Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
Vom Netzwerk:
unversöhnlich.
    »Es ist schon etwas Wahres daran«, sprang Nathaniel Bruder Emanuel bei. »Viel raubgieriges Gesindel hat sich dem Heerzug angeschlossen, aber weshalb sollten wir daran Anstoß nehmen, wenn auch sie helfen, die Ketzer zu vernichten? Gott wählt zum Werkzeug, wen er will.«
    Dieser Ansicht schlossen sich die meisten beifällig nickend an. Emanuel schenkte Abt Nathaniel ein flüchtiges Nicken, und auch Arnaud Amaury schien besänftigt.
    »Wir sind uns wohl einig«, fuhr Roffredo mit seinem Vortrag fort, »dass die Kirche und alles, wofür sie steht, in Gefahr ist, von schädlichen Strömungen aufgesaugt oder hinweggespült zu werden. Aber vernachlässigen wir dabei nicht die weltlichen Anliegen, denn wenn unsere Herzen und Sinne auch Gott zugewandt sind, so braucht es doch ganz irdische und praktische Dinge, um das Überleben unserer geliebten Mutter Kirche zu gewährleisten. Die Sarazenen entweihen nicht nur die christlichen Stätten, sie hindern uns auch daran, ungestört mit dem Orient und dem Fernen Osten Handel zu treiben. Ihre sarazenischen Piratenschiffe tauchen überall auf und sind so zahlreich, dass sich Genua, Pisa und Venedig ihrer kaum erwehren können. Sie versperren uns den ungehinderten Zugang zu Indien und China. Für den dringend benötigten Weihrauch müssen wir Wucherpreise zahlen. Gewürze sind für die meisten unerschwinglich. Christliche Sklaven müssen für die Ungläubigen arbeiten, viele verleugnen ihren Glauben um ein Stück Brot und verlieren so ihre Seele. All diese Unglücklichen dürfen wir nicht dem Teufel überlassen.«
    »O ja, die Christenheit ist zu einem schwankenden Rohr geworden«, seufzte Abt Dorotheus aus Balamand. Er war zu dieser Besprechung eigens aus dem fernen Libanon eingereist. »Wir sind wankelmütig, mutlos und gottvergessen geworden. Damit meine ich natürlich nicht diese erlauchte Runde hier.«
    Sein nutzloses Wehklagen stieß bei den Brüdern auf keine große Begeisterung. Dorotheus kam aus dem einzigen Zisterzienserkloster, das sich noch in Outremer gehalten hatte, vielleicht war er deshalb eingeladen worden. Doch er war alt und hing vergangenen Zeiten nach. Von ihm waren keine mannhaften Vorschläge mehr zu erwarten.
    Arnaud Amaurys Nase und Wangen waren immer noch stark gerötet, und das konnte nicht allein an dem Wein liegen, dem er reichlich zusprach. Er konnte sich einfach nicht beruhigen. Für ihn war es ausgemachte Sache. Wer sich den Lehren der Kirche nicht unterwarf und seinem angestammten Herrn nicht mehr dienen wollte, der hatte seine Daseinsberechtigung verwirkt. Er musterte die übrigen Teilnehmer und war sicher, dass die meisten von ihnen so dachten wie er. Sie alle brauchten willige Untertanen, um in alt gewohnter Weise zu herrschen und standesgemäß zu leben.
    Die Zisterzienser wollte er schon von seinem Gewaltprinzip überzeugen, denn nichts begriff das gemeine Volk besser. Und den Herren Rittern, die sich weigerten, erneut nach Jerusalem zu ziehen, musste der Papst mit Exkommunikation drohen. Aber die Benediktiner hatten verwässerte Ansichten und gar diese neue Sekte der Franziskaner war überhaupt nicht einzuschätzen. Sein Blick streifte die beiden Brüder verächtlich. Bettelorden! Was sollte von denen Gutes kommen? Ihre bescheidene Haltung und die ärmlichen Kutten widerten ihn an. Er verstand nicht, weshalb der Papst gedachte, diesen Orden anzuerkennen.
    Arnaud Amaury schaute missgelaunt drein, als Abt Roffredo aus Monte Cassino wieder das Wort ergriff: »Liebe Brüder! Nachdem ich uns alle mit der gegenwärtigen Situation vertraut gemacht habe, bitte ich um eure Meinungen. Wir sollten bei aller Bedrängnis nicht vergessen, welche Macht wir durch unsere überall in Europa verstreuten Klöster und Ordenshäuser über die Völker, ja sogar Kaiser und Könige haben. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir zu guter Letzt und mit Gottes Hilfe zu einem Ergebnis kommen werden, das den Heiligen Vater zufriedenstellen wird. Sicher habt ihr euch, seit ihr Kenntnis von dem Zweck dieses Treffens hattet, schon eure Gedanken gemacht. Ich würde sie gern hören. Da es an diesem runden Tisch keine Rangordnung gibt, seid ihr nach dem Alphabet aufgerufen, eure Ansichten kundzutun. Doch zuvor lasset uns beten und den Herrn um Kraft und Einsicht bitten.«
    Der Erste im Alphabet war Arnaud Amaury. Obwohl er sonst immer gern an erster Stelle stand, gefiel ihm dieses Verfahren nicht. Einen Ausweg aus dem Debakel, wenn es denn eins war, mochten

Weitere Kostenlose Bücher