Schatten der Zitadelle (German Edition)
lang dachte der Anführer der Gefährten nach. „So sehr es mich schmerzt, das zu sagen... Aber ich glaube nicht, dass wir Elune im Moment helfen können. Wir brauchen alle ein paar Tage Ruhe.“
„Da stimme ich dir zu. Meine Kräfte sind beinahe am Ende.“
„Wir sind nicht weit von meinem Heimatdorf entfernt. Höchstens eine Tagesreise...“, seufzte er und sein Blick schweifte dabei in die Ferne.
„Werden die Mor'grosh uns aufnehmen?“
„Ja... selbstverständlich. Doch ich fürchte die Rückkehr mehr als den Schattenkönig selbst.“
Margha stellte sich hinter ihn und legte ihm den Arm um die Hüfte.
„Jedermann muss sich eines Tages seinen Ängsten stellen.“
VII. Dorf der Mor‘grosh
Das Dorf lag in einem Tal, umrandet und geschützt von steilen Felshängen.
An der Klippe eben eines solchen stand Broxx und beobachtete, wie die Strahlen der Sonne langsam aber sicher die Ansammlung von Häusern erfassten, die Vertiefung in goldenes Licht tauchten und die Tiere und Mor'grosh dort unten weckten.
Nach über zwanzig Jahren vermittelte ihm die Schönheit der Natur immer noch jenes wohlige Gefühl, zuhause zu sein. Trotz all der schlechten Erfahrungen, die er mit dem Ort verband.
Jetzt gesellten sich auch die anderen zu ihm, die bis eben noch geschlafen hatten. An Lurds offenem Mund und Marghas strahlendem Gesichtsausdruck erkannte er, dass sie genauso begeistert waren wie er selbst.
Nachdem das Schauspiel vorbei und das Tal nun vollkommen erhellt waren, zogen die drei Gefährten weiter.
Ein schmaler Wildpfad wandt sich wie eine Schlange aus tausenden Kieselsteinen hinunter, bis sie das erste Haus erreichten. Die Wege zwischen den Häusern waren nicht weiter ausgebaut, sondern einfach von vielen Füßen in den Boden gestampft worden.
Broxx atmete tief durch und sog förmlich die nostalgisch vertraute Luft ein.
"Daheim. Endlich wieder daheim."
Margha lächelte verzaubert und gemeinsam genossen sie das Gefühl der Geborgenheit. Hier würden sie wie alle andern sein, zum ersten Mal. Broxx fühlte sich glücklich. Elunes Entführung vor wenigen Tagen rückte in weite Ferne.
Dann lief die Gruppe durch das ringförmig aufgebaute Dorf, bis sie ein dauerhaft aufgebautes Versammlungszelt, das Zentrum des Kreises, erreichten. Beim Eintreten schwang Broxx das starke Aroma von Duftkerzen und Kräuterrauch entgegen.
Lurd hustete und räusperte sich. Die stickige Luft schien ihm nicht zu bekommen.
Damit machte er die Mor'grosh in knöchellangen, beigen Roben, die gerade damit beschäftigt waren, Runen mit weißer Kreide auf den glatten Holzboden zu zeichnen, auf sich aufmerksam.
Sowohl die alte, grauhaarige Halborkin, deren Gewand zahlreiche Totems schmückten, als auch die Schamanennovizen rissen die Augen vor Erstaunen auf.
Ungläubig stammelte die Älteste: "Broxx? Bist du es wirklich?"
Der Mor'grosh fiel ihr in die Arme.
"Ja, Dora, ich bin es!" Freudentränen rannen den beiden die Wange hinab.
Als sie sich wieder voneinander lösten, sagte Broxx:
"Darf ich euch vorstellen? Das ist Dora. Sie hat mich aufgenommen, nachdem ich meine Eltern verloren hatte. Ich habe ihr viel zu verdanken."
Anschließend stellte er seiner Stiefmutter lächelnd seine Gefährten vor.
"Ich fasse es nicht. Nach so vielen Jahren… und du siehst so gut aus!", sagte Dora und zwang Broxx damit ein verlegenes Lächeln auf. "Aber, aber… jetzt habe ich ganz vergessen, dass die anderen dich sicher auch unbedingt sehen wollen werden. Setzt euch einfach und ich hole sie." Sie verwies auf einen runden Tisch mit haufenweise Stühlen drumherum.
Die Gefährten setzen sich und warteten, bis Dora mit vier weiteren Mor'grosh durch den Zelteingang trat. Alle umarmten sie Broxx und begrüßten die anderen herzlich.
Die Halborks waren Garona, Doras Tochter und Anführerin der Krieger und Jäger, Drommg, einer der wenigen Freunde aus Broxx' Kindestagen, Leraxx, der Stammesführer, der nach dem Verlust von Broxx' Eltern die Mor'grosh anführte, und der Stallmeister und Tierzüchter Moraxus.
Als sie sich gesetzt hatten, fragte Letzterer erstaunt:
"Wo hast du denn Theta gelassen, Broxx?"
Die Frage kann zwar erwartet, aber dennoch traf sie Broxx hart. Die gute Laune war verflogen.
Mit finsterer Miene antwortete er: "Sie... Ist tot."
Sofort nahm Dora ihn in den Arm. "Oh Nein! Es tut mir so leid! Wie ist das denn passiert? Willst du darüber sprechen?"
Und damit begann Broxx Erzählung von den Geschehnissen in und nach der
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