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Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Titel: Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian V Ditfurth
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Konzentrationslager, und künftig würden die geschätzten Kollegen ihn zitieren müssen, wenn sie nachweisen wollten, dass sie auf dem Stand der Forschung waren.
    Das Telefon klingelte.
    »Du empfindest mich hoffentlich nicht als aufdringlich«, sagte Carmen. Sie schlug vor, am Abend etwas essen zu gehen.
    »Gerne«, sagte er und freute sich. Ja, er mochte sie. Und er wusste, wie er diesen Anruf zu verstehen hatte.
    Sie verabredeten sich bei einem Vietnamesen in Universitätsnähe. Stachelmann kannte die Gaststätte nur von außen. »Wir haben darin mal einen von der Zigarettenmafia verhaftet, der sich seinen Konkurrenten mit einer .38er vom Hals geschafft hatte.« Sie lachte. »Dessen Essen roch so toll, ich habe es bis heute nicht vergessen.«
    »War Ossi dabei?«
    »Ja.«
    »Ich hoffe, ihr habt den Mann aufessen lassen.«
    »Natürlich nicht«, sagte sie. »Strafe muss sein. Lebenslänglich Gefängnisfraß.«
    Stachelmann spürte ein Kribbeln im Bauch, als er aufgelegt hatte. Sie gefiel ihm, er hatte es verdrängt, auch ihre Stimme. Er versuchte sich zu erinnern, wie sie roch, aber er schaffte es nicht. Dann dachte er an Anne, die ihn wieder enttäuschte. Oder enttäuschte er sie? Warum verstand sie ihn nicht? Er musste die Sache aufklären. Wusste sie nicht, was Freundschaft war? Sie hatte ihn praktisch rausgeschmissen, und wenn er nun ein schlechtes Gewissen bekam, dann lag es nicht daran, dass er an Carmen dachte, sondern an einer Gefühlsduselei, wie sie nur ihn plagen konnte. Sie hat dich rausgeschmissen, Mensch. Sie will nicht, dass du diese Morde aufklärst. Sie kann damit leben, dass ein Freund getötet wird und der Täter frei herumläuft. Und seit sie Felix geboren hat, den sie mit einem anderen Mann zeugte, interessiert sie kaum noch, was außerhalb ihrer Wohnung und vielleicht noch ihres Dienstzimmers geschieht. Das war doch anders, als wir uns kennen gelernt haben. Da hat sie mitgemacht und geholfen, den Holler-Fall zu lösen. Doch nun erinnerte er sich, sie hatte damals aufgehört zu suchen, als es spannend wurde. Vielleicht war sie auf besonders verwickelte Art ichbezogen, und er verstand sie deshalb nicht.
    Warum fiel ihm jetzt Regine ein? Sollte es ihn erinnern, wie er schon früher versagt hatte und es ihm nicht einmal gelang, nach Jahren darüber zu sprechen? Er hatte sich bei ihr entschuldigen wollen. Aber als die Gelegenheit gekommen war, hatte er geschwiegen, nicht durchgesetzt, dass sie darüber sprachen und er seine Schuld womöglich aus seiner Seele tilgen konnte. Vergiss es, sagte er sich und wusste doch, er würde es nie vergessen, es würde ihn manche Nacht nicht einschlafen lassen. Diese Sache war ihm nun gegenwärtiger als jemals zuvor.
    Wahrscheinlich versagst du auch bei Anne. Sie hätte das Kind nicht von einem anderen bekommen müssen. Du hast den richtigen Augenblick verpasst. Aber wolltest du jemals Vater werden? Er streckte den Rücken und starrte über den Computerbildschirm hinweg an die Wand. Nein, Vater wollte ich nicht werden. Vielleicht lag darin der Grund, warum es mit Anne immer wieder Streit gab, diese seltsame Form von Streit allerdings, bei der kaum etwas gesagt wurde, aber die Gedanken offen zutage traten, bei der in beider Köpfen die Meinungen aufeinander stießen, der Streit sich gewissermaßen verdoppelte, weil beide ihn für sich ausfochten. Immerhin eine Übereinstimmung, dachte Stachelmann und grinste grimmig. Aber nun hast du mich allein gelassen, nicht zum ersten Mal. Also musst du einrechnen, dass ich mir jemanden suche, der für mich da ist. Auch wenn ich gern allein bin, brauche ich doch jemanden, der mich liebt, wie ich bin. Ich weiß, es ist nicht einfach. Aber warum sollte es das sein?
    Arbeiten, weiterarbeiten. Er mühte sich, nicht über seine Erwartung an den Abend mit Carmen nachzudenken, doch es gelang ihm nicht. Stachelmann glaubte sich in einer Zeit der Entscheidung. In ein paar Tagen würde er bei der Polizei anrufen und fragen, wie es mit den Alibis von Detmold und Kipper stand. Heute Abend würde er eine Frau treffen, die ihm gefiel, seit er sie das erste Mal gesehen hatte. Und sie hatte ihn angerufen. Wenn ihm dann doch Anne einfiel, verscheuchte er das Bild und mit ihm die Trauer, die ihn ergreifen wollte. Doch hielt sich der Gedanke in seinem Hirn, er trage sie immer mit sich. Und fiel ihm ein, was sie hierzu und dazu gesagt hatte, und wusste er, was sie gesagt hätte, wenn er sie dies oder jenes gefragt hätte. Sie war verwachsen mit

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