Schatten eines Gottes (German Edition)
Metaphern benutzt.«
Octavien grinste. »Manche haben nichts, was sie einziehen könnten, und werden dann Mönch.«
Emanuel stieg das Blut zu Kopf. »Ein überaus geistloser Scherz, Herr Templer.«
»Ihr habt recht, ich bitte um Vergebung.«
Sie ritten rheinwärts an der Stadtmauer entlang. Als sie nicht weit von dem Tor vorüberkamen, wo Agnes ihren Stand hatte, war Octaviens Kopf schon längst nicht mehr bei dem Pergament oder etwaigen Dämonen. Mehr und mehr hatte es ihm leidgetan, dass er sich dem Mädchen gegenüber so beleidigend verhalten hatte. Gewiss, ihre Anschuldigung war ehrabschneidend gewesen, aber so eine ungebildete Person plapperte eben daher, wie sie es in der Gosse gewohnt war. Warum sollte er nicht ein paar schöne Nächte mit ihr verbringen? Er war sicher, dass sie sich dazu verführen ließ. Und wenn sie sich zierte, würde ein bisschen Silber nachhelfen. Wer mochte wissen, wie viele Männer sie schon gehabt hatte? Eine Hure war sie und eine Marktschreierin, die mit ihrem kindischen Warenangebot die Leute verdummte. So eine durfte man so behandeln, so eine erwartete das, so eine durfte man ohne Reue besitzen und wieder verlassen. Natürlich war es besser, wenn Emanuel davon nichts erfuhr. Der übte Enthaltsamkeit bis zur Vertrocknung, weil es der Heilige Geist so wollte.
***
Agnes’ Stand war erneut gut bestückt, denn sie hatte in ihrer Tasche noch reichlich Vorrat gehabt. Sorgfältig arrangierte sie ein paar Ketten aus getrockneten Vogelbeeren gegen den bösen Blick und ein paar getrocknete Wurzeln, die wie kleine Kobolde aussahen. Wie stets in den letzten Tagen wanderten ihre Gedanken zu jenem hochfahrenden Ritter zurück.
Wie ungerecht,
dachte sie.
Da machen mir alle Männer schöne Augen, und wenn einer darunter ist, der die Mühe lohnt, wendet er mir den Rücken zu.
Sie seufzte. So war es wohl immer im Leben, wenn man in einer Schankwirtschaft geboren worden war. Auch Kuno hatte nur mit ihr gespielt. Na, den hatte wenigstens der Teufel geholt.
Eine Frau war an ihren Stand getreten und wühlte in den gelben und grünen Schnupftüchern. Während Agnes sich ihr widmen wollte, bemerkte sie aus den Augenwinkeln jemanden, der an einem Baum lehnte und zu ihr herüber sah. Bei Gott, er war es! Junker Hochnäsig. Er war zu ihr zurückgekehrt! Sie wurde über und über rot vor Freude. Der Liebeszauber hatte also geholfen, so schnell schon.
Als er auf sie zukam, riss sie sich zusammen. Nur keinen Mann merken lassen, dass einem an ihm gelegen war. »Gott zum Gruße, Junker Wohlgeboren, wo habt Ihr denn Euren Mönch gelassen?«
»Er ist nicht mein Mönch.«
»So? Dann wollt Ihr also etwas kaufen? Was darf es denn sein?«
Octavien lächelte herablassend. »Gutes Mädchen, in Mainz wurde mir bereits der gesamte Hausstand der Heiligen Familie angeboten. Allein acht Gewänder Jesu, um die die Soldaten unter dem Kreuz gewürfelt haben. Wäre Jesus nicht Zimmermann gewesen, er hätte einen schwunghaften Kleiderhandel betreiben können.«
Aber schon kam der Mönch, den Agnes vermisst hatte, mit wehenden Rockschößen herbeigeeilt. »Octavien! Was habt Ihr mit diesem Weib zu schaffen? Besudelt Euch doch nicht mit ihrem Anblick.«
Agnes kochte vor Wut. Sie stemmte die Arme in die Hüften. »Besudeln?«, schleuderte sie ihm entgegen. »Davon müsst Ihr gerade sprechen. Man weiß ja, was von den Mönchen so erzählt wird. Und wenn zwei schöne Männer wie ihr so aneinander kleben, dann weiß man auch, welche Musik hier gespielt wird.«
Emanuel spuckte aus. »Der Teufel gibt dir so schmutzige Gedanken ein!«
Octavien war kreidebleich geworden. Er trat nahe an Agnes heran und zischte ihr ins Gesicht: »Ich würde dir gern auf der Stelle das Gegenteil beweisen, aber du bist mir zu dreckig.«
Agnes wollte etwas erwidern, aber die Antwort blieb ihr im Halse stecken. Sie hatte ihren eigenen Liebeszauber verwirkt. Heißer Zorn über den Dünkel und die Unverschämtheit dieser beiden Männer quoll in ihr auf. Sie wusste noch nicht, was sie dagegen tun konnte, aber sie schwor sich, sie würden die Macht einer Frau noch kennenlernen!
***
Nachdem sie im Gasthof zu Abend gegessen hatten, schaute Octavien noch einmal nach den Pferden. Er tätschelte ihnen vor dem Schlafengehen gern den Hals und wünschte ihnen eine gute Nacht. Emanuel nahm dieses Gebaren hin wie alle Schrullen des Templers. Er wollte sich gerade auf sein Zimmer begeben, als die Magd ihm ein ungesiegeltes Schreiben brachte.
»Woher hast du
Weitere Kostenlose Bücher