Schatten der Wahrheit
etwas, das sie ganz sicher nicht plante, Jack Farrell gegenüber zu erwähnen, und Jacob Bannson gegenüber auch nicht. »Das Problem ist ganz einfach, dass sie niemandem etwas schulden will.«
Farrells Reaktion war ein träges Grinsen. »Du musst das ja wissen, Darling. Nicht, dass du durchgeknallt bist oder so was.«
»Das ist die Stelle, an der ich mich daran erinnern muss, dass ich dich nicht auf der Stelle umbringen darf, weil wir für denselben Auftraggeber arbeiten.«
»Ganz recht.« Die Bedienung brachte ihre Tagesgerichte, und die beiden verstummten kurz, bis sie wieder gegangen war. Als die Frau wieder hinter ihrer Theke war, machte sich Farrell über seinen Fleischteller her und erklärte: »Über die Ablehnung würde ich mir keine Gedanken machen. Der Boss hat dich nicht als Vertreterin angeheuert.«
»Ein Glück, denn sie hat nichts gekauft.« Di leerte ihre Tasse Kaffee und schenkte sich eine zweite ein. »Andererseits dürfte ihm mein Reisetagebuch gefallen.«
Farrell zog die Stirn kraus. »Viele bunte Bilder?«
»Und jede Menge Notizen. Was ist mit dir?«
»Ich warte noch auf den richtigen Moment, Kontakt zu meinem Ziel aufzunehmen.« Seine Miene veränderte sich zu einem mürrischen Ausdruck. »Wenigstens ist deines ein ehrlicher Schurke... «
»Schurkin.«
»Von mir aus, Schurkin - die keine Lügen erzählt und auf niemandes Seite als der eigenen steht. Meinem würde ich nicht weiter trauen, als ich einen Batt-leMech werfen kann.«
»Ich würde nicht mit dir tauschen wollen, soviel steht fest. Bei deinem Ziel läuft es mir kalt den Rücken runter. Eine falsche Bewegung, und in dir steckt weniger Leben als im Frühstück von gestern.«
»Hast du Angst um mich, Liebes?«
Di schüttelte heftig den Kopf. »Ich würde es sehr bedauern, falls dir jemand ein Messer in den Leib rennt, bevor ich Gelegenheit dazu habe.«
»Nur die Ruhe, Schätzchen.« Farrell lehnte sich zurück und bedachte sie mit seinem lüsternsten und widerlichsten Grinsen. »Ich hebe mich für dich auf.«
Dezember 3133, Trockenzeit
Es war Nacht auf Balfour-Douglas 47 und Ian Murchison ging wieder einmal für ein paar Minuten stiller Abgeschiedenheit auf die Aussichtsplattform. Er stützte sich auf die Metallreling und entspannte sich in der kühlen Nachtluft so gut es ging. Die über das offene Wasser heranwehende Brise kühlte die Haut. Keiner der beiden Monde Northwinds stand am Himmel, aber eine Myriade von Sternen funkelte im Samtschwarz der Nacht. Unter ihm strömte das Wasser um die Pfeiler des Bohrturms. Selbst leuchtende Quallen trieben in den Fluten und funkelten.
Murchison war müde, nicht zuletzt wegen der nicht nachlassenden Belastung durch gedämpfte Wut und Angst, die abzureagieren ihn das Leben gekostet hätte, und die konstante Irritation durch die doppelt geschlungene Kordel um sein Handgelenk.
Und dann war da noch die Sache mit seiner Vereinbarung mit Galaxiscommander Anastasia Kerensky.
Er wollte sich fragen, was in sie gefahren war, aber er wusste es besser. Aus welchem Grund auch immer - möglicherweise war es sein offenes und ehrliches Gesicht - hielt die Kommandeurin der Stahlwölfe ihn für solide und zuverlässig.
Um genau zu sein, sie hielt ihn für solide, zuverlässig und für kein Teil des Stahlwolf-Militärapparats seit dem Tag seiner Abnabelung, für jemanden mit einem unvoreingenommenen Blick, der geeignet war, nach Anzeichen von Hinterlist und Verrat Ausschau zu halten.
Mein Blick ist so verdammt unvoreingenommen, dass er nie etwas finden wird, dachte er bitter. Ich suche nicht nach einer Nadel im Heuhaufen, ich suche nach einer Nadel in einem Nadelhaufen.
Der Gedanke deprimierte ihn. Vielleicht würde Anastasia Kerensky ihm glauben, wenn er ihr erklärte, dass er den Verräter nicht finden konnte, weil für ihn sämtliche ihrer Stahlwölfe zu einer weitgehend unidentifizierbaren, aber ausgesprochen unangenehmen Masse verschmolzen. Doch wahrscheinlicher war, dass sie ihn für einen Lügner halten würde.
Das Murmeln von Stimmen ein Stück weiter auf dem Aussichtsdeck entlang, hinter der nächsten Ek-ke, brach in seine Gedanken und weckte trotz der trüben Stimmung seine Neugier. Er näherte sich, ohne seine Anwesenheit zu verraten, bis er nahe genug war, um die Stimmen von Sterncolonel Nicholas Darwin - dem Favoriten des Galaxiscommanders -und Sterncaptain Greer zu erkennen. Beide Männer spielten eine wichtige Rolle in Anastasia Kerenskys
Stab, was sie aus der anonymen Masse der
Weitere Kostenlose Bücher