Schatten des Wolfes - Schatten des Wolfes - Cry Wolf (Alpha & Omega 1)
draußen gewesen und hatte seine Nichte geholt.
Seine Haut war keltisch-blass mit Sommersprossen auf den Wangenknochen. Mit seiner Haarfarbe und den scharfen Zügen hätte auch ebenso gut »Ire« auf seiner Stirn tätowiert sein können. Er roch nach alten Räucherstäbchen über einem angenehmen erdigen Geruch, den sie nicht ganz einordnen konnte. Er sah zehn oder fünfzehn Jahre jünger aus als seine Nichte, und das Einzige,
was sie gemeinsam hatten, war das klare Grau ihrer Augen.
Nach einem kurzen Blick auf Charles wandte Tag seine Aufmerksamkeit wieder dem Fernseher zu und betrachtete den Rest der Explosion, dann richtete er die Fernbedienung auf den Apparat und hielt den Film an.
»Aha«, sagte er mit überraschend hoher Stimme. »Du riechst nicht nach Tod.« Es war kein Sopran, aber man erwartete, dass die Stimme eines so großen Mannes grollte wie eine Basstrommel. Tag klang eher wie eine Klarinette, eine amerikanische Klarinette, und er sprach so klar und akzentfrei wie ein Fernsehansager.
»Wenn Heathers Freund den Mund halten kann, wird er in Sicherheit sein«, sagte Charles. »Wir brechen morgen früh zur Jagd auf. Ich wäre dir dankbar, wenn du ein paar Dinge für mich tun könntest.«
Die entspannte Pose war nur Täuschung gewesen, erkannte Anna, als der andere Werwolf sich aufsetzte, auf den Sitz der Couch rutschte und diesen Schwung nutzte, um auf die Beine zu kommen - alles mit der beherrschten Geschwindigkeit und der Geschmeidigkeit eines ausgebildeten Tänzers.
Wenn er stand, nahm er mehr als seinen Teil des kleinen Raums ein. Anna trat unwillkürlich einen Schritt zurück, was offenbar keiner der beiden Männer bemerkte.
Er grinste, aber sein Blick war argwöhnisch, und er ließ Charles nicht aus den Augen. »Also gut, solange du meinen kleinen Freund nicht umbringst, werde ich dir gerne helfen.«
»Ich hoffe, Heather und du könnt mir auf der Karte zeigen, wo sie genau waren, als sie angegriffen wurden. Vielleicht kann sie auch angeben, wo das andere Opfer des
Werwolfs gewesen ist - und auch, wo der Student angefallen wurde.« Charles warf einen Blick zurück zu Anna, musterte sie unpersönlich von oben bis unten und wandte die Aufmerksamkeit wieder dem Mann zu. »Und dann geh bei Jenny vorbei und sieh, ob sie ein paar schmutzige Kleidungsstücke hat, etwas, dass sie vollgeschwitzt hat.«
Der Wolf kniff die Augen zusammen. »Du willst diese Geruchssache machen? Jennys Harrison ist etwa so groß wie du. Willst du, dass ich ein paar von seinen Sachen für dich mitbringe?«
»Das wäre gut. Wir treffen uns in ein paar Stunden mit der Karte und der Kleidung bei mir zu Hause.«
»Bran wird Heathers Mann wirklich nicht hinrichten.« Das war eine Aussage, aber es lag doch eine Spur von Unsicherheit in Tags Stimme.
Charles zuckte die Achseln. »Jedenfalls nicht sofort. Solange er nicht irgendwas Dummes tut.«
Das klang für Anna nicht gerade tröstlich, aber Tag schien es so zu betrachten.
»Also gut«, sagte er mit einem Nicken. »Wir sehen uns in ein paar Stunden.«
Charles parkte das Humvee vor dem Haus, wahrscheinlich, weil es nicht in die Garage gepasst hätte. Er war zu diesem Zeitpunkt steif und hinkte, aber als Anna versuchte, ihm die Päckchen abzunehmen, die sie im Laden gekauft hatten, sah er sie nur an. Sie hob ergeben beide Hände und ließ ihn alles selbst ins Haus bringen.
Er hatte nichts Persönliches gesagt, seit sie das Arbeitszimmer seines Vaters verlassen hatten.
»Vielleicht solltest du jemand anderen mitnehmen«, sagte sie schließlich, nachdem sie die Winterkälte ausgeschlossen
hatten. »Ein anderer Wolf würde vielleicht hilfreicher sein.«
Charles drehte sich zu ihr um und sah ihr ins Gesicht. Er zog langsam die Handschuhe aus und starrte sie weiter an, die Augen schwarz in dem trüben Licht des Hauses. Sie hielt seinen Blick einen Atemzug oder zwei, bevor sie ihren senkte.
»Ich mag es nicht, Verstärkung mitzunehmen, wenn ich töten soll«, sagte er einen Moment später. »Viele Wölfe neigen dazu, dabei Mist zu bauen.«
Er zog seine Jacke aus und legte sie bewusst über die Rückenlehne der Couch. »Das hier ist ein Werwolf, der Menschen umbringt. Es könnte jemand sein, der von Leuten dorthingeschafft wurde, die vorhaben, die Pläne meines Vaters, was die Werwölfe in der Öffentlichkeit betrifft, zu enthüllen. Daran habe ich jedenfalls gedacht, aber ich glaube nicht, dass das der Fall ist. Jemand müsste schon sehr verzweifelt sein, um sich um diese
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