Schatten der Lust
Hand war natürlich auch ein Hinweis.
Er strich sich das Haar aus dem Gesicht und blickte sie an. »Bist du Amber Silverthorne?«
»Nein, das bin ich.« Amber lugte hinter Valerian hervor, der sich nicht vom Fleck rührte.
»Er hat einen Vampir dabei«, zischte Valerian.
»Das ist Ricco«, erklärte eine große Frau mit langem blauschwarzen Haar und hellgrauen Augen. Der Ausdruck in ihren Augen changierte so rasch zwischen menschlich und wölfisch, dass Leda es beinahe übersehen hätte. »Er hat beschlossen, sich für eine Weile den Guten anzuschließen.«
»Wie Septimus«, sagte Amber.
Valerian knurrte. »Septimus mag ich auch nicht.«
»Was ist mit mir?«, fragte die Frau, deren Hand auf dem Arm des Vampirs lag. Ihre Stimme war es gewesen, die sie durch die Tür gehört hatten. »Ich bin Mai, niedlich und harmlos.«
Die Werwölfin schnaubte. »Ja, klar!«
Valerian indessen musterte Mai recht interessiert. »Du scheinst in Ordnung zu sein.«
Plötzlich sah die Werwölfin an Valerian vorbei, ihre Augen veränderten sich erneut, und ihre Haltung wurde wachsamer. Sabina war durch die Hintertür hereingekommen und starrte die andere Werwölfin nun feindselig an. Wölfe waren sehr revierbewusst.
»Ich bin Lexi Corbin«, stellte die Frau sich vor, die bei Darius stand. »Vom Oak-Moon-Rudel in New York. Ich komme nur zu Besuch.«
»Sabina Brown vom Bright-Angel-Rudel. Wir wohnen drei Häuser weiter.« Sie musterte Lexi, dann wanderte ihr Blick zu Darius. »Herzlich willkommen!«
Lexi entspannte sich etwas, als hätte sie soeben einen Test bestanden. Leda wusste nicht viel über Werwölfe, aber sie spürte, dass Sabina Lexi gerade bedeutet hatte, dass sie im Revier von Sabinas Rudel geduldet war – vorübergehend.
»Dürfen wir bitte hereinkommen?«, fragte Darius ungeduldig. »Wir haben eine ganze Wagenladung dreckiger Todesmagie im Nacken und es nur knapp rechtzeitig auf die Veranda geschafft.«
Außerhalb der Schutzblase waberte tintenschwarze Finsternis, die wirklich aussah, als wollte sie jeden verschlucken, der sich ihr näherte.
»Wo ist Mukasa?«, fragte Leda erschrocken. Der Löwe hatte sich angewöhnt, die meiste Zeit hinten im Garten zu verbringen, wo er traurig den Riss in der Realität anstarrte. Leda wusste, was das hieß.
Er wartet auf Hunter – wie wir alle.
»Hinten auf der Veranda«, antwortete Sabina. »Ich habe ihn gerade gesehen. Es geht ihm gut.«
»Mukasa?«, fragte Darius, als Valerian endlich beiseitetrat, um sie hereinzulassen. »Ist er ein Zauberer?«
»Hunters Hauslöwe«, klärte Valerian ihn auf.
Mai wurde bleich und umklammerte Riccos Arm fester. Der Vampir sah gut aus, war dunkelhaarig und blauäugig, und wie Septimus strahlte er eine ziemlich starke Todesmagie aus, wenn auch nicht ganz so mächtig wie die von Septimus. Auch er war ein Ewiger, nur jünger.
»Ist Hunter hier?«, fragte Darius.
»Nicht direkt.«
Darius schritt ins Haus und strich dabei mit den Fingern über den Türrahmen. Leda spürte, wie seine Magie in die Wände floss und sich mit der seiner Brüder vermengte, die sie bereits mit Schutzzaubern verstärkt hatten.
Als er ins Wohnzimmer kam, hob er sein Schwert und steckte es mit der Spitze voran in den Kragen seines Staubmantels, wo es
sogleich verschwand. Erst jetzt fielen Leda die vielen bunten Tattoos auf seinen Armen auf: Dolche, Messer, Wurfsterne. Und
als der Staubmantel aufklaffte, sah sie noch mehr auf seiner Brust.
»Was meinst du mit
nicht direkt?
«, fragte Darius sie.
Lexi folgte ihm hinein. »Ich finde, wir könnten uns erst einmal vorstellen, uns kennenlernen, etwas trinken.«
Leda schüttelte den Kopf. »Nein, es ist zu wichtig.«
Sie erzählte Darius alles, dessen Züge sich zusehends verfinsterten. Inzwischen waren die anderen bei ihnen. Lexi blieb auffallend nahe bei Darius stehen.
Sie sind auch ein Paar
, dachte Leda.
Wir sind alle in unsere Unsterblichen verliebt.
Sie fragte sich, wie vielen Frauen es im Laufe der Jahrhunderte so ergangen sein mochte, Hexen, die nach den Unsterblichen gerufen hatten, damit sie ihnen halfen, und sich dann in die großen verführerischen Krieger mit den gefährlichen Augen verliebt hatten.
Entweder ist es bedeutsam, dass wir alle mit einem von ihnen zusammengekommen sind, oder wir sind bloß vier Hexen in einer langen Liste von Närrinnen.
Sie beendete ihre Geschichte von Kalens Verschwinden und von Adrian und Hunter, die ihm nachgegangen waren, während Mac, Christine, Amber, Sabina,
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