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Schatten Der Versuchung

Titel: Schatten Der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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ein Luxus einzugestehen, wer und was sie war, und zum ersten Mal seit Jahren zu zeigen, wozu sie imstande war. Sie beobachtete sein Gesicht, um zu sehen, wie er reagierte. »Ich kann dich auf meinem Rücken hinuntertragen, aber du musst wach bleiben, um dich festzuhalten. Kriegst du das hin?«
    Vikirnoff machte seine Augen nicht auf. Was immer du sagst.
    Seine Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen. Natalya schluckte schwer. Sie musste so bald wie möglich Erde auf seine Wunden legen, und das hieß, dass sie ihn sofort transportieren musste. »Es wird wehtun.«
    Natalya zog sich aus, legte ihre Sachen zusammen und stopfte sie in den Rucksack. Sie war viele Jahre allein durch die Welt gezogen und aus Furcht, sich zu verraten, nie länger an einem Ort geblieben. Ohne Freunde und Familie war sie einsam gewesen, und es war lange her, seit ihr die Freude vergönnt gewesen war, sich vor einem anderen Lebewesen umzuwandeln. Die Freiheit, ganz sie selbst zu sein, war eine Versuchung, der sie nicht widerstehen konnte.
    Sie war nicht ganz Mensch. Sie war nicht ganz Magier. Und sie war auch nicht ganz Karpatianerin, sondern eine Kombination aus allem. Ihr Vater aus dem Volk der Magier hatte ihr das Wesen einer Tigerin gegeben, in der Hoffnung, es würde ihr helfen, ihren angeborenen Wunsch nach einer Familie zu unterdrücken, und ihr im Lauf der endlosen Jahre ein wenig Rückhalt geben. Bis zu einem gewissen Grad hatte sich das bewahrheitet, doch die Vorstellung, einen Teil ihres wahren Selbst Vikirnoff preiszugeben und ihm zu zeigen, was sie war, war sehr verlockend.
    Natalya holte tief Luft und konzentrierte sich auf die vertraute Gestalt und das Gefühlsleben des Tigerweibchens. Muskeln dehnten sich unter ihrem dichten Fell, und sie streckte sich, um die schwarzen und rotgoldenen Streifen zur Schau zu stellen. Scharfe Krallen streiften den Boden, und sie hob die Schnauze, um in die Luft zu wittern, bevor sie ihren Rücken durchbog und sich hinlegte. Ihr war nicht bewusst, dass sie mit angehaltenem Atem auf seine Reaktion wartete und ihn aus leuchtend blauen Augen beobachtete.
    Seine Augen öffneten sich, und er streckte eine Hand aus, um über ihr weiches Fell zu streichen. Du bist schön. Deine Augen haben die Farbe eines Bergsees.
    Sie versuchte, sich nicht geschmeichelt zu fühlen. Sie wollte ihm gegenüber gar nichts empfinden, nur ihre Pflicht als menschliches Wesen tun, aber sie konnte die Wärme in ihrem Inneren, die sie bei seinen Worten erfüllte, nicht unterdrücken. Kannst du auf meinen Rücken steigen und deine Arme um meinen Hals legen ?
    Der Tiger war ein Einzelgänger, und deshalb empfand Nata-lya in dieser Gestalt keine Sehnsucht nach einem Heim und einer Familie. Eine kurze Zeitspanne hatte sie Ruhe vor den natürlichen Bedürfnissen einer Frau, aber sie stellte fest, dass sie auch als Tiger tief in ihrem Inneren Vikirnoff als Mann sehr bewusst wahrnahm.
    Er legte sich der Länge nach auf ihren Rücken und schlang beide Arme um ihren Hals. Der lange Wanderstock, der in einer Schlinge am Rucksack hing, stach sie und tat ihr weh. Vikirnoff merkte es und veränderte sofort seine Position, wobei ihm ein leises Stöhnen entschlüpfte. Du veränderst deine Gestalt nicht so, wie es Karpatianer tun. Kannst du deshalb nur diese eine andere Gestalt annehmen ?
    Sie wusste, dass er zu schwach war und nicht versuchen sollte, sich mit ihr zu unterhalten, aber die Gedanken in ihrem Kopf überschlugen sich, und sie brauchte es, mit jemandem darüber zu sprechen. Das frage ich mich schon, seit du das Bild des Nebels in meinem Bewusstsein verankert hast und ich mich umwandeln konnte. Es war erschreckend und toll zugleich.
    Der Tiger knurrte einen einsamen Wolf an, der sich durchs Unterholz anschlich, und der Wolf wich trotz des verlockenden Geruchs von frischem Blut sofort vor dem viel größeren Raubtier zurück.
    Es ist eine Ehre, dass du mir dein Vertrauen geschenkt hast. Ich werde es nicht missbrauchen.
    Natalya wollte schon leugnen, dass sie ihm vertraute, verzichtete dann aber darauf, ihn zu korrigieren. Sie hatte ihre Haut retten wollen, und er war das geringere von zwei Übeln gewesen, als das unterirdische Wesen mit spitzen Krallen nach ihr gegriffen hatte. Auch in ihrer Gestalt als Tiger brannten ihre Knöchel immer noch und erinnerten sie an diesen grauenhaften Augenblick.
    Der Tiger jagte mit dem Verwundeten auf dem Rücken durch den Wald, bis er einige Meilen von dem Schlachtfeld entfernt war, und lief dann den

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