Schatten der Vergangenheit (Junge Liebe) (German Edition)
fühle, obwohl ich doch am wenigsten dafür kann. Schließlich hat er sich die ganze Zeit mehr als seltsam und äußerst reserviert verhalten, während ich mir zeitweise wie ein Stalker vorkam, der ihn unentwegt mit Anrufen belästigt.
Gleichzeitig nimmt er auch wieder seine ruhelose Wanderung durchs Hotelzimmer auf und strapaziert damit ziemlich meine Nerven. Weil er doch einfach sagen soll, was Sache ist und nicht so ein Theater drumherum machen muss, als würde er mir irgendwie plausibel erklären wollen, dass ich bald das Zeitliche segne. Obwohl mir dass gerade beinahe noch lieber wäre, als das, was da gleich kommen mag.
Meine Geduld ist wirklich an ihren Grenzen angelangt und ich werde dieser Farce jetzt ein Ende bereiten, selbst auf die Gefahr hin, genauso unwissend und dumm zurück nach Hause fahren zu müssen, wie ich herkam. Obwohl ich nur ein paar simple Antworten wollte. Doch wenn sie Marc so unendlich schwerfallen, will ich ihn lieber nicht damit belasten und verzichte freiwillig, weil es sowieso nichts Gutes bedeuten kann.
Also hole ich tief Luft, um ihm klarzumachen, dass er sich die Mühe und die Anstrengungen, die ihn seine Suche nach den passenden Worten offensichtlich kostet, sparen kann und ersticke fast an ihr, weil er sich auf einmal zu mir dreht und schrecklich mitgenommen aussieht.
„Hör zu, Ben … ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Weil, eigentlich ist es ganz egal, es entschuldigt nicht wirklich, dass ich mich kaum bei dir gemeldet habe … diese sechs vergangenen Wochen waren mitunter die schlimmsten meines Lebens“, haucht er kratzig, während er mich sanft, aber bestimmt, an der Hüfte fasst und aufs Bett setzt, damit ich nicht weglaufe oder dergleichen und sich mit einem bemitleidenswerten Blick, für den ich ihn gern schlagen würde, vor mich hockt.
„Du weißt ja inzwischen, dass Jenny mich damals aufgefangen hat, als du verschwunden bist und ich ihr dafür sehr dankbar bin. Sie ist mein Rettungsanker und gehört einfach zu mir. Das ist eine Tatsache, die ich nicht verleugnen will. Seit ungefähr einem Jahr ist es ihr großer Wunsch, dass wir eine richtige Familie werden und sehnt sich nach einem Baby. Wir arbeiten seitdem auf Hochtouren daran, aber bisher … hat es einfach nicht geklappt“, versucht er sich an einer Erklärung, die mir einen unsagbaren Kloß in den Hals treibt, weil es eine Zukunft für uns noch aussichtsloser als ohnehin schon macht. Dennoch will ich es jetzt komplett hören und beiße mir fest auf meine Unterlippe, um mich zurückzuhalten.
„Wir haben mittlerweile so ziemlich alles versucht, was inzwischen schon kein wirkliches Vergnügen mehr ist. Und … ich kann damit ganz gut umgehen … ich … war nie wirklich heiß drauf, Kinder zu bekommen … schon gar nicht so früh und … ohne wirkliche Perspektive, verstehst du? Ich will einem Kind ja auch was bieten können und dazu fehlt uns einfach noch ein bisschen Lebenserfahrung und vor allem das nötige Kleingeld. Ich wollte viel lieber warten, bis ich mein Studium abgeschlossen und einen festen Job habe. Aber Jenny muss immer alles sofort und auf der Stelle haben, sobald sie sich etwas in den Kopf setzt“, redet Marc leise weiter und bemüht sich um ein schiefes Grinsen, was dummerweise mein Herz ein wenig schneller schlagen lässt, weil er plötzlich wie der freche Junge wirkt, den ich vor sechs Jahren hier zurückgelassen habe. Allerdings wird seine Miene viel zu schnell wieder ernst und entlockt mir ein leises gequältes Seufzen.
„Vor sechs Wochen dann, als ich gerade von dir aus Berlin zurückkam, war sie vollkommen aus dem Häuschen, weil sie überfällig war. Sie hat von nichts anderem geredet und war überhaupt nicht wiederzuerkennen. Und ich … stand da und wusste nicht mehr weiter. Auf einmal schien ihr größter Wunsch in Erfüllung zu gehen und wir dieses heißersehnte Baby zu bekommen. Ich hatte mich damit auseinanderzusetzen, eine gewisse Verantwortung für einen kleinen Menschen zu tragen. Ich musste mich an den Gedanken gewöhnen, alles, was ich ab jetzt tue und wofür ich mich entscheide, im Sinne des Babys zu tun, verstehst du? Da war nicht mehr nur Jenny, die ich verlassen würde“, klingt seine Stimme aufgewühlt und kratzig, als würde er die Momente gerade noch einmal durchleben und sieht mich dabei so flehend nach Verständnis an, dass mir unmittelbar Tränen in die Augen steigen. Weil ich doch nur zu genau weiß, worauf das hier hinauslaufen wird.
„Hör zu,
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