Schatten Der Versuchung
zornig, misstrauisch und gereizt.
Die Feuerbälle waren abrupt verschwunden, und im Wald herrschte wieder Stille. Vikirnoff überprüfte den Boden, aber was dort auch auf der Lauer lag, hatte sich zurückgezogen, um neue Energien zu sammeln, und biss auf den Köder nicht an, obwohl Vikirnoff absichtlich schwerere Schritte machte.
Arturo war nur noch eine makabre Parodie des gut aussehenden Mannes, der Natalya entgegengetreten war. Seine Haut spannte sich straff über seine Knochen, und an seinem Schädel klebten dünne grauweiße Haarsträhnen. Als er sie anlächelte, sah man die braunen Flecken auf seinen spitzen Zähnen. »Vikirnoff. Du siehst gar nicht gut aus. Du kannst nicht einmal deine Frau dazu bringen, deine Wünsche zu erfüllen. Wie traurig, einen ehemals stolzen Jäger zu sehen, der so tief gesunken ist, dass er sich aufs Bitten verlegen muss.«
»Wie traurig, einen ehemals stolzen Jäger zu sehen, der so tief gesunken ist, dass er im Schatten des Bösen wandelt, statt seinen eigenen Weg zu gehen«, gab Vikirnoff zurück. Er beobachtete den Vampir, behielt aber gleichzeitig ständig den Boden im Auge, weil er damit rechnete, dass sich das unsichtbare Monster zeigte.
»Ihr zwei könnt aufhören, so zu reden, als wäre ich nicht hier«, sagte Natalya wütend. Inzwischen hatte sie das ganze Theater satt. »Ich habe etwas zu erledigen, und ihr haltet mich auf.« Sie blickte auf Henrik hinab, der sich an den Baum angeschlichen hatte, auf dem sie saß.
Die Fingernägel des Vampirs bohrten sich in die Baumwurzeln. Er war so schwach, dass er seine Macht nicht mehr gegen sie einsetzen konnte, doch das hinderte ihn nicht daran, an den Baumwurzeln zu rütteln, um Natalya auf den Waldboden zu werfen. Der Baum erschauerte jedes Mal, wenn der Vampir ihn berührte, und zuckte vor dem abstoßenden Geschöpf zurück. Das Blut des Untoten tropfte auf die Rinde und brannte sich ins Herz des Baumes ein.
Natalya konnte hören, wie der Baum vor Schmerzen schrie. Harz floss aus dem tiefen Riss in der Rinde und tropfte stetig wie Blut auf den Boden. Sie hielt sich die Ohren zu und versuchte zu ignorieren, wie ihre Knöchel brannten und pochten. Vor allem versuchte sie, nicht zu beachten, wie der Vampir an den Blutspuren leckte, die von den Wunden an ihren Knöcheln auf dem Baumstamm geblieben waren. Bei dem Anblick wurde ihr übel. Warum war sie bloß noch hier? Sie verachtete die Jäger fast genauso wie die Vampire.
Vikirnoff, der ihr Unbehagen spürte, schaute zu ihr. So schnell, dass die Bewegung nur als leichtes Flimmern in der Luft wahrzunehmen war, glitt er an Arturo vorbei und hieb mit der Faust tief in Henriks Brustkorb. Das Herz des Vampirs war zerfetzt und zusammengeschrumpft, und Vikirnoff schleuderte es ein ganzes Stück weg, um genug Zeit zu haben, das schwarze Organ mit einem Blitz in Brand zu setzen, bevor es zu seinem Herrn zurückrollen konnte.
Ein greller Blitz zuckte vom Herzen des Vampirs zu seinem Körper, und noch bevor Henrik auf den Boden fallen konnte, stand er in Flammen und verbrannte zu einem Häufchen Asche.
»Das war nicht nötig, Vikirnoff. Du hast schon immer gehandelt, ohne lange zu fragen.«
»Es gibt keinen Grund, Fragen zu stellen, Arturo«, antwortete Vikirnoff.
»Glaubst du, ich kann die Finsternis in dir nicht spüren?«, gab Arturo zurück. »Sie spürt das Dunkel in dir. Sie hätte dir vorhin beinahe den Rücken in Fetzen gerissen, und sie wird es wieder tun, wenn sie dich nicht mehr braucht.« Seine Stimme wurde verschlagen und einschmeichelnd. »Der Prinz ist ohne Schutz. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um zuzuschlagen. Schließ dich uns an, Vikirnoff. Wir können die Jäger besiegen und aus dem Schatten hervortreten, um unseren rechtmäßigen Platz in der Welt einzunehmen. Wir würden nicht nur ein Land oder unser Volk beherrschen, sondern alles. Alles, Vikirnoff. Denk darüber nach.«
»Der Prinz ist nicht ohne Schutz, Arturo. Glaub nicht, dass er jemals ohne den vollen Schutz seines Volkes ist.« Vikirnoff glitt näher, ohne den Eindruck zu erwecken, sich zu bewegen, und schob sich immer dichter an den Vampir heran. Seine Füße schienen kaum den Boden zu berühren, aber ein Stück von der Stelle entfernt, wo er sich befand, ließ er schwere Schritte erklingen. Er wollte so das Geschöpf, das sich unter der Erde verbarg, hervorlocken. »Du bist zu einer Marionette geworden. Wem dienst du, Arturo?« Die ganze Zeit spürte er eine Konzentration von Macht, da Arturo erneut
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