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Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Titel: Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian V Ditfurth
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sich auf den Weg. Es dauerte eine Weile, bis er in einer Seitenstraße die Kneipe fand, die Carmen ihm beschrieben hatte. Rauch und Gesprächslärm schlugen ihm entgegen, als er eintrat. Er ging herum und suchte sie, Carmen war nicht da. Er schaute auf die Uhr, es war noch nicht acht. Er fand einen freien Tisch in einer Ecke und setzte sich. Seine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit. Ein Mann mit einer Lederschürze kam und fragte nach der Bestellung. Stachelmann konnte wählen zwischen trockenem und lieblichem Rotwein. Er verkniff sich die Frage, was für ein Wein angeboten werde, und bestellte einen trockenen Roten.
    Plötzlich stand sie vor ihm. »Woran denkst du gerade?«
    Er fand die Frage nicht aufdringlich. »An meine Arbeit und dieses und jenes.«
    »Das Dieses und Jenes scheint dich ja schwer zu beschäftigen.« Sie hielt inne. »Entschuldige, es geht mich nichts an. Aber manchmal bin ich neugierig. Und wenn ich da in so ein Gesicht von jemandem schaue, der so abwesend ist, wie du es warst ...«
    »Berufskrankheit«, sagte Stachelmann. »Nicht nur ein Historiker, auch eine Kriminalpolizistin muss neugierig sein.« Sie hatte das gewiss schon tausendmal gehört. »Ich entschuldige mich jetzt für einen abgegriffenen Spruch.«
    »Nein, nein«, sagte sie. »Bei mir ist es so: Ich bin Polizistin geworden, um für meine krankhafte Neugier bezahlt zu werden. Wo kann man sonst ungestraft in anderer Leute Dinge herumwühlen und wird dafür sogar noch belobigt?«
    »Du lebst gewissermaßen pathologische Triebe aus auf Kosten der Allgemeinheit«, sagte er.
    Der Mann mit der Lederschürze unterbrach sie. Sie bestellte ein Glas Wasser. Der Kellner verzog die Miene kaum merklich, dann ging er.
    Stachelmann fiel auf, wie gut gelaunt sie zu sein schien. Ihr Freund hatte sich umgebracht, vor zwei Tagen erst. Sie war fertig gewesen, und jetzt sah sie aus, als wäre nichts geschehen.
    »Und wie ist das mit dem Geld?«, fragte er.
    »Ossi hat geerbt, mir hat er nichts verraten davon. Schon ein bisschen seltsam. Ich habe mich ihm geöffnet, ihm fast alles gesagt. Aber er hatte offenbar ein paar Geheimnisse. Das Erbe, die Heidelberg-Akten ... Hast du damit was anfangen können?«
    Stachelmann schüttelte den Kopf. »Wenig. Die Papiere in der Mappe befassen sich mit ollen Kamellen. Heidelberg, lange her. Interessant finde ich nur die Dokumente, die von diesem Thingstättenmord handeln. An den kann ich mich erinnern. Ich war zu dieser Zeit zwar nicht in Heidelberg, aber kurz danach, und da ging immer noch ein Rumoren durch die Studentenschaft. Ein Student wurde hingerichtet in der Thingstätte, einem Nazibau, Germanenkult und so weiter.«
    »Feme?«, unterbrach sie ihn.
    Er staunte, sie kannte diesen Begriff im Gegensatz zur Mehrzahl seiner Studenten.
    »Gut möglich. Jedenfalls hat Ossi oder wer auch immer in einem Artikel das Wörtchen ›nie‹ unterstrichen. Da steht sinngemäß: Der Mordfall wird wohl nie aufgeklärt werden.«
    »Das gibt's«, sagte sie.
    »Natürlich. Aber warum unterstreicht er das? Ich unterstelle mal, dass er es war.«
    Sie lehnte sich zurück und blinzelte ihn an. »Ist dir das noch nie passiert, dass du einen Kuli in der Hand hattest und beim Lesen ein Wort unterstrichen hast, einfach so, weil es dir auffiel? Vielleicht weil es auch deine Meinung ist. Oder das Gegenteil. Was für Gründe es immer geben mag, ein Wort zu unterstreichen. Du geheimnist da was hinein. Du kannst dir gar nicht vorstellen, auf was für bedeutungslose Seltsamkeiten man stößt bei Ermittlungen.«
    »Und die drei Raten von zehntausend Euro, wer hat die bekommen?«
    »Keine Ahnung, die Ex wohl nicht. Oder sie hat uns angelogen. Weil sie Angst hat vor dem Sozialamt. Oder mit der Sache nichts zu tun haben will. Oder glaubt, wir würden ihr vorwerfen, sie hätte ihn erpresst und in den Selbstmord getrieben. Da gibt es viele Gründe.«
    »Wie erklärst du den roten Fleck an der Schläfe?«
    Sie hob die Augenbrauen und senkte sie wieder. »Keine Ahnung. Zum Fleck sagt der Pathologe nicht viel. Hat sich gestoßen, schon ein kräftiger, lang anhaltender Druck auf eine Stelle kann genügen, um so einen Fleck hervorzurufen.«
    Warum bist du nicht mehr traurig?, hätte er fast gefragt. Aber es ging ihn nichts an. Vielleicht spielte sie ihre gute Laune nur, beherrschte sich, um ihn nicht zu belasten.
    »Und dieser Mord in Heidelberg?«
    »Das hat nichts damit zu tun. Ossi hat sich mit seiner Vergangenheit beschäftigt, bevor er sich

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