Schatten Der Versuchung
wärst du in einen Fleischwolf geraten.«
Er knurrte und krümmte seine klauenartigen Hände. »Du! Die Jäger sind also abgezogen und haben dich deinem Schicksal überlassen.«
»Die Jäger fanden es nicht der Mühe wert, deinetwegen ihre Zeit zu vergeuden. Ich habe ihnen gesagt, dass ich mühelos mit dir fertig werde. Ich habe dich schon ... Moment mal, lass mich überlegen« – sie legte den Kopf zur Seite, um sein Gesicht zu betrachten, das jetzt von grauenhaften Narben durchzogen war – »mindestens vier Mal getötet, vielleicht auch öfter. Alle meine Kämpfe mit dir verschwimmen irgendwie zu einem Einheitsbrei.«
Falcon glitt lautlos hinter den Vampir.
»Du wirst mir wirklich fehlen, Arturo, doch alles Gute hat einmal ein Ende«, sagte Natalya und trat mit erhobenem Schwert einen Schritt auf ihn zu.
Falcon schlug von hinten zu, indem er seine Faust durch Haut, Knochen und Sehnen trieb, das Herz packte und aus Arturos Brust riss. Ein Blitz zuckte über den Himmel, krachte durch das Loch im Dach direkt in das Herz, das Falcon fallen gelassen hatte, und ließ es sofort in hellen Flammen aufgehen.
»Gute Arbeit«, bemerkte Natalya. »Du fackelst nicht lange. Hoffentlich kannst du das hier für Mirko und Slavica reparieren«, fügte sie hinzu. »Ich mache mich jetzt auf die Suche nach Vikirnoff.«
»Er ist ein erfahrener Jäger. Er wird nicht wollen, dass sich seine Gefährtin in Gefahr begibt.« Falcon lenkte den Blitz auf den Leichnam. »Er erwartet von mir, dass ich den Prinzen bewache.« Es war die einzige Entschuldigung, die er ihr geben konnte.
»Mir ist völlig klar, was er erwartet.« Natalya flitzte wieder einmal ins Badezimmer. Sie hatte sich heute schon so oft umgezogen, dass es ihr allmählich auf die Nerven ging. »Geh! Tu, was du zu tun hast.«
»Gute Jagd!«
»Gleichfalls.« Vikirnoff hatte ein Rudel Vampire auf den Fersen und konnte sie vielleicht eine Weile im Kreis herumführen, um dem Prinzen und Gabrielle mehr Zeit zu verschaffen, aber irgendwann würde er sich dem Kampf stellen müssen. Und sie wollte verdammt sein, wenn sie ihm das allein überließ.
Natalya zog sich erneut aus. Es dauerte nur ein paar Sekunden, Waffen, Munition und Kleidung in ihren Rucksack zu stopfen und ihn um ihren Hals zu hängen, bevor sie wieder ihre Tiergestalt annahm. Sie konnte immer noch das Gerücht verbreiten, dass ein Zirkustier entlaufen wäre, oder es den Karpatianern überlassen, sich etwas auszudenken. Das Dach war repariert und Falcon bereits verschwunden, als sie ins Zimmer zurückkam. Auf dem Boden waren weder ein Leichnam noch Brandspuren zu sehen, nicht einmal die versengten Stellen von ihren Experimenten mit den Spraydosen.
Die Tigerin sprang vom Balkon auf die Veranda und von dort auf den Boden. Als sie durch den Ort rannte, hielt sie sich möglichst im Schatten und wich den Menschen aus, so gut sie konnte. Sie hörte aufgeregtes Stimmengemurmel, als einige Leute einen Blick auf die große Raubkatze erhaschten, die durch Büsche und Sträucher jagte. Bei all den Ereignissen im Gasthaus würden bald jede Menge haarsträubender Geschichten im Umlauf sein, die sich im Lauf der Zeit zu großen Legenden auswachsen würden. Ihre Tigerin würde ein Bestandteil dieser Erzählungen sein.
Natalya, deren Verbindung zu Vikirnoff nie abbrach, konnte trotz seiner Rolle als Prinz Mikhail Zugang zu seinem Bewusstsein erlangen. Da die Vampire seine Gedanken möglicherweise auffangen würden, dachte er bewusst an sein Volk und wie wichtig es wäre, am Leben zu bleiben, um seine Leute zu schützen. Natalya fand Vikirnoffs Meinung darüber, was ein Prinz denken sollte, ziemlich bescheuert...
Bescheuert? Das sind die Gedanken eines Prinzen. Was machst du eigentlich hier?
Ich folge dir. Halte dir den Rücken frei. Du führst sie tiefer in den Wald, stimmt's? Wo er allein mit ihnen fertig werden müsste. Aber das würde sie nicht zulassen, ob er nun Hilfe wollte oder nicht.
Ja. Ich will sie vom Gasthaus weglocken, aber an einen Ort nach meiner Wahl. Weit weg von dort, wo seine Gefährtin in Gefahr wäre.
Arturo ist tot. Falcon hat ihn getötet und bewacht jetzt Prinz Mikhail. Er sagt, das würdest du von ihm erwarten.
Natürlich.
Natalya seufzte über die ruhige Gelassenheit, mit der er sprach. Alles in ihm konzentrierte sich auf den bevorstehenden Kampf; er hatte seine Gefühle beiseitegeschoben und verließ sich völlig auf die jahrhundertealten Instinkte des Kriegers. Sie haben gesagt, nur du
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