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Schatten der Zitadelle (German Edition)

Schatten der Zitadelle (German Edition)

Titel: Schatten der Zitadelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Mayerle
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Zitadelle...
     
    *** 
     
    "Broxx? Du erinnerst dich?", sagte die alte Mor'grosh plötzlich. Unheilvoll beugte sie sich vor, wobei die Runensteine an ihrer Kette aneinanderklirrten. "Du hast noch etwas zu beenden."
    Alle Farbe wich aus dem Gesicht des Halbork.
    "Das Ritual der Klarsicht...", flüsterte er atemlos. "Ich... Ich kann nicht."
    "Doch, du wirst", sagte die Stiefmutter bestimmend. "Es ist der letzte Schritt."
    Bevor Broxx etwas antworten konnte, warf Lurd verwirrt ein: "Was redet ihr eigentlich da?“
    Dora setzte zu einer Antwort an, doch Margha kam mir zuvor.
    "Im Volk der Mor'grosh... In meinem Volk", verbesserte sie sich, "ist es Brauch, ein dreiteiliges Ritual zu vollziehen, bevor man das Erwachsenenalter erreicht. Es besteht aus einer Prüfung der Stärke, dem Ritus des Bären, einer Prüfung der Geschicklichkeit, dem Ritus der Katze, und einer Prüfung der Weisheit, dem Ritus des Falken oder auch Ritus der Klarsicht. Allerdings…"
    "... ist Broxx vor dem letzten Teil der Prozedur vor fünfzehn Jahren aus unserem Dorf geflohen. Wir beginnen am besten sofort." Rasch erhob sie sich von der gedeckten Tafel. "Wer wird dich auf dem Weg begleiten, Broxx?"
    "Margha." Noch immer war er leichenblass.
    "Gut. Lurd, dann kommst du mit mir. In einer Stunde, ihr beiden."
    Mit dem Einrasten der Tür fühlte sich Broxx wieder etwas freier, dennoch zitterte er.
    "Margha. Du…"
    "Ich weiß", unterbrach ihn seine Gefährten. "Ich kenne den Ablauf des Rituals. Wo sind die Farben?"
    "Im Schrank, gleich hinter der Tür dort."
    Sie holte die Pigmente von verschiedenen Pflanzen.
    Broxx kniete sich auf den Boden, machte den Oberkörper frei. Er kontrollierte seine Atmung.
    Ruhig…
    Während Margha ihn in den Farben der einzelnen Riten - rot für den Bären, Gelb für die Katze und weiß für den Falken - bemalte, stellte sie schließlich die entscheidende Frage: "Warum bist du damals fortgelaufen?"
    Der Halbork zögere. Dann seufzte er:
    "Du musst wissen, ich fürchte Klarsicht mehr als alles andere. Es mag sein, dass sich irgendein unbedeutendes Ereignis aus der Zukunft sehe… oder jene unselige Nacht, in der der Wolfsdämon unser Dorf angriff. Und heute fürchte ich ihn mehr denn je. Was, wenn ich unser aller Unterjochung durch die Schatten sehe?“
    „Wieso weigerst du dich dann nicht?"
    „Irgendwie spüre ich, dass ich es tun muss. Nur so kann ich den richtigen Weg einschlagen."
    Dann setzte das Trommeln ein. Rhytmisch. Melodisch.
     

    Bumm. Bummbumm. Bumm. Bummbumm.
     

    Es war Zeit zu gehen.
    Die Luft draußen war frisch. Es dämmerte.
    Gemessenen Schrittes liefen die beiden zum Stammeszelt.
    Die Muster auf dem dicken Leder zeigten schon von Weitem die schamanistische Kultur der Mor'grosh. Runen, Bilder von Tiergeistern und Visionen schmückten die Wände.
    Als Broxx durch den Eingang trat, verstummten die Trommeln.
    Er kniete sich ans Feuer, gegenüber saßen Dora und die anderen Ältesten.
    Die Luft war nebelig, stickig.
    "Bist du bereit, Broxx, Sohn des Garthrak?", fragten die Schamanen im Chor.
    "Ja, das bin ich."
    "Dann lasst es beginnen."
    Zwei große, rauchende Schalen wurden vor das Paar gestellt. Plötzlich begannen die Mor'grosh zu singen. Eine längst vergessenen Sprache, deren Worte Bedeutung nur die Welt selbst kannte. Und sie wirkte.
    Immer schläfriger werdend schloss Broxx die Augen, wach, dennoch gleichzeitig weit weg…
     
    Die Trommeln setzten wieder ein.
     
    Bumm.
     

    Weißer Wald, hell erleuchtet.
    Er selbst in dunkler Gestalt.
    Bestimmung. Schicksal.

    Bummbumm.
     

    Eisiger Wind. Schwarze Mauern.
    Verlust. Endloses Leid.
    Schicksal. Bestimmung.
     

    Bumm.
     

    Hektik. Panik.
    Siegel. Zerstörung. Hektik.
    Ende…
    Bestimmung. Schicksal.
     

    Bummbumm.
     

    Rote Blitze. Die Welt brennt.
    Fliegendes Schiff. Zwei Riesen.
    Treppe, Rache.
    Schicksal. Bestimmung.
     

    Bumm.
     

    Warten. Kampf. Warten, Warten, Warten.
    Schmerz. Verlust. Tod.
    Zerrissene Welt. Verdunkelte Himmel.
    Bestimmung. Schicksal.
     

    Bummbumm.
     

    Bebend erwachte er aus der Trance.
    Neben ihm richtete sich oben Margha wieder auf, rieb sich die Augen.
    „Alles gut?“
    „Alles gut“, nickte sie verwirrt.
     

    Bumm. Bummbumm.
    Bumm. Bummbumm.
     
    Stille.
     

     

    ***
     
    Anschließend brachte Dora die Gefährten in ihr Quartier. Es war Broxx' Elternhaus, das sie bewohnen würden.
    So gut es ihm möglich war, unterdrückte er die aufsteigenden Erinnerungen und Emotionen, doch ganz konnte er sie nicht

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