Schatten des Wolfes - Schatten des Wolfes - Cry Wolf (Alpha & Omega 1)
dass er seine Zurückgezogenheit nicht irgendwann bis zum Selbstmord trieb. Er hatte ein paar dieser Zeiten gehabt, seit er nach Aspen Creek gekommen war. Als sie die ersten Male aufgetaucht war, hatte er sich gefragt, ob der Marrok sie geschickt hatte, sich davon zu überzeugen, dass er immer noch genügend bei Verstand war, um am Leben zu bleiben. Wenn das der Fall war, war es nur umsichtig gewesen, und er hatte längst aufgehört, sich daran zu stören.
»Ich bin hier«, sagte er, ohne auch nur lauter zu werden. Sie würde ihn auch hören, wenn er flüsterte, und er hatte genug davon, so zu tun, als wäre er ein Mensch.
Er blickte nicht von seiner Arbeit auf, als sie hinter ihn trat. Sein Maßstab für Schönheit hatte sich im Lauf der Jahre erweitert, aber selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätte Sage alle Alarmglocken in ihm zum Klingen gebracht.
Sarai hatte ihm oft Kopfnüsse verpasst, weil er sich nach anderen Frauen umdrehte, obwohl sie gewusst hatte, dass er sie niemals betrügen würde. Jetzt, da es sie nicht mehr
gab, schaute er selten auch nur hin. Zu flirten gab ihm nicht das Gefühl, seiner toten Gefährtin untreu zu werden, aber er hatte festgestellt, dass ihm die Kopfnüsse schrecklich fehlten. Selbstverständlich hatte er sich mit Vergnügen seiner Vergangenheit gestellt, als er die Gelegenheit sah, den so gefasst wirkenden Charles gegen sich aufzubringen.
»Heh, ’Sil. Du lächelst - ist jemand gestorben?« Offensichtlich erwartete sie nicht, dass er das beantwortete, sondern fuhr fort: »Gibt es hier etwas, das ich tun kann?«
»Ich schneide welke Blüten ab«, sagte er. Obwohl sie das auch gut selbst sehen konnte.
Manchmal ging ihm das alles so auf die Nerven - sinnlose Gespräche, die jene nachäfften, die er tausendmal geführt hatte. Genau, wie er der Leute müde wurde, die die gleichen Themen immer wieder durchkauten.
Er fragte sich, wie es Bran gelang, sich gegenüber den kleinen Problemchen seiner Leute immer erstaunt und interessiert zu zeigen. Dennoch, dachte Asil mit einer Spur bitterer Heiterkeit, die sich gegen ihn selbst richtete, ich kann des Lebens noch nicht so müde sein, denn ich habe nach dem Ring gegriffen, den Bran mir zugeworfen hat.
Sage ignorierte mit gnadenloser Fröhlichkeit, wie barsch er war. Das gehörte zu den Dingen, die er an ihr mochte - dass er sich bei ihr nicht ununterbrochen für seine heftigen Stimmungsschwankungen entschuldigen musste.
Sie zog ihre Jacke aus und legte sie rechts von ihm hin, um an der nächsten Reihe von Büschen zu arbeiten, also wusste er, dass sie in der Stimmung für eine ausführliche Unterhaltung war. Ansonsten hätte sie auf der anderen Seite der Büsche begonnen, wo sie ihm nicht in den Weg geraten würde.
»Und, was hältst du von Charles’ Gefährtin?«, fragte sie.
Er knurrte. Es war boshaft von ihm gewesen, Brans Jungen zu necken, aber er hatte einfach nicht anders gekonnt - Charles geriet nicht oft aus dem Gleichgewicht. Und Anna erinnerte ihn so sehr an seine Sarai, nicht im Aussehen - Sarai war beinahe so dunkel gewesen wie er selbst -, aber sie hatten die gleiche innere Gelassenheit.
»Ich jedenfalls mag sie«, stellte Sage fest. »Sie hat mehr Rückgrat, als man annehmen würde, wenn man hört, wie ihr alter Alpha sie missbraucht hat.«
Das schockierte ihn. »Er hat eine Omega missbraucht?«
Sie nickte. »Jahrelang. Leo muss wirklich schlimm gewesen sein - hat sein halbes Rudel umgebracht oder es von seiner verrückten Gefährtin erledigen lassen. Er hat sogar einem seiner Wölfe befohlen, Anna ohne ihre Erlaubnis zu verändern. Was ich nicht verstehe, ist, wieso Charles nicht das gesamte Rudel getötet hat; keiner von denen hat irgendwas getan, um sie zu schützen. Wie schwer kann es sein, zum Telefon zu greifen und Bran anzurufen?«
»Wenn Leo ihnen befohlen hat, es nicht zu tun, wären sie nicht imstande dazu gewesen«, sagte Asil zerstreut. Er hatte Leo, den Alpha in Chicago, kennengelernt und ihn gemocht. »Nicht, wenn sie nicht annähernd so dominant waren wie Leo - und das ist unwahrscheinlich.«
Leo war ein starker Alpha gewesen, und Asil hätte geschworen, dass er ein ehrenhafter Mann war. Vielleicht hatte Sage ja irgendetwas falsch verstanden. Asil schnitt ein paar weitere Blüten mit braunen Rändern ab, dann fragte er: »Weißt du, wieso Leo diese Dinge getan hat?«
Sie blickte von ihrer eigenen Arbeit auf. »Ich glaube, seine
Gefährtin hat vom Alter den Verstand verloren. Sie war
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