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Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Titel: Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian V Ditfurth
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den Schlaf.
    Aber er schlief nicht ein, die Schlägerei hielt ihn wach. Er versuchte wieder und wieder einen Anhaltspunkt zu finden, einen Grund oder einen Anlass, vielleicht einen Fehler, den er gemacht hatte, um die Gewalttat heraufzubeschwören. Aber er fand nichts. Nicht er hatte den Mann angerempelt, sondern der ihn. Und dann hatten sie ihn angegriffen. Als das Licht im Fenster aufflammte, hatten sie ihn losgelassen und waren ruhig gegangen, nicht geflohen. Als wäre nichts geschehen. Betrachtete man die Abfolge, dann war die Prügelei für die beiden Männer ein beiläufiges Ereignis.
    Dann schlief er doch ein, aber nur kurz. Er blinzelte in die Dunkelheit und begriff nach kurzem Erschrecken, wo er war. Erst überlegte er, ob er die Nachtschwester herbeiklingeln sollte, aber dann überließ er sich seinen Erinnerungen. Ihm fiel der Abschied von Anne ein. Wie sie ihn fast kühl auf den Mund geküsst und ihm betont gelassen Erfolg gewünscht hatte bei seiner Arbeit. »Und wenn du fertig bist, reden wir mal«, hatte sie gesagt. Es klang bedrohlich, auch wenn ihr Tonfall freundlich war. Er hatte seine Reise nach Heidelberg angedeutet, aber darauf war sie nicht eingegangen.
    Dann schlief er wieder ein, wachte auf, sah die Morgendämmerung, döste, bis die Tür aufsprang und eine Krankenschwester mit einem donnernden »Guten Morgen!« hereinstürmte, um gleich zu fragen: »Wie geht es uns denn heute?«
    »Wie es Ihnen geht, weiß ich nicht. Wie es mir geht, weiß ich erst nachher. Dazu muss ich nämlich erst aufwachen.«
    »Dafür, dass Sie noch schlafen, sind Sie aber schon ziemlich wach.«
    »Dann warten Sie erst mal ab, wie ich sein werde, wenn ich wach bin.«
    »Sie machen mir Angst.«
    »Gut so«, sagte Stachelmann grimmig. »Nach dem Frühstück möchte ich dann Ihr Domizil verlassen.«
    »Nicht so eilig, junger Mann. Bis zur Visite müssen Sie schon noch warten.« Die Schwester war vielleicht halb so alt wie Stachelmann.
    »Müssen tu ich nix müssen, aber ich werde dem Doktor den Gefallen tun.«
    Sie prustete und verschwand. Gleich kam sie wieder mit einem Tablett und einem kargen Frühstück. Zwei Scheiben Graubrot, abgepackte Margarine, Marmelade im Plastikdöschen, Tee fast ohne Geruch. »Dann lassen Sie es sich mal schmecken«, sagte sie grinsend.
    »Bestimmt«, erwiderte Stachelmann. »Diesem köstlichen Mahl kann ich nicht widerstehen.«
    Lustlos schmierte er sich Margarine und Marmelade auf eine Brotscheibe und aß. Dann trank er einen Schluck Tee und legte sich wieder hin. Sein Telefonat mit Regine fiel ihm ein, es war seltsam gewesen. Wie kam Ossi dazu, Stachelmanns Anruf anzukündigen? Er versuchte, sich an den Wortlaut des Gesprächs zu erinnern.
    »Nochmal, Ossi hat gesagt, ich würde dich bald anrufen?«, fragte Stachelmann.
    »Ja, so ähnlich. Ich weiß nicht, um was es ging. Ich habe auch nicht nachgefragt.«
    Stachelmann versuchte nicht beleidigt zu sein. Interessierte sie es wirklich nicht? »Ich rufe nicht nur an, ich komme demnächst.«
    »Ach.«
    »Ob wir uns sehen können? Bist du die kommenden Tage in Heidelberg?«
    Sie zögerte, dann sagte sie: »Ja.« Noch eine Pause. »Aber ich habe viel zu tun.«
    »Ich melde mich dann«, sagte Stachelmann. Und er dachte: Wenn du nicht willst, bitte, dann eben nicht. Aber dann fiel ihm ein, er hatte noch etwas zu klären. Also würde er sie noch einmal anrufen. Wenigstens das.
    Der Arzt hatte die Figur eines Bodybuilders und streichholzkurze Haare. »Dr. Stachelmann, Sie sind Kollege?«
    »Nein, Historiker. Verprügelter Historiker.«
    »Ich wusste bisher nicht, dass sich Historiker gerne schlagen. Man lernt ja immer dazu. Scherz beiseite. Es ist mit ein paar Prellungen und Hämatomen abgegangen« – Stachelmann überlegte kurz, ob er einen bedauernden Unterton gehört hatte oder der Arzt seine Patienten lieber in Teilen angeliefert bekam –, »aber für eine Strafverfolgung sollte es reichen. Die Schwester sagt, Sie schätzen unsere Gastfreundschaft nicht?«
    »Doch, doch, aber nur für begrenzte Zeit. Und die ist jetzt um.«
    Der Arzt lächelte. »Wir sind ja auch angehalten, Betten schnellstmöglich frei zu machen. Wenn Sie wollen, können Sie gleich gehen.« Er reichte Stachelmann die Hand, sie war erstaunlich weich und ein wenig feucht.
    Stachelmann zog seine verschmutzte Kleidung an und entdeckte ein Loch im Hosenknie. Er hatte nur eine zweite Hose im Hotelzimmer und würde sich eine neue kaufen müssen. Stachelmann hatte Schmerzen beim

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