Schatten der Zitadelle (German Edition)
treffen die Flüsse die Seen,
wie er schwört, dass er bald zu ihr fährt.
Über die Hügel muss er geh'n.
Er schwört, dass er nicht eher fällt,
Weit von den Bergen und den Seen,
Bis er sie in seinen Armen hält.
Über die Hügel muss er geh'n.
Sie betet, dass er wiederkehrt.
So sicher treffen die Flüsse die Seen,
wie er schwört, dass er bald zu ihr fährt.
Über die Hügel...
Über die Hügel muss er geh'n...“
Als der Barde sein Instrument absetzte, schwebte Elune beinahe in einer anderen Wirklichkeit. Ohne, dass sie es bemerkt hatte, hatte sie die traurig-schöne Melodie so berührt, dass Tränen in ihren Augen standen.
"Das war wunderschön, Matthieu", schluchzte sie melancholisch. Hinter ihr hatten sich noch andere Zuhörer versammelt, die jetzt laut applaudierten.
"Vielen Dank." Er verbeugte sich und reichte der Elfe ein Tuch, damit sie ihr Gesicht abtropfen konnte.
Weil sich einige Schau- beziehungsweise Hörlustige im Kreis um den Sänger versammelt hatten, schlug er vor, sich irgendwo etwas abseits der Meute hinzusetzen.
Unter einer alten Eiche in der Nähe von Broxx' Elternhaus fanden sie schließlich die ersehnte Stille.
Ganz der Edelmann breitete Matthieu seinen Mantel aus, damit Elunes festliches Seidengewand nicht beschmutzt wurde.
Nachdem sie vorsichtig Platz genommen hatte, sog sie die klare Luft entfernt der vielen Leute ein.
"Schön hier."
"Nicht so schön wie deine Augen, wenn sich der Mond in ihnen widerspiegelt“, flüsterte der Barde.
Schüchtern wie ein junges Reh schlug sie die Lider nieder und hoffte, dass er nicht bemerkte, dass sie rot anlief. Sie besaß wenig Erfahrung in solchen Dingen, hatte sie doch ihr gesamtes Leben als Kriegerin verbracht.
"Danke."
"Ich sage nur die Wahrheit. Elune… vielleicht sehen wir uns heute das letzte Mal…"
Ein trauriger Glanz schimmerte in seiner Iris.
"Mein Vater sagte immer: Geh immer vom Besten aus, sonst wirst du nie etwas riskieren.
Und nur die Wagnis verleitet uns zu den Momenten im Leben, an die man sich gerne erinnert. Ich komme gewiss wieder."
Und obwohl sie vollkommen überzeugt klang, spürte sie dennoch den Zweifel tief in ihrem Innersten.
Auch Matthieu schien das zu bemerken, denn er rückte näher und nahm ihre Hand, streichelte sie sanft.
Ohne weitere Worte strich er vorsichtig eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht und wanderte weiter mit dem warmen Handrücken über ihre Wange.
Zittrig bewegte Elune ihr Gesicht auf den Sänger zu. Er nahm vorsichtig ihren Kopf und küsste sie zärtlich.
Als die Beiden auseinandergingen, wollte er etwas sagen, doch eine kratzige Stimme unterbrach ihn.
"Ach, da seid ihr beiden also! Ich habe schon überall nach euch gesucht."
Broxx trat aus der Dunkelheit auf sie zu. Er roch nach Alkohol und Schweiß, schien aber bei halbwegs klarem Verstand zu sein. Entweder er ignorierte die Tatsache, dass sie und Matthieu äußerst eng beieinander saßen absichtlich oder er bemerkte es in seinem angetrunkenen Zustand gar nicht.
"Freunde, ich muss euch um etwas bitten."
"Schieß los", antwortete Matthieu und richtete sich aufmerksam zuhörend auf.
"Sollte ich es bei dem Angriff nicht schaffen… bitte gebt auf meine Frau Acht.
Sie ist stark, aber sie wird jemanden Vertrautes brauchen. Tut mir diesen Gefallen, sie ist mein Ein und Alles."
"Selbstverständlich", erwiderten die beiden wie aus einem Mund.
"Ich danke euch. Und jetzt lasst uns zurück auf das Fest gehen und den Rest des Abends gemeinsam genießen. Es mag unser Letzter sein."
Nickend reichte Matthieu Elune die Hand und half ihr hoch, dann verließen sie den Platz unter der Eiche.
***
Nun saßen sie also im Dunkeln unter der Erde und warteten auf Einbruch der Nacht.
Letztendlich duldete der finale Kampf gegen den Schattenkönig - Broxx' Vater - keinen Aufschub mehr.
Einzig der Atem von mehreren hundert Kriegern der Mor'grosh und der Anu'bar durchbrach die Stille.
Die feuchte Kälte des Tunnels, der direkt in die schwarze Zitadelle hinein führte, kroch langsam durch die Kleidung des Sturmbringers und lähmte seine Glieder. Zitternd versuchte er sich warm zu reiben - vergebens.
Elune, die neben ihm saß, ging es nicht anders.
Sie, Margha, Zinaxz, Orth und Innah bildeten den Stoßtrupp, der mit Broxx schließlich bis zum König vordringen sollte. Dadurch, dass sich die Elfe in der Festung hervorragend auskannte, genossen die Angreifer einen enormen Vorteil. Sie sollten es leicht haben, bis zur
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