Schatten der Liebe
können, war sie sehr enttäuscht gewesen, aber nachdem die Verbindung derart schlecht war, schien ihr das nicht mehr so schlimm. Sie würden sich eben öfter schreiben.
Als Matt zwei Wochen fort war, kam Lisa aus Europa zurück. Ihre Reaktion auf Merediths Bericht, wie sie Matt kennengelernt und geheiratet hatte, war bezeichnend. Sobald sie merkte, daß Meredith alles andere als unglücklich über das Geschehene war, teilte sie ihre Freude. »Ich kann das einfach nicht glauben!« sagte sie immer und immer wieder, und blickte Meredith, die auf ihrem Bett saß, ungläubig an. »Irgend etwas stimmt hier nicht. Ich war die Leichtsinnige, und du warst schon fast die Heilige von Bensonhurst, die vorsichtigste Person, die ich kenne«, lachte sie. »Wenn sich schon einer von uns auf den ersten Blick verliebt, schwanger wird und heiraten muß, dann hätte eindeutig ich diejenige sein müssen!«
Meredith lächelte. »Es wurde allmählich Zeit, daß ich es bin, die irgend etwas zuerst tut.«
Lisa wurde ernst. »Ist er in Ordnung, Mer? Ich meine, wenn er nicht wirklich, wirklich in Ordnung ist, dann ist er nicht gut genug für dich.«
Über Matt und ihre Gefühle für ihn zu sprechen war nicht unbedingt leicht, weil Meredith sich darüber im klaren war, wie verrückt es klingen mußte, daß sie ihn liebte, nachdem sie nur sechs Tage zusammengewesen waren. Also lächelte sie nur, nickte und sagte: »Er ist relativ in Ordnung.« Sobald sie aber angefangen hatte, von Matt zu erzählen konnte sie nicht mehr damit aufhören. Sie zog ihre Knie an und versuchte zu erklären: »Lisa, hast du jemals jemand kennengelernt und innerhalb weniger Minuten gewußt, daß er der wundervollste Mensch auf der ganzen Welt ist?«
»So geht es mir jedesmal, wenn ich das erste Date mit jemand habe - nein, ich mache bloß Spaß!« Sie lachte, als Meredith ein Kissen nach ihr warf.
»Matt ist etwas Besonderes - ich meine das wirklich so. Er ist brillant - ich meine buchstäblich brillant. Er ist unglaublich stark und manchmal ein bißchen diktatorisch, aber im Innersten ist er gut und zärtlich und ...«
Lisa sprang auf. »Das müssen wir feiern! Du mußt einen ausgeben!«
»Abgemacht«, lachte Meredith und war schon unterwegs zu ihrem Schrank, um sich umzuziehen.
Die postalische Verbindung mit Venezuela war wesentlich schlechter als Matt vorhergesagt hatte. Meredith schrieb vier- bis fünfmal die Woche. Von Matt jedoch kamen insgesamt nur fünf Briefe - eine Tatsache, die ihr Vater mit scheinbarem Bedauern immer wieder hervorhob. Meredith erinnerte ihn dann daran, daß die Briefe, die sie erhielt, sehr lang waren, jeder umfaßte zehn oder mehr Seiten. Darüber hinaus tat Matt zwölf Stunden am Tag schwere körperliche Arbeit, und man konnte nicht erwarten, daß er so oft schrieb wie sie. Was sie ihrem Vater nicht erzählte war, daß die beiden letzten Briefe wesentlich unpersönlicher geklungen hatten als die vorhergegangenen. Nachdem er zuerst geschrieben hatte, wie sehr er sie vermißte, lieferte er jetzt Berichte über die Bohrarbeiten und die Urwaldlandschaft. Aber alles, was er beschrieb, war so lebhaft geschildert, daß sie sich direkt einbezogen fühlte. Sie tröstete sich mit dem Gedanken, daß er diese Dinge erwähnte, weil er wollte, daß sie das Land besser kennenlernte, und nicht, weil sein Interesse an ihr nachließ.
Tagsüber beschäftigte Meredith sich damit, Bücher über Schwangerschaft und Kindererziehung zu lesen, kaufte Babysachen ein, machte Pläne und träumte. Das Baby fing nun an, sich bemerkbar zu machen; sie litt unter Anfällen von Übelkeit und extremer Müdigkeit sowie schlimmen Kopfschmerzen, die sie nur im abgedunkelten Zimmer ertragen konnte. Dennoch war sie glücklich und betrachtete das Ganze als eine neue, ganz besondere Erfahrung. Nach einiger Zeit begann sie, mit dem Baby zu sprechen, als ob es sie hören könnte. Der Ausgewogenheit halber wechselte sie zwischen der Anrede »junger Mann« und »junge Dame«, denn sie hatte diesbezüglich keine bestimmten Wünsche.
Ende Oktober, nach viermonatiger Schwangerschaft, wurde ihre Taille langsam dicker, und die regelmäßigen Kommentare ihres Vaters, daß Matt ihre Ehe sicherlich bald beenden wolle, begannen allmählich auf fruchtbaren Boden zu fallen. »Verdammt gut, daß du keinem außer Lisa davon erzählt hast«, bemerkte er einige Tage vor Halloween. »Dir stehen immer noch alle Möglichkeiten offen. Wenn deine Schwangerschaft sich zu zeigen beginnt, werden
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