Schatten der Lust
dass seinem Bruder der Abschied von Amber ebenso schwergefallen war wie ihm seiner von Leda. Diese Hexen hatten ihnen beiden gehörig den Kopf verdreht.
Mukasa kam aus dem Garten herbei, als Adrian und Hunter die Verandastufen hinunterstiegen. Der Löwe schmiegte seinen Kopf an Hunters Schenkel, und Hunter kraulte ihn.
»Du kannst nicht mitkommen, alter Freund«, erklärte Hunter und wuschelte ihm die Mähne. »Pass auf Leda auf, ja?«
Mukasa grummelte etwas, ließ sie jedoch ohne ihn auf die kreisförmige Baumgruppe zugehen. Hier war das Flirren besonders ausgeprägt, dicht und trübe wie ein schlammiger Strom. Adrian blieb in dem Kreis stehen. In den Bäumen über ihm hingen rosa und dunkelrote Bänder.
Als Adrian den Riss berührte, sah Hunter, wie seine Finger hineintauchten. Das Flirren hatte etwas von farbloser Gelatine. »Während des Beltane-Rituals wurden Amber und ich in eine alternative Realität gezogen«, erzählte er nachdenklich. »Der Gott und die Göttin verursachten das. Aber ich habe das Gefühl, dass die Realität hinter diesem Riss eine andere ist.« Er hob Kalens Speer. »Falls ich recht habe, wird der Speer von Kalen angezogen, genau wie Ferrin von mir und dein Schwert von dir. Unsere Waffen halten sich ungern weiter weg von uns auf.«
Hunter grinste. »Meine ist am liebsten in Ledas Händen.«
»Sehr witzig! Je eher wir gehen, desto besser. Die Stärke des Dämons wächst in logarithmischen Schritten.«
»In Logo-was?«
»Sehr schnell.«
Hunter tat beleidigt. »Na hör mal, dein Vater war ein Hoher Priester, meiner bloß ein Sklave, der keine großen Worte machte!«
Plötzlich spürte er, wie sich jemand näherte, eine Frau mit einer leicht todesmagischen Aura. Das passte ja prima!
Samantha beäugte die beiden skeptisch. »Leda wird nicht begeistert sein.«
»Sie ist sowieso schon sauer auf mich«, erwiderte Hunter. »Ich gewöhne mich allmählich daran. Hatte ich recht?«
Samantha nickte. »Sie war da, wo du gesagt hast. Ich wollte bleiben, aber Septimus behauptet, du würdest darauf bestehen, dass ich herkomme.«
Adrian runzelte die Stirn. »Was ist los?«
»Das ist Samantha Taylor«, erklärte Hunter selbstzufrieden. »Sie ist zur Hälfte dämonisch und zufällig bei der paranormalen Polizei. Ihre Mutter war verschwunden, und ich kam darauf, dass sie in einem dieser Risse gefangen sein musste. Das fühlte ich, als ich in dem Haus war, in dem Kehksut mich zum ersten Mal verführen wollte. Allerdings war mir nicht gleich klar gewesen, was ich da fühlte. Falls eine Dämonengang bei ihr eingebrochen war und sie mit Magie gekämpft hatte, konnte dadurch ein Riss entstanden sein, in dem sie gefangen war. Ich sagte Samantha und Fulton, ihrem Dämonenvater, dass sie den Riss öffnen und dort nach ihr suchen sollen. Todesmagie hat ihn geschaffen, also kann sie auch hinein.«
Es freute ihn ungemein, dass er recht gehabt hatte. Er war darauf gekommen, als Leda ihm erzählte, dass ihr Ortungszauber nach hinten losgegangen war. Kehksut war daran schuld, vermutete sie, doch in Wahrheit hatte sie versucht, den Riss zu öffnen, an dem ihre starke Lebensmagie schlicht abgeprallt war.
Adrian nickte nur, sichtlich unbeeindruckt. »Und du hast sie hergebeten, weil sie ein Halbdämon ist und uns helfen kann, den Riss hier zu öffnen?«
»Du könntest ruhig ein bisschen stolzer auf deinen kleinen Bruder sein. Ich rief Septimus an und bat ihn, sie herzuschicken.«
»Und zwar sofort«, ergänzte Samantha wenig begeistert. »Ich habe weder geschlafen noch Zeit gehabt, meine Mutter zu umarmen.«
»Wenn das hier glattgeht, kannst du alles nachholen«, tröstete Hunter sie.
Samantha sah ihn misstrauisch an. Sorge sprach aus ihren dunklen Dämonenaugen. »Nimm’s mir nicht übel, dass ich keinen Freudentanz aufführe! Aber ich bin dir etwas schuldig, weil du mir geholfen hast, meine Mutter zu finden. Was soll ich machen?«
Hunter nahm Adrian den Speer ab und drückte ihn Samantha in die Hände. Durch die Magie, die er dabei abgab, wurde sie bleich, aber sie hielt ihn fest.
»Wir brauchen deine Todesmagie«, erklärte Hunter. »Richte einfach den Speer aus, dann kannst du gehen. Pearl macht dir Frühstück.«
»Wer ist Pearl?«
»Halb Halbling, halb Gnom«, antwortete Hunter. »Furchtbar mürrisch, aber eine begnadete Köchin. Sie arbeitete früher für Kalen.«
»Das ist alles?«, fragte Samantha. »Das ist alles, was ich tun soll?«
»Ja.« Hunter nickte und zog sein Schwert. »Und dann
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