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Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Titel: Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian V Ditfurth
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doch nur die Tür zum Bildarchiv aufgeschlossen. Wir haben uns nicht einmal unterhalten über irgendetwas, das einen Mörder interessieren konnte. Wahrscheinlich ist er hinter mir her, seit ich in Ossis Wohnung war. Nur, wie konnte er auf meine Spur kommen? Über Carmen? Quatsch, das ist Blödsinn. Vielleicht hatte er Ossis Wohnung überwacht und mich zusammen mit Carmen gesehen. Aber wie konnte er wissen, wer ich bin? Er musste mich doch für einen Polizisten halten, der sich noch einmal die Wohnung anschauen wollte. Es sei denn, ja, es sei denn, er kannte mich schon. Dann kannte er Ossi und mich. In Hamburg gab es kaum jemanden, der wusste, dass ich Ossi kannte. Ein paar Polizisten, vielleicht dieser und jener am Seminar, und das war es schon. Aber mit dem Historischen Seminar in Hamburg hatte Ossi nie etwas zu tun gehabt. Nach menschlichem Ermessen kam ein Hamburger Kollege nicht infrage. Er betrachtete noch einmal das Bild in der Zeitung. Sie sah jünger aus, hübscher, nicht so griesgrämig, wie sie sich gegeben hatte. Er hätte gern erfahren, was sie so verbittert hatte, dass sie auf dem Foto schlecht wieder zu erkennen war. Aber sie war es, sie starb, nachdem er sie aufgesucht hatte.
    War der Überfall auf mich am ersten Abend in Heidelberg die Warnung gewesen? Wenn du hier bleibst und herumschnüffelst, werden schreckliche Dinge geschehen. Aber warum wurde nicht er ermordet? Warum diese unschuldige Frau aus der Lokalredaktion der RNZ?
    Er griff zum Telefonhörer und wählte Carmens Nummer im Präsidium. Sie nahm gleich ab. Statt einer Begrüßung sagte er: »Sie haben hier eine Frau ermordet. Eine Sekretärin, die das Bildarchiv verwaltet hat. Bei der Rhein-Neckar-Zeitung.«
    »Beruhige dich, Josef«, sagte sie. Erst jetzt merkte er, wie durcheinander er war. »Der Reihe nach, Josef.«
    Er konzentrierte sich und erzählte, was geschehen war.
    »Du musst zur Polizei«, sagte sie.
    »Ich weiß jetzt schon, dass die mich für verrückt halten werden. Aber das bin ich ja gewohnt.«
    »Nein, nein. Die werden dir dankbar sein. Ich rufe die Kollegen an und warne sie vor. Vor allem sage ich Ihnen, sie sollen dich ernst nehmen.«
    »Danke.« Sie nahm ihm eine Last ab. »Du wärst besser hier.«
    Sie schwieg eine Weile. »Du kriegst das hin, bestimmt.«
    Nach dem Telefonat quälte er sein Hirn, um schlau zu werden aus dem, was geschehen war. Aber er fand keine bessere Erklärung als die, dass er verfolgt wurde. Hat einer der Männer, die ihn verprügelt hatten, hinter dem Steuer des Nissan gesessen, mit dem Monika Brettschneider abgedrängt wurde? Er dachte an Frau Schmelzer, die nun auch in Gefahr war. Stachelmann zog sein Jackett an und rannte die Hoteltreppe hinunter. Er hatte Glück, draußen wartete ein Taxi.
    »Zum Polizeipräsidium, Rohrbacher Straße«, sagte er.
    »Römerstraße«, sagte der Taxifahrer, ein Türke, jedenfalls hing eine kleine Flagge mit Mondsichel und Stern am Rückspiegel.
    »Polizeipräsidium«, wiederholte Stachelmann.
    »Römerstraße«, sagte der Taxifahrer. »Da sind die jetzt. Und das heißt Polizeidirektion. Nur die Mannheimer« – er sagte »Monnemer« – »sind so großartig, dass sie ein Präsidium haben. Die Stuttgarter natürlich auch.« Er sagte »aa« statt »auch«.
    »Aha«, sagte Stachelmann. »Dann fahren Sie mich bitte zur Polizeidirektion.«
    Es dauerte fünf Minuten, dann stand Stachelmann an der Pforte. »Sie werden erwartet«, sagte der Mann hinter dem Glas. »Zimmer 204, zweiter Stock.« Er zeigte zur Aufzugstür.
    Im zweiten Stock fand er gleich das Zimmer. Er klopfte und trat ein. Zwei Beamte saßen sich gegenüber an zusammengeschobenen Schreibtischen. Sie sahen sich zum Verwechseln ähnlich, klein, drahtig. Erst bei genauem Hinsehen erkannte Stachelmann die Unterschiede. Am auffälligsten war der Bart, den der Mann trug, der sich als Schmidt vorstellte. Der andere hieß Fath.
    Schmidt sagte in bemühtem Hochdeutsch, in dem doch der Dialekt durchklang: »Unsere Hamburger Kollegin hat uns informiert. Sie haben der Hamburger Kripo in den letzten Jahren ein wenig geholfen. Hatten Sie einen Unfall?«
    Stachelmann hätte erwidern können, zwei Mordfälle wären kaum gelöst worden ohne seine Hilfe. Aber er begriff gleich, dass er sich unbeliebt machen würde, weil die Polizei es als Versagen empfinden müsste, auf die Unterstützung eines Amateurs angewiesen zu sein. »Ein bisschen«, sagte er. »Eher zufällig.«
    Fath zeigte auf einen Stuhl. Stachelmann setzte sich.

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