Schatten eines Gottes (German Edition)
Name spielt keine Rolle, wahrscheinlich war er unehelich. Er erbte die Burg Hirscheck im Lautertal. Heute ist die Burg nur noch eine Ruine, und es soll ein Fluch auf ihr liegen. Die Burg ist im Laufe der Jahre dreimal abgebrannt, und jedes Mal sind Mitglieder der Ritterfamilie dabei ums Leben gekommen. Ein Pergament, das Gottfried von Saint-Omer angeblich aus Jerusalem mitgebracht hat, soll diesen Fluch ausgelöst haben. Noch heute soll es unter dem Bergfried begraben liegen. Ob es jenes ist, das Ihr sucht, vermag ich nicht zu sagen.«
»Es schadet nichts nachzusehen, nicht wahr?«, antwortete Octavien forsch.
»Und wie kommen wir zum Lautertal?«, fragte Emanuel ungeduldig.
»Wenn Ihr den Rhein südwärts zieht, müsst Ihr Euch kurz vor dem großen Rheinbogen bei Worms östlich halten. Immer an der Wieslauter entlang, Ihr kommt dann in das Holzfällerdorf Elmskirchen. Dort wird man Euch den Weg zur Burgruine weisen können. Sie liegt auf einem Felsvorsprung innerhalb eines lang gestreckten Tales.«
»Ihr seid sehr gut über diese abgelegenen Gegenden unterrichtet«, wunderte sich Octavien.
»Ich war nie dort, aber ich lese viel.«
»Seid bedankt für die Auskunft«, sagte Octavien und verneigte sich leicht vor dem Ritter. »Wir haben Euch nun lange genug aufgehalten.«
Auch Emanuel hatte es plötzlich eilig. Da fiel ihm etwas ein.
»De Monthelon, Ihr seid ein vielseitig gebildeter Mann. Sagt Euch der Name Hultuppu etwas?«
»Freilich. Er ist ein uralter Dämon und gehört zu einer äußerst unangenehmen Schar, der bösen Sieben.«
Monthelon ließ ein ironisches Lächeln aufblitzen. »Weshalb fragt Ihr? Verfolgt Euch einer?«
»Der Abt dieses Klosters soll von ihm ermordet worden sein. Hultuppu. Dieser Name stand auf dem Kreuz.«
»Oh, diese fürchterliche Geschichte. Er ist mit diesem Kreuz umgebracht worden, nicht wahr? Gesehen habe ich es nicht.«
»Ein Fuß hat dem Abt auch gefehlt«, warf Octavien ein.
De Monthelon nickte nachdenklich. »Die bösen Sieben werden mit Teilen des Körpers in Verbindung gebracht. Dabei handelt es sich im Grunde um Krankheiten, die unterschiedliche Körperteile befallen. Der Mörder muss eine profunde Kenntnis darüber besitzen.«
»Von solchen Männern dürfte es nicht allzu viele geben«, nickte Emanuel. »Ich bin der Meinung, man sollte in Klöstern suchen. Wir jedenfalls lassen uns auch von Dämonen nicht von unserer Suche abhalten.«
»Dämonen sind wohl auch kaum an dem Schriftstück interessiert«, erwiderte Monthelon freundlich. Er nahm ein Tuch und wickelte die kandierten Früchte darin ein. »Nehmt dies als Wegzehrung. Ihr habt sie ja kaum angerührt. Eine wahre Schande.«
Dann wünschte er eine gute Nacht und schloss die Tür hinter ihnen. »Gute Reise«, murmelte er, während er sich zur Nacht noch einmal an seinen Schreibtisch setzte und eine neue Kerze anzündete.
***
Auf dem Heimritt vom Jakobsberg nach Mainz hatten Emanuel und Octavien anfangs nur wenige Worte gewechselt. Jeder hatte zu dem, was Monthelon ihnen offenbart hatte, eine andere Meinung und Sichtweise. Einig waren sie sich nur darin, die Burgruine im Lautertal gemeinsam aufzusuchen, doch Octavien war sehr enttäuscht, dass sie dort, wenn überhaupt, lediglich ein verstaubtes Pergament fänden. Seine ursprüngliche Absicht, die Kreuzzugsidee wiederzubeleben, war damit hinfällig. Alte Schriften gab es zuhauf. Etwas neugierig jedoch war er schon, und die Reise versprach ein neues Abenteuer. Außerdem gönnte er Emanuel den Erfolg nicht allein. Schließlich gehörte das Schriftstück dem Templerorden und nicht Hengebach.
Emanuels Gedanken kreisten ebenfalls um das geheimnisvolle Pergament. Wenn sein Inhalt wirklich so brisant war wie angenommen, dann könnte es sicherlich den Bischof veranlassen, bei seiner Postenvergabe an den kleinen Mönch aus Altenberg zu denken. Nur Octavien musste er dabei umgehen. Aber vielleicht war das gar nicht so schwierig. Auf ein Pergament wäre er wohl nicht so versessen, er würde es sich schon abschwatzen lassen.
»Vielleicht begegnen wir ja unterwegs dem Dämon«, stichelte Octavien, als sie bereits in die Straße ›Auf dem Graben‹ einbogen. »Er scheint ja keine Mönche zu mögen.«
Emanuel warf ihm einen ungehaltenen Blick zu. »Das sollte uns aber nicht von unserem Entschluss abbringen, oder seid Ihr anderer Ansicht, Templer?«
»Haltet Ihr mich für jemanden, der bei Gefahr den Schwanz einzieht?«
»Nein, aber für jemanden, der unpassende
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