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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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trefflicher seinen Beistand ausdrücken als mit einem heiligen Gegenstand, der allen Gläubigen sichtbar vorangetragen würde?«
    Eine allgemeine Unruhe breitete sich aus und ein Flüstern ging von Mund zu Mund. Ein Wort schälte sich aus dem andächtigen Gewisper: ›Die Bundeslade.‹
    Der Templer grunzte etwas Unverständliches, der Kartäuser machte schmale Lippen, während die beiden Franziskaner in ihrer demütigen Betstellung verharrten.
    Dorotheus’ Augen leuchteten. »Die Bundeslade? Freilich, sie wäre ein Geschenk des Himmels, aber so vermessen will ich nicht denken. Dennoch ist es kein Geheimnis, dass die Gründer des Templerordens in den Ruinen des salomonischen Tempels Ausgrabungen durchgeführt haben. Was sie dort fanden, blieb ihr Geheimnis.«
    Er warf Etienne einen herausfordernden Blick zu.
    Etienne erhob sich und stemmte verdrossen die Hände in die Hüften. »Was wollt Ihr damit sagen, Dorotheus? Dass wir etwas besitzen, das uns allen helfen würde, wir es aber nicht herausrücken?«
    »Das wollte ich damit nicht gesagt haben«, beschwichtigte Dorotheus den finster blickenden Templer. »Die Ausgrabungen sind schließlich schon hundert Jahre her. Aber es gibt Gerüchte, und wer, wenn nicht Ihr und Eure Brüder wüssten besser, an welcher Stelle ein eventuell verschollenes Geheimnis verborgen liegt?«
    Etienne stieß ein verächtliches Lachen aus. »Ich kenne die Gerüchte, aber es ist nichts an ihnen dran. Damals wurde etwas Gold und Silber zutage gefördert und alte Schriften, die nur die Gelehrten interessieren. Weder der Heilige Gral noch die Bundeslade noch sonst ein Gegenstand von ähnlichem Wert ist gefunden worden.«
    »Woher wollt Ihr das wissen? Wart Ihr dabei? Hat inzwischen jemand nach diesen Dingen gesucht?«
    »Nein, weil es nicht nötig war. Unsere Großmeister sind über den Verbleib der Funde unterrichtet, andere gab es nicht, das ist genau überliefert. Im Übrigen weise ich darauf hin, dass die Tempelritter so einen kostbaren Fund nicht versteckt, sondern dem Heiligen Vater übergeben hätten.«
    »Nun«, wandte Dorotheus hartnäckig ein, »manchmal gibt es Umstände, die das Geheimhalten erfordern. Vielleicht war – äh – nicht jeder Papst – wie soll ich mich ausdrücken – gefestigt genug für so eine Prüfung.«
    »Genug jetzt!«, mischte sich Roffredo ungehalten ein, »wir haben genug gehört. Ich stelle fest, dass nicht zweifelsfrei bewiesen ist, ob es so einen heiligen Gegenstand gibt. Zweifellos wäre er, würde er gefunden, sehr hilfreich bei unseren Bemühungen, aber da er wohl bis auf Weiteres verschollen bleiben wird, bitte ich jetzt um die nächste Wortmeldung.«
    Sie ging an den Franziskanerbruder Emanuel. »Brüder!«, rief dieser und breitete beschwichtigend die Arme aus. »Erlaubt mir, dass ich mich Bruder Bernardo anschließe. Ja, wir müssen die Heiden von unserem Glauben überzeugen, doch zuvor müssen diejenigen überzeugt sein, die diese Wahrheit verkünden sollen. Das sind nicht nur die Geistlichen, die Priester und Mönche. Es ist die gesamte Christenheit, die wir gewinnen, die wir entflammen, mitreißen und begeistern müssen. Ein gewaltiges Feuer muss sich durch die Lande wälzen, welches Zaghafte, Gleichgültige und Mutlose verbrennt. Ich unterstütze ebenfalls die Meinung unseres Bruders Dorotheus, dass die zersplitterte Christenheit ein Zeichen braucht, das sie vereint. Doch wer soll das Feuer entzünden? Eine Reliquie, die wir nicht besitzen? Die Menschen fühlen sich von denen verletzt, betrogen und ausgebeutet, die ihnen den Kreuzzug predigen. Sie wollen nicht mehr in aussichtslose Kriege ziehen, weil hierzulande genug Kämpfe auszufechten sind gegen Seuchen und Hungersnöte. Christen kämpfen hier gegen Christen im Namen Gottes. Plünderungen, Mord und Brandschatzung sind an der Tagesordnung. Das alles sehen die Menschen, und glaubt mir Brüder, auch die Einfältigsten unter ihnen haben das begriffen.«
    Eine unbehagliche Stille folgte diesen Worten. Der Abt von Cluny räusperte sich. »Wer soll denn Eurer Meinung nach die Fackel entzünden?«
    »Die Kinder.«
    »Was?« Alle sahen sich verständnislos an, und Roffredo sagte: »Sollte das ein Scherz sein, Bruder Emanuel?«
    Emanuel schob gelassen seine Hände in die weiten Ärmel seines Habits. »Kein Scherz. Es ist die einzige Möglichkeit, die Trägen, die Hartherzigen, die Gottesfernen zu beschämen. Nur die unschuldigen Kinder können das vollbringen, was Königen und Ritterheeren

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