Schatten der Vergangenheit (German Edition)
Argentinien,“ sagte dann Philippe, nachdem Alvarez seine Gesichten über die Solanas Schwestern beendet hatte. „Ich weiß, sie war vorgestern hier,“ sagte Geraldo ruhig und machte einen tiefen Zug an seiner langen Zigarre.
Philippe war inzwischen auf Zigaretten umgestiegen. Nach einer halben Stunde schmeckte ihm die Zigarre nicht mehr.
„Mama war hier? Was wollte sie denn?“ „Sie machte sich Sorgen,..“ So betrunken war Alvarez auch nicht, dass er nicht wusste, dass er Philippe nicht sofort alles erzählen konnte, ohne dass dieser in Ohnmacht fiel oder hysterisch wurde. Eines wusste Alvarez inzwischen, dass Philippe Henry d´Arthois, trotz dessen fehlender Vaterliebe, liebte.
„Mama und Sorgen?“ schnaufte Philippe und legte die Beine über Lehne des Sofas und sah in den Sternenhimmel. So könnte er sein Leben verbringen, dachte er. Tagsüber reiten, einkaufen, abends philosophieren, saufen und... die Weiber fehlten, aber Alvarez war so anders als sein Vater. Er schenkte ihm Aufmerksamkeit. Ana war dumm, so einen Vater konnte man sich doch nur wünschen.
„Ich kannte deine Mutter nicht nur freundschaftlich,“ umschrieb Alvarez sein Verhältnis zu Catarina d´Arthois und seine Gedanken wanderten zurück, als er Catarina das erste mal sah.
So ziemlich genau vor einem Vierteljahrhundert war es gewesen. Er hatte mit Freunden wie so oft um die Zeit im Hurlingham Club verbracht, getrunken, Polo gespielt mit Frauen geflirtet. Er war jung und schon damals sehr wohlhabend gewesen. Nicht so reich wie er jetzt war, aber seine Familie hatte immer der Oberschicht angehört.
Als er in der Pause zwischen zwei Chukka Champagner trank, hatte er Catarina gesehen. Sie trug ein kurzes enges weißes Kleid mit gelben Blumen am Saum und gelbe Lacklederstiefel und sah ihn nicht mal an, sondern hatte ihm den Rücken zugewandt und sprach mit einem anderen Mädchen, etwas älter als sie, die ein große schwarze Sonnenbrille trug. Beide sahen so aus, als würden sie immer hier sein, aber er kannte sie nicht, ebenso nicht die anderen Spieler, wie der Franzose Henry d´Arthois, der nach Argentinien gereist war um Polopferde einzukaufen.
Geraldo wusste, er würde sie später sehen und wenn er ehrlich war, sie hatte zwar eine hübsche Kehrseite, aber er hatte immer eine große Auswahl von schönen Frauen um sich. Er wollte sich schon wieder abwenden, da drehte sie sich um und sah ihn mit diesen türkisblauen Augen an. Sie hatte ein perfektes Gesicht, hohe Backenknochen, einen sinnlichen roten Mund und war nicht mal geschminkt. Und diese Augen... sie lächelte ihn arrogant an...
„Wer ist das?“ fragte Henry d´ Arthois. „Keine Ahnung, aber ich finde das heraus..“ Ihr Name war Catarina Solanas.
„Mein Vater war dort auch?“ unterbrach Philippe die Erzählung von Geraldo. „Ja, die Frauen waren hinter ihm her, vor allem wo er ein junger Witwer war und mit seinem Adelstitel kam der gut an...“ „Und Mama konnte Geld und Titel nie wiederstehen,“ meinte Philippe sarkastisch. „Henry brachte seinen Freund John St.Gabriel mit, der stahl mit seinem Olympiatitel allen die Show. Zudem war er der beste Polospieler Europas...“ Philippe lachte auf. So hatte er sich John immer vorgestellt. „Alessandro hat sein Talent geerbt.“ „Ja, hat er. Catarinas Schwester schnappte sich John..“ „Und mein Vater meine Mutter..“
Alvarez schüttelte den Kopf. „Nein, ich war es.“ Philippe lachte wieder. Wie Alvarez in jungen Jahren aussah? Sicher so wie Angelo oder Chus, braungebrannt, dunkelhaarig, Mama hatte Geschmack gehabt die hätte nie einen hässlichen Mann genommen.
„Heimvorteil?“ fragte er. „Nein, ich glaube, deine Mutter war in mich wirklich verliebt, obwohl das Geld nicht schadete. Die Solanas hatten einen langen Stammbaum, aber Geld? Geld hatten die nie...“ Philippe seufzte. „Ja, mit Geld umzugehen liegt nicht in der Familie. Und wie bekam Papa dann meine Mutter?“
Alvarez schwieg.
Catarina kam zu ihm, in diese Villa, vielleicht war es sogar hier genau hier gewesen, wo sie ihm sagte, wenn er sie nicht wolle, dann würde sie nach Europa gehen. Er ließ sich doch nicht erpressen und sagte zu ihr, sie soll zum Teufel gehen, er hätte nicht vor sich jetzt schon an eine Frau zu binden. Ihre Augen würde er nie vergessen, sie sah ihn so traurig, so enttäuscht an. Sie machte keine Szene, Stolz hatte sie, das musste man ihr lassen. „Du wirst es eines Tages bereuen,“ das waren ihre Worte gewesen.
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