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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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sei denn, er wäre in das Kirchenschiff zurück geflohen. Ein winziger Teil seines Verstandes riet ihm dazu, doch er vermochte nichts auszurichten. Sein Kopf fühlte sich an, als sei er mit Wolle ausgestopft. Alle klugen Gedanken, sein erworbenes Wissen waren wie erloschen. Dagegen pochte es in seinen Lenden, als hause dort ein gefräßiges Tier, das herauswollte.
    Ihre Hand berührte seine Wange. Ihm war, als striche glühendes Eisen darüber. »Ihr seid so ein gut aussehender Mann. Ich kann diese Verschwendung nicht länger mit ansehen.«
    Dann machten sich ihre Hände an seinem Gürtel zu schaffen. »Ihr müsst nicht so schüchtern sein. Entspannt Euch. Ich bin ja hier und alles wird gut.«
    Hätte die Stimme ihm befohlen, ›Werde zu Stein!‹, Emanuel hätte nicht regloser dastehen können. Doch in seinem Innern tobte ein Sturm, ein sündiges Verlangen, heißer als die Hölle. Und in dieser befand er sich, das war ihm klar. Satan selbst löste ihm das breite Zingulum. Wie konnte es sein, dass die Hitze der Hölle diese Wonneschauer durch seinen Körper schickte? Und die Hand, die jetzt von unten über die Innenseiten seiner Schenkel glitt wie ein Krug kühlen Wassers, der sich dem Verdurstenden näherte. Sie war weich und lüstern. Fühlte sich so eine Teufelskralle an?
    Es ist alles teuflisches Blendwerk. Hatte Satan nicht auch Jesus versucht, als er ihm die Länder der Erde gezeigt hatte? Aber dieses Wissen war ihm abhandengekommen, eine wohlige Leere hatte sich in seinem Denken ausgebreitet, denn alle Energie war in seinen Unterleib geströmt. Dort gab es weder Teufel noch Gott, nur eine titanische Lust, die um jeden Preis nach Befriedigung lechzte.
    Als sich die Hand um sein Glied schloss, stöhnte er auf. Die Hölle tat sich auf, er sehnte sich danach, in ihren schwarzen Schlund zu fallen. Er wollte ihn nie mehr verlassen, er wollte, dass dieser Sturz ewig währte. Ihm war heiß, so heiß. Er wollte sich die Kleider vom Leib reißen, sich nackt an das nackte Fleisch pressen, die höllische Lust steigern und so verharren bis in alle Ewigkeit.
    Mitten in seine Ekstase platzte ein verblüffter Schrei, und Licht drang in die Nische. Der Vorhang war beiseitegeschoben worden. Eine Gestalt verdeckte die Sicht auf den Altar.
    Satan, die Hölle, die Hitze, all das verschwand schlagartig. Emanuel stand da mit geraffter Tunika, die Spuren der Lust an seinen Schenkeln. Die Frau, den Rücken an die Sakristeitür gepresst, bedeckte gewollt langsam ihre Nacktheit mit ihrem Kleid. Mit wiegenden Hüften und einem eiskalten Lächeln schlängelte sie sich an der Gestalt vorbei. »Ihr erlaubt doch, edler Ritter?«
    Octavien rang um Fassung. Er sah Agnes nach, wie sie hinter einer Heiligenstatue verschwand. Unglauben, Bestürzung und Zorn glitten nacheinander über sein Gesicht. Als er sich Emanuel zuwandte, hatte dieser bereits das Zingulum gegürtet. Er war so grau wie die steinernen Säulen, die das Kirchenschiff trugen. Und er begriff, dass er sich erst jetzt in der wahren Hölle befand.
    Beide Männer starrten sich an. Wären sie Rivalen um Agnes’ Gunst gewesen, hätten sie sich jetzt um sie prügeln können, vielleicht sogar totschlagen. Aber so war es nicht. Es war viel schlimmer. Sie waren beide zum Nichtstun verurteilt, obwohl in ihnen ein Meer der Gefühle tobte. Emanuel wünschte sich, tot zu sein. Die Scham drohte ihn zu ersticken. Octavien folterte eine unsinnige Eifersucht auf Agnes und den Mönch, obwohl die Frau ein Geschöpf der Gosse war, wie sich jetzt zweifelsfrei herausgestellt hatte.
    Sekunden schienen zu einer Ewigkeit zu werden. Dann sagte Octavien mit eisiger Stimme: »Ich bin Euch nachgegangen, weil auf dem Zettel stand, Ihr wolltet hier für ein gutes Gelingen unserer Reise beten, und ich wollte mich Euch anschließen. Aber Ihr habt nur Euer schmutziges Vergnügen gesucht. Tut mir leid, dass ich mich geirrt habe. In dieser Sache und in Euch, Mönch!«
    Dann wandte sich Octavien brüsk ab und verließ mit großen Schritten die Kirche.
    Emanuel sank auf die Knie. Die Dämonen, die in seinem Unterleib gehaust hatten, waren in seinen Kopf zurückgekehrt. Sein Blick irrte zu dem Kreuz auf dem Altar. Sofort schloss er die Augen. Er war diesen tröstlichen Anblick nicht wert. Am heiligen Altar unter den Augen Gottes hatte er Unzucht getrieben. Was für eine Strafe war da angemessen? Konnte er jemals wieder Gottes Verzeihung erlangen? Konnte er sich das jemals selbst verzeihen?
    Seine Stirn hämmerte

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