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Schatten der Wahrheit

Schatten der Wahrheit

Titel: Schatten der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Delrio
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Ticket und Papiere griffbereit und ihre wenigen Gepäckstücke bereits eingecheckt.
    Sie reiste wie immer mit minimalem Gepäck, und das Einzige in ihrem Besitz, das ihr wirklich wichtig war, hatte sie auf diese Mission ohnehin nicht mitnehmen können: ihren Tomahawk-BatteMech. Jetzt hatte sie noch etwas Zeit totzuschlagen, bis sie an Bord der Cullen's Hound gehen konnte, und dank Jack Farrell - zur Hölle mit seinem einen verbliebenen Auge - hatte sie auch einen Termin dazu.
    Sie traf Farrell in der Abflughalle des Raumhafens, einem riesigen Bau mit Kuppeldecke, von dem Verbindungen zum Rest des Hafengeländes und in die planetare Hauptstadt abgingen. Die Halle war leerer, als sie es vor dem Zusammenbruch des HPG-Netzes gewesen wäre. Aber auch so drängten sich die Menschenmassen. Interstellaren Massentourismus gab es nicht mehr. Seine Existenz war weit stärker, als sich die meisten Menschen klar gemacht hatten, von schnellen Kommunikationswegen und allgemeinem Frieden abhängig gewesen.
    Aber die Notwendigkeit, Medienaufzeichnungen, gedruckte Nachrichten und Korrespondenz zwischen den von Menschen bewohnten Systemen auszutauschen, sorgte noch immer dafür, dass Northwind angeflogen wurde.
    Jack Farrell saß auf einer Bank in der Nähe des Durchgangs zu den Linien nach Tara und las einen Ausdruck mit den Meldungen des Tages aus den Northwind-Nachrichten. Di konnte die Hauptschlagzeile lesen - RAT VERABSCHIEDET WIRTSCHAFTSHILFE -, dann faltete er das Blatt zusammen und steckte es ein.
    »Di«, begrüßte er sie und stand auf. »Schön, dich zu sehen.«
    »Farrell. Ich wünschte, ich könnte dasselbe sagen.« Diese Antwort stimmte nur zur Hälfte. Sie musste zugeben, dass Jack ein gefährlich gut aussehender Mann war, selbst - oder vielleicht gerade -mit der schwarzen Augenklappe. Sie hätte sich gewünscht, sein Anblick hätte sie auch nach so langer Zeit nicht dermaßen durcheinander gebracht.
    Wie immer schienen ihre Beleidigungen an ihm abzuperlen. »Lass uns einen angenehmeren Ort zum Reden finden. Könnte sein, dass der örtliche Nachrichtendienst dieses ganze Gebäude mit Augen und Ohren voll gestopft hat. Könnte auch sein, dass nicht, aber ich bin nicht in der Stimmung, es zu riskieren.«
    »Zurück in die Stadt?«
    »Ist mir recht«, sagte er und setzte sich mit langen Schritten in Richtung Ausgang in Bewegung, ohne darauf zu achten, ob sie ihm folgte oder nicht.
    Eine Stadtbahn- und zwei Schwebebusfahrten später saßen sie sich in der hintersten Nische eines Eckrestaurants in einem Arbeiterviertel Taras gegenüber. Die Atmosphäre des Lokals war vom Duft nach Würstchen, Koteletts und Speck geschwängert, und das Hintergrundraunen der Mittagsklientel wurde vom Knallen und Zischen heißen Fetts begleitet.
    Farrell bestellte über die Bildschirmauswahl des Tisches zwei Tagesgerichte - gemischte Grillteller -und eine Kanne Kaffee. Der Kaffee war stark, schwarz und frisch. Dazu gab es einen Keramikkrug mit Milch.
    Sie runzelte die Stirn über Farrells selbstverständliche Art, für sie mitzubestellen, verzichtete aber darauf, sich tatsächlich zu beschweren. In der Eile, ihr Gepäck rechtzeitig vierundzwanzig Stunden vor dem Start einzuchecken, hatte sie auf das Frühstück verzichtet. Jetzt hatte sie Hunger und würde ihr Essen genießen, egal ob Jack Farrell wusste, was ihr schmeckte und was nicht.
    Natürlich war da auch noch das Gespräch. Farrell begann die Unterhaltung, während sie Kaffee tranken und auf die Grillteller warteten. »Wie ist das Gespräch mit deinem Ziel verlaufen?«
    Selbst hier, an einem Ort, an dem kaum eine Chance bestand, abgehört zu werden, erwähnte er Anastasia Kerensky nicht mit Namen. Es bestand kein Anlass, Aufmerksamkeit zu erregen, indem er den Namen der Frau aussprach, die die Stahlwölfe bis auf wenige Stunden ans Herz der Stadt geführt hatte.
    »Sie hat mich eiskalt abblitzen lassen.«
    »Die Möglichkeit bestand immer«, stellte Farrell fest. »Diese Leute denken nicht so wie wir.«
    »Ich habe niemand von >diesen Leuten< getroffen. Nur sie.«
    »Keine Bange, sie ist eine von ihnen. Genauso durchgeknallt wie alle anderen.«
    »Wenn du das sagst.« Di war sich nicht sicher, was sie von ihrem Treffen mit Anastasia Kerensky halten sollte. Die Weigerung der Clannerin hatte sie verärgert, ja, aber sie hatte auch Respekt in ihr geweckt. Es war die letztere Regung, die sie veranlasst hatte, die Bemerkung über den Maulwurf im Stahlwolf-Stab fallen zu lassen. Und das war

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