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Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Titel: Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian V Ditfurth
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konnte es bedeuten? Er grübelte, fand aber keine Erklärung, die ihn überzeugte.
    Er verließ die Kammer, grüßte die Mutter in der Küche und ging in die Stadt. In einem teuren Weinladen kaufte er eine Flasche Grappa höherer Güte, die wollte er als Dankeschön hinterlassen. Dann schlenderte er am mächtigen Dom vorbei, Zinnen auf dem Dach, eher Zierde als militärischer Zweck. In der Sonne war es nicht auszuhalten, er suchte sich seinen Weg im Schatten. An einem Schaufenster mit Alabasterfiguren verweilte er, sie faszinierten in ihrer Hässlichkeit, diese Jungfrauen mit entblößtem Busen, sich windende Löwen, antike Athleten, die Sandalenfilmen entsprungen schienen. Unzählige dieser Skulpturen. Aber seine Gedanken ließen sich nicht daran hindern, nach Riparbello zu wandern.

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    16
    Es war mild, eine warme Brise wehte Meeresluft ins Land. Sie fuhren in Stachelmanns Mietwagen nach Riparbello. Sie war ihm nah und roch gut. Fast die ganze Zeit schwiegen sie, nur manchmal wies Eleonora den Weg, obwohl es zunächst nur geradeaus ging, von dem Ausläufer des Apennin mehr als fünfhundert Meter tiefer in die Ebene. Dann fragte sie: »Was wollen Sie machen, wenn es so ist, wie Sie glauben?«
    Stachelmann überlegte, dann sagte er: »Weiß ich noch nicht.«
    Sie schaute ihn verwundert an, erwiderte aber nichts.
    In einem Kreisel musste er links abbiegen und bald rechts, dann ging es wieder in die Berge, steil, aber nicht so hoch wie in Volterra. Als sie am Ortseingangsschild von Riparbello vorbeifuhren, zog sich ihm der Magen zusammen. Und wenn es umsonst war? Und wenn er einen Verbrecher traf, der ihn zum Schweigen bringen musste? Brachte er nicht Eleonora in Gefahr?
    »Sie hätten meinen Eltern nichts schenken müssen.«
    Aber er sah noch die Freude in den Augen des Vaters. »Ich weiß, aber es ist gut so.«
    Sie zeigte den Weg zu einem Parkplatz, wo Stachelmann den Seicento abstellte. Dann führte sie ihn eine kleine Straße hinauf, er begann zu schwitzen. »Wie heißt es? Ohne Fleiß keinen Preis?« Sie lachte leise.
    »So wäre es grammatikalisch richtig. Aber das Sprichwort schert sich nicht drum: kein Preis.«
    »Ihr Deutschen seid manchmal komisch.«
    »Hab ich nie bestritten.«
    »Da vorn ist es.«
    »Wir, äh, ich bin Tourist, Sie sind eine Bekannte, wir gehen was trinken, das Normalste der Welt, und schauen uns die Bar von innen an.«
    Draußen hing nur eine Holztafel an zwei Seilen an einer Stange, mit der Aufschrift Bar. Sonst nichts. Im Eingang Mückenschnüre, Stachelmann schob sie weg, ging hindurch und hielt sie offen für Eleonora. Seltsam, dass auf der Straße keine Stühle und Tische standen. Sie waren die einzigen Gäste, offenbar war es zu früh. Sie setzten sich an den Tisch in der Ecke. Gespannt starrte Stachelmann zum Tresen, aber dort war niemand. Er schaute Eleonora an, die hob die Schultern und die Hände.
    »Komisch«, flüsterte sie. »So leer.«
    Er nickte.
    An einer Wand hing ein Marienbild, an der anderen ein Kalender, das Monatsblatt zeigte eine barbusige Blondine. Der Kalender zeigte den Juni an. Am unteren Rand des Blattes hatte jemand etwas gekritzelt.
    Draußen knatterte ein Mofa vorbei. Der Schall drang durch die Mückenschnüre und verfing sich einen Augenblick im Gastraum. Er schmerzte in den Ohren. Hinter dem Tresen erkannte Stachelmann einen Durchgang, auch in ihm hingen Mückenschnüre. Dahinter tat sich etwas, die Schnüre bewegten sich. Dann wurden sie zur Seite gedrückt, eine Frau erschien. Sie fuhr sich mit der Hand durch lange schwarze Haare, sah ihre Gäste und kam gemächlichen Schrittes heran.
    Sie bestellten zwei Wasser und zwei Espressi.
    Die Frau schlappte zum Tresen, Stachelmann sah ihr nach, sie war klein und hatte ein breites Becken. Sie machte sich hinterm Tresen zu schaffen. Stachelmann und Eleonora schauten sich fragend an. Es zischte, dann schlug sie den Tresterbehälter auf eine Stahlkante, füllte ihn, drehte ihn ins Gewinde der Maschine, es zischte wieder. Sie stellte zwei Gläser und zwei Tassen auf ein Tablett, dann schlappte sie wieder heran und servierte wortlos.
    Stachelmann traute sich nicht, mit Eleonora zu sprechen. Er nippte am Espresso, sie tat es ihm nach.
    »Vielleicht fragen Sie?«, sagte Eleonora.
    In diesem Augenblick glaubte er, alles sei Unsinn. Es gibt hier keinen Detlef Köhler, und die Typen, die auf der Thingstätte gewesen waren, die gab es auch nicht mehr. Ossi hat sich selbst umgebracht, und er, Stachelmann, war ein

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