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Schatten der Wahrheit

Schatten der Wahrheit

Titel: Schatten der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Delrio
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er zu den Stahlwölfen gestoßen war. Er war ein freigeborenes Halbblut, der Sohn einer Einheimischen. Er war ein Stahlwolf aus freiem Entschluss. Jetzt warf er Anastasia einen schrägen Blick zu und fragte: »Was schmeckt dir nicht?«
    »Bannson. Dass er mir urplötzlich Geschenke anbietet.«
    Darwin wirkte amüsiert. »Der Versuch, eine Beziehung anzubahnen? Es heißt, er will ein neues Großes Haus gründen.«
    »Was immer er von mir will, das ist es sicher nicht«, winkte sie ab. »Wir sind uns nie begegnet, und bevor ich Kai Radick herausforderte, wird er nicht einmal meinen Namen gekannt haben.«
    Er könnte aber von Tassa Kay gehört haben. Anastasia hatte sich keine Mühe gegeben, unbemerkt zu bleiben, während sie als Tassa reiste und für die Republik der Sphäre kämpfte. Und falls Bannson clever oder gut informiert genug war, die beiden Namen ohne über Geheimdienstberichte hinausgehende Hinweise miteinander in Verbindung zu bringen, war er noch gefährlicher, als sie bislang angenommen hatte.
    »Jacob Bannson spielt eine Schachpartie um die Macht in der Republik der Sphäre«, stellte sie fest. »Und er möchte mich als eine seiner Figuren einspannen. Aber das wird ihm nicht gelingen.«
    »Nicht?«, fragte Darwin.
    »Ich lasse mich nicht zum Bauern im Spiel anderer machen. Nicht, solange ich die Dame auf meinem eigenen Brett sein kann.«
    »Bannson ist niemand, den man sich zum Feind machen sollte.«
    »Er schlägt seine Schlachten mit Geld.«
    »Er ist als Mechpilot qualifiziert. Dazu ist mehr nötig als Geld.« Darwin klang nachdenklich. Die weiche Krempe des geliehenen Touristenhuts verdeckte seine Augen und erschwerte es Anastasia, seinen Gesichtsausdruck zu deuten.
    Der Walfänger hüpfte jetzt härter. Die Windstärke hatte zugenommen und die Wellen krönte weiße
    Gischt. Anastasia schluckte und sprach weiter. »Dich scheint er ja beeindruckt zu haben.« Es klang schärfer, als sie beabsichtigt hatte.
    »Nein«, widersprach Darwin. »Aber ich möchte nicht, dass du ihn unterschätzt.« Er unterbrach sich und schaute beiseite. Diesmal war es ihr, als würde er den Schatten der Hutkrempe bewusst einsetzen, um sein Gesicht vor ihr zu verbergen. »So wie Kai Radick dich unterschätzt hat.«
    Das war eine direkte Warnung. Kai Radick war tot. Anastasia hatte den früheren Galaxiscommander und Anführer der Stahlwölfe in einem Besitztest mit bloßen Händen getötet und sich damit seinen Rang und die Leitung der Stahlwölfe angeeignet. Das war ihr in weitem Maße dadurch gelungen, dass Radick sie erst unmittelbar vor seinem Ende als Gefahr wahrgenommen hatte.
    »Na gut. Erzähl mir mehr über Bannson«, forderte sie ihren Begleiter auf.
    Jack Bannsons Geschäftsaktivitäten in der Republik der Sphäre hatten keinerlei Auswirkungen auf Arc-Royal gehabt, und Anastasia hatte nur im allerweitesten Sinne überhaupt von ihm gehört. Aber falls der Magnat sich entschlossen hatte, sich in die Angelegenheiten der Stahlwölfe einzumischen, musste sie auf jeden Fall mehr über ihn in Erfahrung bringen. Außerdem versprach dieses Thema, sie von der drohenden Seekrankheit durch die zunehmend unberechenbaren Bewegungen des Motorboots in der aufgewühlten See abzulenken. Ian Murchison hatte ihr vorgeschlagen, vor der Fahrt ein vorbeugendes Medikament einzunehmen. Sie hatte mit dem Argument abgelehnt, dass niemand, der einen Mech steuern konnte, für dergleichen anfällig war. Jetzt wünschte sie sich, auf den MedTech gehört zu haben.
    »Bannson«, sagte Nicholas Darwin mit nachdenklicher Stimme. Er schaute kurz beiseite, hinaus zum westlichen Horizont, an dem Balfour-Douglas 47 jetzt als ferner grauer Fleck erkennbar war. Seevögel kreisten über der Plattform, winzige schwarze Punkte am blauen Himmel. »Willst du hören, was die Medien über ihn sagen, oder was man sich auf der Straße über ihn erzählt?«
    »Beides.«
    »In Ordnung. Erst die offizielle Version, in Kurzfassung. Er wurde auf St. Andre geboren. Seine Familie, das waren keine Bettler, aber sie hatten auch kein Bürgerrecht. Sie besaßen ein kleines Geschäft.«
    »Welcher Art?«
    Er zuckte die Achseln. »Ich glaube, sie haben irgendetwas verkauft. Jacob Bannson beendete seine Schulzeit ohne Abschluss, um für seine Eltern zu arbeiten. Das ist auf manchen Welten der Republik von Bedeutung, weil man ohne Abschlusszeugnis kaum eine Anstellung findet. Das Geschäft war kurz vor der Pleite, doch Bannson führte es innerhalb eines Jahres auf die Straße des

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