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Schatten der Wahrheit

Schatten der Wahrheit

Titel: Schatten der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Delrio
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Jack Farrell grinste. »Paladin, Sie haben gerade eine Ladung Söldner angeworben.«
    Januar 3134, Winter
    Zwölf Tage nach seiner Unterhaltung mit Einauge Jack Farrell schaute Ezekiel Crow Farrells Söldnern beim Ausschiffen auf dem Raumhafen Tara zu. Er hatte eine erstklassige Aussicht. Das war nicht weiter verwunderlich, denn er stand neben Tara Campbell im VIP-Panoramasalon der Terminushalle, einem luxuriösen Privatraum mit tiefem Teppichboden und einer verglasten Front hoch unter der Kuppeldecke. In früheren Zeiten, als der Hafen mehrere An- und Abflüge am Tag gesehen hatte, war der Salon ein Ort gewesen, an dem sich Fluggäste versammelten, die sich für zu reich oder wichtig für die allgemein zugänglichen Wartebereiche hielten. Heute hatte er bis zum Eintreffen der Countess und des Paladin - wie an den meisten Tagen seit dem Zusammenbruch der interstellaren Kommunikationsverbindungen - leer gestanden.
    Draußen vor den Fenstern strahlte der Himmel über dem Landefeld in einem tiefen Winterblau. Im strahlenden Glanz der Mittagssonne klaffte die Hauptladeluke des aufgesetzten Landungsschiffes in undurchdringlicher Schwärze.
    Die Söldnerinfanterie verließ das Schiff zuerst und marschierte in Formation die Laderampe herab. Das entsprach dem üblichen Verfahren. Es war die schnellste Methode, eine größere Anzahl von Truppen auszuschiffen. Hätten die Söldner das Schiff einzeln über die Passagierrampe verlassen dürfen, hätte es Stunden gedauert, und anschließend wären weitere Stunden nötig gewesen, sie alle in Reih und Glied zu bekommen. Trotzdem bedrückte ihn der Anblick der anonymen Gestalten in schwarzer Gefechtsmontur, die dort unten auf das Landefeld strömten.
    Natürlich wusste er, woran das lag: Auf Liao hatte es ganz genauso angefangen, mit dem Eintreffen eines kleinen Truppenkontingents, das gekommen war, die Ordnung aufrechtzuerhalten - oder es zumindest behauptete. Und es hatte mit Terror in den Straßen und Chang-An in Flammen geendet. Jetzt fragte er sich, ob es all diese Jahre zuvor einen Moment gegeben hatte, an dem ein einzelner Mensch mit genügend Vorausblick hätte die Hand heben, »Halt!« rufen und alles verhindern können.
    »Sie wirken besorgt«, stellte Tara Campbell fest. Die Countess of Northwind trug eine wollene Winteruniform gegen den eisigen Wind, der draußen über das Gelände fegte, und ihr kurzer Bürstenhaarschnitt glänzte golden im Licht, das durch die Fenster fiel. Sie hatte die Angewohnheit, mit einer Haarsträhne zu spielen, wenn sie sich unsicher fühlte. Jetzt fiel Crow auf, dass er sie schon lange nicht mehr dabei ertappt hatte. Sie wuchs in ihre Position als Präfektin hinein.
    Das war gut so. Exarch und Senat waren besorgt gewesen, ihre unverhoffte Beförderung auf einen plötzlich frei gewordenen Posten könnte sie überfordern. »Ich sollte diejenige sein, die Zweifel hat, nicht Sie.«
    »Erinnerungen«, erklärte Crow.
    Sie wusste genug über seine Vergangenheit, um zu verstehen, was er meinte, dachte Crow. Er hatte ihr im letzten Jahr davon erzählt, wie er in dem Blutbad, das als der Verrat Liaos in die Geschichte eingegangen war, seine Eltern ermordet und alles verloren vorgefunden hatte. Es kam selten vor, dass er die Vergangenheit auch nur andeutete, aber Tara Campbell kehrte irgendwie sein Inneres nach außen.
    Unten auf dem Raumhafenfeld hatte die Infanterie das Landungsschiff inzwischen verlassen und sich in Reihen aufgestellt, um an Bord der Truppentransporter zu steigen, die sie in ihre Unterkünfte brachten. Über die Frachtrampe verließen jetzt die Fahrzeuge das Schiff: Schweberäder, Geländewagen, Schützenpanzer, Panzer und Artillerie. Die Muskeln und Sehnen der modernen Kriegsführung. Die Fahrzeuge, Panzer und Artilleriegeschütze stellten sich in exakter Formation auf dem Asphalt vor dem Raumschiff auf. Farrells Söldner, stellte Crow in Gedanken fest, waren eine beängstigend gut ausgerüstete Truppe.
    »Es wird nicht dazu kommen«, brach Tara Campbell in seine Überlegungen ein. »Woran Sie jetzt denken. All das hier«, sie deutete auf das Raumfeld, »dreht sich darum, es im Keim zu ersticken.«
    »Ich weiß«, erwiderte er. »Und ich weiß auch, dass es mein Vorschlag war, überhaupt Söldner anzuheuern, und dass ich Sie erst dazu überredet habe. Aber trotzdem.« Er schaute hinaus und betrachtete die immer größer werdende Militärmaschinerie mit einem wachsenden Gefühl des Unbehagens. »Ich mache mir Sorgen.«
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