Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten der Wahrheit

Schatten der Wahrheit

Titel: Schatten der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Delrio
Vom Netzwerk:
»18.30 Uhr und 6 Uhr letzte Nacht?«
    »Hier. Ich habe die Formulare für die Ereignisse des Tages ausgefüllt.« Offenbar war Sterncaptain Greer beim Abendessen zum letzten Mal gesehen worden. Murchison war ebenfalls dort gewesen, was ihm eine gewisse Tarnung für die Lügen schenkte, die er Jonath jetzt auftischte. Offenbar betrachteten es die Wölfe als einfacher, einen Leibeigenen mit dem Rest der Truppe in der Messe essen zu lassen, als ihn wie einen Gefangenen zu behandeln und separat abzufüttern. Ein Glück, dachte er jetzt, dass keiner der Clanner von seiner Angewohnheit wusste, vor dem Schlafengehen noch einmal das Aussichtsdeck zu besuchen, um zur Ruhe zu kommen. »Dann habe ich die Krankenstation abgeschlossen
    und bin zum Schlafen in mein Quartier gegangen.«
    »Hast du Sterncaptain Greer in dieser Zeit gesehen?«
    »Nein.«
    Er wartete auf die Frage danach, dass er zur Krankenstation zurückgerufen worden war, um Sterncolonel Darwin zu behandeln, aber sie kam nicht. Offenbar hatte der Sterncolonel seinen Zweikampf mit Greer niemandem gegenüber erwähnt, was Murchison mehr als nur ein wenig seltsam erschien. Seiner zugegebenermaßen begrenzten Erfahrung mit Stahlwolf-Kriegern nach zu urteilen hätte Darwin unter normalen Umständen jedem, der bereit war zuzuhören, alle Einzelheiten des Kampfes schildern müssen.
    Vorausgesetzt, es hätte sich bei dieser Auseinandersetzung um einen legitimen Kampf gehandelt, nach welchen Regeln auch immer die Clans diese Feststellung trafen. Der Zweikampf war ohne Zweifel fair gewesen: Greer war körperlich größer gewesen als Darwin und im Gegensatz zu diesem bewaffnet, und er hatte angegriffen. Trotzdem hegte Murchison den starken Verdacht, dass jemand, der einen Mitoffizier in der Nacht tötete und diesen Umstand danach verschwieg, auch nach den Standards der Wölfe als Mörder zu gelten hatte.
    »Es könnte Tod durch eigenes Versagen gewesen sein«, schlug er vor. Warum sollte er die Gelegenheit nicht nutzen, für etwas Verwirrung zu sorgen?
    »Wie meinst du das?«, fragte Jonath.
    »Unfälle passieren immer mal - und die Plattform ist eine gefährliche Umgebung. Leute stolpern am falschen Ort oder rutschen im falschen Moment aus. Sie fallen über die Reling ins Wasser und tauchen nicht wieder auf.«
    Jonath wirkte leicht entgeistert. »Aber Leichen treiben auf dem Wasser.«
    »Nicht lange«, widersprach Murchison. »Die großen Mäuler holen sie sich.«
    »Die großen... Ich verstehe.«
    »Wenn Sie sich die Logbücher der Bohrplattform ansehen, werden Sie feststellen, dass ein Arbeiter namens Ted Pétrie im Februar '02 auf dieselbe Weise verschwunden ist.« Murchison verzichtete darauf zu erwähnen, dass in derselben Nacht die fünfzehn Meter schwere Kette verschwunden war, oder dass Pétrie eine Liste von Verwarnungen und Strafen für sexuelle Belästigung und Diebstahl aufzuweisen hatte und bei seinen Kollegen ganz und gar nicht beliebt gewesen war. Schließlich hatte niemand je etwas bewiesen.
    »Ich werde das nachprüfen.«
    Jonath klappte den Compblock zu und ging. Murchison blieb an seinem Schreibtisch und wartete, bis der Sterncaptain das Verwaltungsdeck verlassen hatte. Dann zog er einen eigenen Compblock aus einer Schreibtischschublade und schrieb längere Zeit. Als er fertig war, verließ er das Büro, schloss hinter sich ab und machte sich auf die Suche nach Anastasia Kerensky.
    Wie erwartet fand er sie im Hauptkontrollraum des
    Bohrturms. Eine Reihe anderer Stahlwolfoffiziere war ebenfalls anwesend, Darwin allerdings nicht. Das erschien Murchison bemerkenswert. Falls er seine Verletzung geheim halten wollte, musste er sich eine Entschuldigung ausgedacht haben, um die Gesellschaft des Galaxiscommanders meiden zu können.
    Die Stahlwölfe hatten den Kontrollraum der Förderstation in eine militärische Befehlszentrale verwandelt. Viel Mühe hatte das nicht gekostet. In der Hauptsache hatten sie eine Reihe tragbarer Kommu-nikations- und Datenkonsolen installiert und den Hauptarbeitstisch mit einer großen 3D-Feldkarte des Kontinents Kearny abgedeckt. Murchison warf im Vorübergehen einen kurzen Blick auf die Karte und erkannte die Oilfieldsküste und eine rote Markierung, die Balfour-Douglas 47 zu repräsentieren schien. Die Anwesenheit mehrerer anderer roter Punkte nicht weit entfernt verwirrte ihn kurz, da Balfour-Douglas keine Ölplattformen im betreffenden Gebiet besaß, an die er sich erinnern konnte. Aber er verdrängte die Frage. Momentan hatte er

Weitere Kostenlose Bücher