Schatten des Wolfes - Schatten des Wolfes - Cry Wolf (Alpha & Omega 1)
er.
»Ich muss wissen, wie Leos Rudel funktioniert«, sagte er geduldig, obwohl ihm das im Augenblick vollkommen egal war. »Ich würde mir lieber zuerst durch dich einen Eindruck verschaffen, und dir dann Fragen stellen. Es wird mir eine bessere Einsicht in das geben, was Leo tut und warum.«
Anna sah ihn argwöhnisch an, aber er hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Sie konnte immer noch den Zorn in der Luft spüren, aber vielleicht war das auch nur ein Überrest von Justins Besuch. Charles war ebenfalls erregt - und sie stellte fest, dass sie darauf reagierte, obwohl sie wusste, dass das unter Angehörigen des männlichen Geschlechts eine häufige Reaktion auf einen Sieg bei einer Konfrontation war. Er ignorierte es, also konnte sie das auch.
Sie holte tief Luft, und sein Duft füllte ihre Lungen.
Nervös räusperte sie sich und versuchte, den Anfang ihrer
Geschichte zu finden. »Ich habe in einer Musikalienhandlung im Loop gearbeitet, als ich Justin kennen lernte. Er sagte, er spiele Gitarre, so wie ich, und er kam mehrmals in der Woche, kaufte Saiten, Noten... Kleinigkeiten. Er flirtete mit mir und neckte mich.« Sie schnaubte, gereizt über ihre eigene Dummheit. »Ich hielt ihn für nett. Als er mich fragte, ob ich mit ihm Mittagessen gehen würde, sagte ich ›ja, sicher‹.«
Sie schaute Charles an, aber er sah aus, als wäre er möglicherweise eingeschlafen. Die Muskeln in seinen Schultern waren entspannt, sein Atem ruhig und zügig.
»Wir gingen ein paar Mal zusammen aus. Schließlich brachte er mich zu diesem kleinen Restaurant in der Nähe des Waldes, in einem Naturschutzgebiet. Nach dem Essen führte er mich nach draußen zu einem Spaziergang im Wald. ›Um den Mond anzusehen‹ sagte er.« Selbst jetzt, nachdem dieser Abend lange vorbei war, konnte sie die Anspannung in ihrer Stimme fühlen. »Er bat mich, einen Moment zu warten und erklärte, er werde sofort zurückkommen.«
Er war aufgeregt gewesen, erinnerte sie sich, beinahe hektisch vor lauter unterdrückten Gefühlen. Er hatte seine Taschen getätschelt, dann behauptet, etwas im Auto gelassen zu haben. Sie hatte sich Gedanken gemacht, dass er einen Verlobungsring holen wollte. Während sie auf ihn wartete, hatte sie überlegt, wie sie ihn auf vorsichtige Weise abweisen konnte. Sie hatten nur sehr wenig gemeinsam, und die Chemie zwischen ihnen stimmte überhaupt nicht. Er schien nett zu sein, aber sie hatte langsam das Gefühl, dass etwas an ihm auch ein wenig seltsam war, und ihr Instinkt sagte ihr, sie solle die Beziehung abbrechen.
»Er brauchte länger als eine Minute, und ich wollte gerade selbst zum Auto zurückkehren, als ich etwas im Gebüsch hörte.« Ihre Gesichtshaut kribbelte vor Angst, genau, wie sie es in jener Nacht getan hatte.
»Du wusstest nicht, dass er ein Werwolf war?« Charles’ Stimme erinnerte sie daran, dass sie sich sicher in ihre Wohnung befand.
»Nein. Ich dachte immer, Werwölfe gäbe es nur in Geschichten.«
»Was geschah nach dem Angriff?«
Sie brauchte ihm nicht zu sagen, wie Justin sie über eine Stunde lang verfolgt hatte, wie er sie jedes Mal vom Rand des Schutzgebietes wieder nach innen getrieben hatte, wenn sie kurz davor stand, auszubrechen. Charles wollte nur über Leos Rudel Bescheid wissen. Anna verbarg ihren erleichterten Seufzer.
»Ich wachte in Leos Haus auf. Er war zuerst aufgeregt. Es gab nur eine andere Frau im ganzen Rudel. Dann entdeckten sie, was ich bin.«
»Und was bist du, Anna?« Seine Stimme war wie Rauch, dachte sie, sanft und gewichtslos.
»Unterwürfig«, sagte sie. »Die Unterste der Unteren.« Und dann, weil seine Augen immer noch umschattet waren, fügte sie hinzu: »Nutzlos.«
»Das ist es, was sie dir gesagt haben?«, fragte er nachdenklich.
»Es ist die Wahrheit.« Sie hätte aufgeregter sein sollen - selbst wenn Wölfe sie nicht direkt verachteten, behandelten sie sie bestenfalls mit Mitleid. Aber sie wollte auch nicht dominant sein und Anteil an den Spielen und offenen Kämpfen haben, die dazu gehörten.
Er sagte nichts weiter, also fuhr sie mit ihrer Geschichte
fort und versuchte, ihm alle Einzelheiten zu schildern, an die sie sich erinnern konnte.
Er stellte ein paar Fragen. »Wer hat dir geholfen, den Wolf beherrschen zu lernen?« (Niemand, das hatte sie selbst getan - wieder ein Makel, der zeigte, dass sie nicht dominant war, hatten sie gesagt.)
»Wer hat dir die Telefonnummer des Marrok gegeben?« (Leos Dritter, Boyd Hamilton.)
»Wann und warum?«
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