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Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Titel: Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian V Ditfurth
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umbrachte. Das ist wenigstens plausibel. Er hat sein Leben betrachtet, Bilanz gezogen und dann gefolgert, er müsse abtreten.«
    Soll ich jetzt sagen, ich kenne Ossi ein bisschen länger als du? Ich weiß, er würde sich nicht umbringen. Er hatte die Anerkennung seiner Kollegen genossen, war mit einer aufregenden Frau verbandelt, und es lagen viele Jahre vor ihm, in denen noch dieses oder jenes geschehen mochte. Aber vielleicht war das Unsinn. Es kommt nicht darauf an, wie die Dinge sind, sondern wie einer sie sieht.
    »Was überlegst du?«
    Sie war indiskret. Aber er nahm es ihr nicht übel. Sie durfte teilnehmen an seinem Innenleben, ein wenig. »Ich mag das noch nicht glauben mit dem Freitod.«
    »Ich eigentlich auch nicht. Aber wir beide machen den Fehler, uns einzubilden, alle möglichen Leute bringen sich um, nur unser Freund Ossi nicht. Bei dem sind wir uns sicher, vielleicht weil ja gerade wir zu tun haben mit ihm. Wir würden uns ja nie die Kugel geben ...«
    »Die Kugel nicht, aber was anderes, warum nicht?«
    Sie schaute ihn lange an. »Red keinen Unsinn.« Dann legte sie die Hand auf den Mund. »Entschuldigung, ich habe das nicht so gemeint. Du hast mich erschreckt.«
    »Warum, wenn man Bilanz zieht, und es kommt nur Mist heraus, und die Zukunft sieht schlecht aus? Dann mag man es für richtig halten, nicht weiterleben zu wollen.«
    »Und du denkst gar nicht an die anderen? Was du denen damit antust?«
    »Du bist Ossi also böse?«
    Sie sagte eine Weile nichts. Stachelmann sah ihre Augen glänzen.
    »Man muss doch berücksichtigen, wie die anderen es verstehen. Die machen sich Vorwürfe ...«
    »Vielleicht hat er es berücksichtigt und ist zum Ergebnis gekommen, dies sei weniger wichtig als die Gründe, die für einen Freitod sprechen.«
    »Ich finde es egoistisch. Einfach nur egoistisch.«
    »Finde ich nicht«, erwiderte Stachelmann. »Von außen betrachtet, mag es so aussehen, als hätte er keinen Grund gehabt. Aber wir wissen nicht, was in ihm vorgegangen ist.« Er trank einen Schluck. »Ich versteh dich richtig, ihr ermittelt nicht weiter.«
    »Nein, wir haben kein Indiz, das gegen Selbstmord spricht.«
    Sie hatte Recht. Aber vielleicht hing der Heidelberger Mord zusammen mit Ossis Freitod. Er sagte es ihr nicht, sie würde ihn für verrückt halten. Carmen stand auf und ging zur Toilette. Er sah ihr nach, sie hielt sich gerade und wiegte leicht in den Hüften. Sie erschien ihm fast zerbrechlich.
    Sein Blick schweifte von Tisch zu Tisch und blieb am Tresen hängen, wo ein Pärchen sich betrunken stritt. Sie zischte, ihm gelang es nicht, leise zu bleiben. Seine Zunge war schwer. Als Carmen zurückkam, sah er, ihre Fröhlichkeit war aufgesetzt gewesen. Sie hatte einen leeren Blick. Die Erschöpfung, die Trauer.
    »Warum hat er das Spray benutzt? Tramal allein hätte genügt«, fragte Stachelmann.
    »Er wollte nicht wieder aufwachen. Als Polizist erlebt man es immer wieder, dass Leute sich umbringen wollen und es nicht schaffen. Also hat er sich quasi doppelt getötet, ein Insulinschock und das Schmerzmittel. Er hatte vielleicht auch Angst vor den Schmerzen eines Insulinschocks. Da wirkt so eine Kombination recht gut, sagen die Ärzte.«
    Wenn es für alles eine gute Erklärung gab bei dieser Sache, warum dann am Freitod zweifeln?
    »Morgen wird der Staatsanwalt erklären, dass die Ermittlungen eingestellt werden. Ich hatte es schon vorher erwartet. Aber sie prüfen besonders genau, das Opfer ist Polizist. Der Staatsanwalt hat nichts Handfestes, das ihn veranlassen könnte, anders zu entscheiden. Ich werde wohl immer zweifeln. Aber die Vernunft ...« Sie brach ab. Dann sagte sie: »Bringst du mich nach Hause?«
    Er schaute sie eine Weile an. Ihre Blicke begegneten sich. In ihren Augen las er etwas, das er nicht verstand. »Ich bin so allein«, sagte sie. Es klang so wie: Er hat mich sitzen gelassen.
    »Ich bring dich nach Hause.« Er winkte dem Lederschürzenmann, bezahlte für beide. Sie hakte sich ein und führte ihn zu ihrem Polo. »Fahr du bitte«, sagte sie.
    Unterwegs lotste sie ihn. »Fährst du in Urlaub?«, fragte sie dann.
    »Nein.«
    »So viel zu tun?«
    »Ja. Vielleicht fahre ich ein paar Tage nach Heidelberg.« Als er es sagte, wusste er, er würde fahren.
    Er spürte, wie sie ihn von der Seite ansah. »Warum?«
    »Alte Zeiten.«
    »Ossi hat darin gelebt, manchmal jedenfalls.«
    »Er war ein toller Hecht, damals. Entschuldigung, nicht nur damals.«
    »Ist schon gut.«
    In Rahlstedt ließ sie

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