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Schatten des Wolfes - Schatten des Wolfes - Cry Wolf (Alpha & Omega 1)

Titel: Schatten des Wolfes - Schatten des Wolfes - Cry Wolf (Alpha & Omega 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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dahin nicht gefunden hat, hören wir auf, Menschen zu sein, und jagen ihn.« Er zuckte die Achseln. »Diese Bergkette erstreckt sich über zweihunderttausend Quadratmeilen, also könnten wir eine Weile brauchen, um ihn zu finden, wenn er sich versteckt. Wenn er sein Territorium bewacht und uns für menschliche Eindringlinge hält, wird er uns jagen und uns eine Menge Zeit und Anstrengung ersparen.«
     
    Anna war als Kind und Jugendliche hin und wieder mit ihrer Familie in Wisconsin zum Campen gewesen, aber nicht an so isolierten Orten wie diesem. In der eisigen Luft froren ihr die Nasenlöcher zusammen, wenn sie zu tief einatmete, und die Ränder ihrer Ohren wurden kalt, bevor Charles ihr ihre Mütze tiefer über den Kopf zog.

    Sie liebte es.
    »Wir müssen langsam bleiben«, sagte Charles. »So dass wir nicht nur wie Menschen riechen, sondern auch so aussehen.« Aber das Tempo, das er anschlug, kam ihr doch ziemlich schnell vor.
    Mit Schneeschuhen zu gehen war nicht so schlimm, wie sie erwartet hatte. Als er ihre Bänder zu seiner Zufriedenheit festgeschnallt hatte, sagte er, dass die alten Biberschwänze oder Bärentatzen ebenso viel Ärger gemacht wie geholfen hatten. Diese neuen Schneeschuhe waren eine der wenigen Erfindungen des modernen Lebens, mit denen er voll und ganz einverstanden zu sein schien.
    Sie musste sich ein bisschen beeilen, um mit ihm Schritt zu halten. Wenn das hier langsam sein sollte, fragte sie sich, ob er normalerweise lief, wenn er im Wald war, sogar in Menschengestalt. Keine seiner Wunden schien ihn sonderlich zu stören, und heute früh war kein frisches Blut an den Verbänden gewesen.
    Sie versuchte, nicht daran zu denken, wieso sie sich an diesem Morgen die Verbände so genau angesehen hatte. Dennoch musste sie ihn unwillkürlich ansehen und lächelte, wenn auch nur in sich hinein. Hier im Schnee und bedeckt von mehreren Kleidungsschichten fühlte sie sich isoliert von den Schrecken der Intimität und wusste seine guten Seiten eher zu schätzen.
    Und Charles hatte eine Menge gute Seiten. Sie wusste genau, wie breit seine Schultern unter der Jacke waren und wie seine Haut hinter seinen Ohren nur ein klein wenig dunkler wurde. Sie wusste, dass sein Geruch ihr Herz schneller schlagen ließ und dass sein Gewicht sie eher unter sich verankerte, als dass es ihr das Gefühl des Gefangenseins gab.

    Hinter ihm gehend konnte sie ihn ausführlich betrachten, denn hier war sie sicher vor diesem durchdringenden Blick, der immer mehr sah, als ihr lieb war.
    Er war behände, selbst mit den Schneeschuhen. Hin und wieder blieb er stehen und spähte in die Bäume, sah sich, wie er ihr sagte, nach jeder Bewegung um, die fehl am Platz zu sein schien. Im Wald war der Wolf dichter an der Oberfläche. Sie konnte das daran erkennen, wie er die Nase einsetzte und manchmal stehen blieb, die Augen schloss, tief einatmete und die Luft anhielt. Und daran, dass er mehr durch Gesten als durch Worte mit ihr kommunizierte.
    »Wir werden hier unten mehr Wild sehen als später, wenn wir höher hinaufsteigen«, sagte er, nachdem er auf einen Bock gezeigt hatte, der sie misstrauisch hinter dichtem Gebüsch hervor beobachtete. »Die meisten größeren Tiere bleiben hier unten, wo es nicht so kalt ist, mehr zu fressen und weniger Schnee gibt.«
    Und das war alles, was er für lange Zeit sagte, selbst wenn er hin und wieder stehen blieb und ihr etwas gab, von dem er erwartete, dass sie es aß - er streckte ihr einfach stumm einen Streifen Trockenfleisch hin oder ein kleines Päckchen getrockneter Apfelschnitze. Als sie eine zweite Handvoll Äpfel verweigerte, steckte er sie in ihre Tasche.
    Obwohl sie sich für gewöhnlich bei Gesprächen wohler fühlte als in einer schweigsamen Umgebung, empfand sie keinen Drang, die Geräusche des Waldes mit Worten zu stören. Es gab hier etwas, das Ehrfurcht verlangte - und es wäre auch schwierig gewesen, gleichzeitig zu reden und zu hecheln.
    Nach einer Weile begann sie, die Atmosphäre ein wenig unheimlich zu finden, was ziemlich komisch war, wenn
man bedachte, dass sie ein Werwolf war. Sie hatte nicht erwartet, dass die Bäume so dunkel sein würden - und der Schatten des Berges ließ es viel später erscheinen, als es eigentlich war.
    Manchmal glaubte sie auch, ein Déja-vu zu haben. Sie brauchte eine Weile, um zu erkennen, woher das kam. Aber dann wurde ihr klar, dass es sich anfühlte, als ginge man in den Chicago Loop. Die Berge waren höher als die Wolkenkratzer, aber sie

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