Schatten der Vergangenheit (Junge Liebe) (German Edition)
Herrenausstatters, aus dem er ganz offensichtlich gekommen sein muss, stehen ein älterer Herr, der uns interessiert beobachtet, ebenso wie eine blonde junge Frau, die weit weniger erfreut über die Unterbrechung wirkt, welche ich sofort als Marcs Freundin identifiziere.
Es dauert schätzungsweise zwei Minuten, bis bei ihr ankommt, wer ich bin, als sie deutlich erkennbar nach Luft schnappt und wie ein aufgescheuchtes Huhn über die Straße eilt, um sich Besitzergreifend an Marc zu hängen, der ihr nur einen kurzen Seitenblick zuwirft, ehe seine braunen Augen mich wieder so durchdringend fixieren und ich gefühlsmäßig immer kleiner werde. Weil ich mir gar nicht ausmalen möchte, was er gerade denkt oder fühlt.
„Verschwinde, Schneider, und halte dich bloß von ihm fern“, richtet Marc sich allerdings unmittelbar wieder an meinen Peiniger, Carsten, und ich begreife kaum, wie schnell der die Biege macht, als hätte Marc ihm gerade mit sonst was gedroht, was ganz offensichtlich spurlos an mir vorbeigegangen sein muss, denn ich habe rein gar nichts mitbekommen. Leider scheint das momentan aber meine allgemeine Auffassungsgabe zu sein, weil ich wie erschlagen hier stehe und zusehe, wie Marc mit dieser Jennifer Hand in Hand zurück zu dem Geschäft läuft, ohne dass er auch nur einen Ton zu mir gesagt hat, während diese impertinente Kuh mir noch einen boshaften Blick über seine Schulter zuwirft.
Es sind nicht mal ganz zehn Minuten vergangen, in denen ich mich keinen Millimeter von der Stelle gerührt habe und ununterbrochen auf die Ladentür gegenüber starre, hinter der Marc und sein Liebchen einfach so wieder verschwunden sind. Mittlerweile bin ich mir sicher, es hätte nicht schlimmer laufen können und Marcs Reaktion zeigt mehr als deutlich, dass ich verloren habe, selbst wenn er gekommen ist, um mir zu helfen. Was sicherlich nur seine reine Pflicht ist, immerhin ist er Arzt und es gehört zu seinen Aufgaben, Menschen zu retten. Wenn er überhaupt von da drüben erkannt hat, mit wem sich Carsten hier befasst. Was ich allerdings stark annehme, denn sonst hätte Marc vielleicht doch etwas überraschter reagieren müssen, als er mich erkannte, oder nicht?
Diese ganze Denkerei bereitet mir derbe Kopfschmerzen und ich sollte wahrscheinlich besser von hier verschwinden und es mir nicht auch noch antun, ihn wieder aus dem Geschäft kommen zu sehen. Wie er mit dieser Tussi abschwirrt und ich wie der letzte Volltrottel hier stehe, um ihm nachzusehen. Ganz abgesehen davon, dass es mich umbringt, würde ich ihm die Genugtuung nicht gönnen. Er hat es vorgezogen, mich die letzten sechs Wochen hinzuhalten und war nicht in der Lage, offen und ehrlich zu seiner Entscheidung zu stehen, da kann ich kaum von ihm erwarten, dass er es ausgerechnet heute ändert. Und dass er gerade, ohne ein einziges läppisches Wort, was nun wirklich nicht zu viel verlangt gewesen wäre, wieder verschwunden ist, zeigt es doch mehr als deutlich, wie er zu mir steht .
Er ist mindestens genauso feige, wie er mich wegen meiner damaligen Flucht hingestellt hat, ohne dass er meine wirklichen Gründe kennt, was sich gleich doppelt wie Verrat anfühlt, weil sein Verhalten gerade wie eine billige Kopie auf mich wirkt, als wolle er mir damit nur verdeutlichen, was er von mir und meiner zugegeben unüberlegten Aktion von damals hält. Es ist seine Art der Rache, mich auf genau dieselbe Weise hinzuhalten und mit Fragen zurückzulassen, die mir keiner beantworten wird. Und einmal mehr fühle ich mich furchtbar schlecht deswegen und würde diese sechs Jahre wahnsinnig gerne zurückdrehen.
Vorher sollte ich allerdings entweder endlich meine Oma besuchen gehen, oder den angenehmeren Weg wieder zurück ins Hotel nehmen, denn meine Oma wird mir sofort anmerken, dass irgendetwas vorgefallen sein muss, auch wenn ich noch so sehr versuche, es zu ver tuschen. Ich war noch nie ein Meister darin, ausgerechnet ihr etwas vorzumachen. Doch während ich noch mit mir hadere, welcher Weg denn nun der bessere wäre, zieht die Ladentür des Herrenausstatters meine Aufmerksamkeit wieder auf sich.
Ohne auch nur einen Blick in meine Richtung zu werfen, verlässt meine unliebsame Konkurrentin das Geschäft und verschwindet so schnell die Straße hinunter, dass ich fast ein bisschen Mitleid mit ihr habe, weil sie es ganz offensichtlich ziemlich eilig hat und ich mir sicher bin, sie wäre lieber bei ihrem Marc geblieben, solange ich in der Nähe bin.
Dieses klitzekleine
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