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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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andere vorschlagen. Ihm war daran gelegen, am Ende als überlegener Stratege dazustehen. Aber ihm fiel kein Argument dagegen ein. Er gab daher einige Allerweltsbehauptungen von sich, wobei er etliches aus der Rede Roffredos wiederholte. Danach überließ er gönnerhaft das Wort seinem Nachfolger, der, wie er ölig hinzufügte, sicher berufener sei als er.
    Dies war Bruder Bernardo, den manche heimlich ›Jesus‹ nannten. Arnaud war es zufrieden. Nun konnte der Franziskaner seine Meinung vertreten, die, nachdem alle gesprochen hatten, in Vergessenheit geraten würde.
    »Danke, Bruder Arnaud, dass Ihr mir das Wort erteilt habt. Eine Lösung für die vielfältigen Nöte, die Bruder Roffredo erwähnt hat, habe ich nicht anzubieten. Aber es gilt, einiges zu erwägen. Das Ziel ist bekannt. Die Methoden, es zu erlangen, sind bisher fehlgeschlagen. Sie waren falsch, und sie dürfen nicht wiederholt werden. Ein neuer Weg muss gesucht und gefunden werden. Die neu gegründeten Länder in Outremer sind an mangelndem Nachschub zugrunde gegangen. Es fehlte an Menschen, Waffen und anderen notwendigen Dingen. Das wird auch in Zukunft so bleiben. Deshalb können wir die Sarazenen nicht mit dem Schwert bekehren. Wir müssen das Evangelium in die Welt tragen, wie es die Jünger getan haben. Und unseren Worten müssen Taten folgen.«
    »Wollt Ihr damit sagen, Bruder, dass wir bei den Sarazenen predigen sollen?«, fragte ein Benediktiner aus dem Kloster Walkenried im Südharz. »Das haben wir getan und sind dafür erschlagen worden.«
    »Weil ihr dort Hass gesät habt, nicht Liebe. Wer die Lehre Jesu Christi verkündet, darf keine Frauen und Kinder massakrieren. Wer unsere Religion als die einzig wahre bezeichnet, darf nicht seine christlichen Brüder in Konstantinopel abschlachten. Und wer die christlichen Völker in Europa gegen die Heiden schicken will, der darf sie nicht schlimmer als die Heiden unterdrücken.«
    »Ihr redet wie ein Katharer!«, rief Arnaud Amaury verächtlich.
    »Nein. Ich spreche, wie Christus gesprochen hätte. Zurückzukehren zu seiner Lehre, das ist der einzige Weg, das Heilige Land zu erobern. Mit Liebe, Güte und Überzeugungskraft. Denn wenn wir an dieser Mission zuschanden werden, dann wird Gott uns verlassen, wie wir ihn verlassen haben.«
    Bruder Bernardos Worte führten sogleich zu einem heftigen Wortwechsel. Roffredo nickte zufrieden, denn die Auseinandersetzung veranlasste die mächtigen Klosterherren, die einander nicht trauten, aus sich herauszugehen und sich Wahrheiten an den Kopf zu werfen, die sonst ungesagt geblieben wären. Eine Weile hörte er sich die ungestüme Debatte an, denn was der Franziskaner gesagt hatte, hatte sie alle im Innersten getroffen. Er hatte ausgesprochen, wovor sie sich am meisten fürchteten: wirklich wie ein Christ zu leben und zu handeln.
    Schließlich bat Roffredo um Ruhe und forderte den nächsten Bruder auf. Abt Diethelm von Krenkingen aus dem Kloster Reichenau. Dieser hatte viel an den Ausführungen Bruder Bernardos zu schmähen, aber kein einziges Argument, das diese entkräftet hätte. Auch hatte er keine eigenen Ratschläge zu geben. Daher ging das Wort nun an den Bruder Abt, Dorotheus aus Balamand.
    Der untersetzte Geistliche wirkte vierschrötig, und seine Miene hatte die ganze Zeit etwas Schläfriges gehabt. Doch als er aufgerufen war, veränderte sich diese schlagartig. Seine Züge glätteten sich und bekamen etwas Eifriges, seine kleinen Augen hüpften lebhaft hin und her, als er die Lage aus seinem Blickwinkel erörterte und auch gleich die Lösung zur Hand hatte. »Die Christenheit ist zersplittert«, psalmodierte er in klagendem Ton, »sie muss wieder einen Mittelpunkt haben. Ist das der Heilige Stuhl in Rom? Bisher war es so, und die Päpste haben stets ihre Kraft bis zur Erschöpfung in den Dienst der Befreiung des Heiligen Landes gestellt. Doch die Begeisterung ist erlahmt, es braucht ein Zeichen, dass Gott mit uns ist und nichts uns überwinden kann. Wenn der Heilige Vater so ein Zeichen in seinem Besitz hätte, das er der gesamten Christenheit wie ein Fanal vor Augen halten könnte, dann würde ein Ruf der Befreiung durch die Lande gehen. Die Menschen würden halleluja singen und sich wieder gürten mit Mut und Zuversicht für den fünften, den letzten aller Kreuzzüge.«
    Roffredo räusperte sich ungeduldig. »Gewiss Bruder, aber woher sollte es kommen, dieses Zeichen?«
    »Woher, wenn nicht aus dem Heiligen Lande selbst? Womit könnte Gott

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