Schatten der Liebe
Meredith an ihren Anruf bei Jonathan Sommers erinnert.
Um ihr Gesicht zu wahren, hatte sie Jonathan erzählt, sie hätte Matts Kreditkarte in ihrem Wagen gefunden, nachdem sie ihn auf dem Rückweg von Glenmoor ein Stück mitgenommen hatte. Jonathan hatte ihr darauf Matts Adresse in Edmunton gegeben. Ihr Vater wies darauf hin, wie lächerlich es wäre, wenn sie nun, kaum eine Woche nach jenem Anruf, ihre Hochzeit bekanntgeben würden. Er schlug vor, daß Meredith nach Venezuela fliegen und daß alle denken sollten, sie hätten dort geheiratet. Meredith wußte, daß er recht hatte, aber sie log ungern, und sie ärgerte sich, weil sie selbst dafür verantwortlich war.
Jetzt lastete Matts Abreise schwer auf ihrer Brust. »Ich rufe dich vom Flughafen aus an«, versprach er. »Sobald ich in Venezuela bin und die Gegebenheiten ausgekundschaftet habe, melde ich mich von dort. Aber es geht nicht per Telephon, sondern über Sprechfunk. Die Verbindung ist wahrscheinlich schlecht, und ich darf sie auch nur in Notfällen benutzen.«
»Schreib mir«, sagte sie und rang sich ein tapferes Lächeln ab.
»Natürlich. Aber die Postverbindung ist wahrscheinlich saumäßig, also mach dir keine Sorgen, wenn tagelang keine Post kommt und dann alle Briefe auf einmal eintreffen.«
Sie blieb in der Auffahrt stehen und blickte ihm nach. Dann ging sie langsam zum Haus zurück und versuchte sich darauf zu konzentrieren, daß sie mit etwas Glück in wenigen Wochen wieder bei ihm sein würde. Ihr Vater stand in der Diele und schaute sie mitleidig an. »Farrell ist ein Mann, der immer neue Frauen, neue Plätze, neue Herausforderungen braucht. Er wird dir das Herz brechen, wenn du dich an ihn hängst.«
»Hör auf«, warnte Meredith. Sie wollte nicht zulassen, daß seine Worte sie noch unglücklicher machten. »Du irrst dich. Du wirst schon sehen.«
Matt hielt sein Versprechen, vom Flughafen aus anzurufen, und Meredith verbrachte die nächsten zwei Tage damit, im Haus nach irgendwelchen Beschäftigungen zu suchen, die sie ablenkten, bis er sich aus Venezuela melden würde. Der Anruf kam am dritten Tag, aber Meredith war nicht zu Hause. Sie war bei ihrem Gynäkologen, weil sie fürchtete, das Baby zu verlieren.
»Leichte Blutungen innerhalb der ersten drei Monate sind nicht ungewöhnlich«, sagte Dr. Arledge, als sie nach der Untersuchung in seinem Sprechzimmer aß. »Es könnte gar nichts bedeuten. Andererseits passieren in den ersten drei Monaten die meisten Fehlgeburten.« Er sagte das als ob er erwartete, daß sie das erleichtern würde. Dr. Arledge war ein Freund ihres Vaters, und Meredith war überzeugt, daß auch er annahm, sie hätte nur geheiratet, weil sie schwanger war. »Im Moment«, fügte er hinzu, »besteht jedenfalls kein Grund zu der Annahme, daß Sie eine Fehlgeburt haben werden.«
Als sie ihn wegen Venezuela fragte, runzelte er die Stirn. »Ich kann Ihnen nur dann zuraten, wenn Sie sicher sind, daß eine erstklassige medizinische Versorgung gewährleistet ist.« Meredith, die den ersten Monat ihrer Schwangerschaft verzweifelt um eine Fehlgeburt gebetet hatte, war jetzt unglaublich erleichtert, daß sie Matts Baby nicht verlieren würde ... ihr gemeinsames Baby.
Beim Gedanken daran lächelte sie während der ganzen Rückfahrt.
»Farrell hat angerufen«, sagte ihr Vater mit jener verächtlichen Stimme, die er immer benutzte, wenn die Rede auf Matt kam. »Er hat gesagt, daß er abends wieder anruft.«
Meredith saß neben dem Telephon, als es klingelte. Matt hatte nicht übertrieben, als er gesagt hatte, daß die Verbindung miserabel sein würde. »Sommers Vorstellung von angemessen ist ein Witz«, sagte er. »Im Moment kannst du unmöglich herkommen. Die einzige gute Nachricht ist, daß in einigen Monaten vielleicht eine der Hütten frei wird.«
»Okay«, sagte sie und versuchte, fröhlich zu klingen, weil sie nicht wollte, daß er erfuhr, warum sie beim Arzt gewesen war.
»Du klingst nicht gerade sehr enttäuscht.«
»Ich bin enttäuscht«, sagte sie mit Nachdruck. »Aber die Ärzte haben gesagt, daß die Gefahr einer Fehlgeburt in den ersten drei Monaten am größten ist. Deshalb ist es wahrscheinlich besser, wenn ich solange hierbleibe.«
»Hast du einen bestimmten Grund, eine Fehlgeburt zu befürchten?« fragte er zwischen den nächsten Störgeräuschen in der Leitung.
Meredith versicherte ihm, daß sie sich ausgezeichnet fühle. Als er ihr vor seiner Abreise gesagt hatte, daß er sie nur einmal würde anrufen
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