach verlieren.«
Meredith wußte, daß er recht hatte, doch der Verlust des Houstoner Grundstücks bedeutete ihr im Moment nicht besonders viel. Eigentlich war sie überglücklich, weil sie etwas gewonnen hatte, das mindestens genauso wichtig war wie ein Gerichtsprozeß: Irgendwie hatte sie es geschafft, den Zorn dieses stolzen, dynamischen Mannes in Lachen zu verwandeln. Sie hatte es geschafft, daß er ihr Friedensangebot annahm. Entschlossen, diesen Frieden zu festigen und die Atmosphäre weiter zu verbessern, vertraute sie ihm scherzend an: »Eigentlich hatte ich vor, dich wegen Geschäftsschädigung oder etwas ähnlichem zu verklagen. Wie, glaubst du,
Weitere Kostenlose Bücher