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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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niedergeschlagen. Die Beute wäre beträchtlich gewesen. So blieb nur das übliche Verfahren, bei dem allenfalls die Geldbörse erbeutet werden konnte, und dazu waren die beiden halb verhungerten Brüder vorzüglich geeignet.
    Arik bemerkte weiße Lederhandschuhe bei dem Fremden. Um den Hals trug er eine goldene Kette mit Anhänger, für die mancher Straßenräuber seine Mutter erschlagen hätte. Ein Hauch von Übersättigung lag auf seinen aristokratischen Zügen. Die dunklen Augen unter geraden Brauen blickten gelangweilt in die Welt, als hätten sie bereits alles gesehen.
    Ein Schönling, der sich noch nie die Hände schmutzig gemacht hatte. Dessen Stiefel niemals durch Schlammpfützen wateten, weil seine Diener ihm Teppiche darüber breiteten. Aber Diener konnte Arik weit und breit keine entdecken. Vielleicht hatte ihr Herr sie bereits vorausgeschickt, um seine Unterkunft vorzubereiten. Umso besser. Arik grinste und stieß einen leisen Pfiff aus. Die Köpfe der Brüder ruckten hoch. Arik machte eine Kopfbewegung hin zu dem Reiter und hielt zwei Daumen in die Höhe. Die Brüder nickten und warteten, bis der Reiter sich auf ihrer Höhe befand.
    Benno mit den schmutzig blonden Locken ließ sich wie ein Mehlsack vor die Hufe des Rappen plumpsen. Sein Bruder Mattes, braunes verfilztes Kraushaar, stieß einen markerschütternden Schrei aus und warf sich über den zusammengekrümmt daliegenden Körper. »Heilige Ursula!«, kreischte er. »Man hat ihn über den Haufen geritten. Meinen kleinen Bruder! So helft ihm doch! Will ihm denn keiner helfen?«
    Das Pferd war gut erzogen und hatte nur leicht gescheut. Der Reiter hatte es sofort in der Gewalt, und dem Jungen war nichts passiert. Dennoch drängten sich die Schaulustigen sofort nach vorn und umringten ihn und die beiden Brüder, während Arik wie ein Wiesel von der Mauer glitt und sich im Schutze der Menge an den Reiter heranschlängelte. Mattes wies anklagend mit dem Finger auf den Fremden. »Der da war es!«, jammerte er. »Reitet einfach einen armen Waisenjungen nieder! Mein Bruder ist schwer verletzt, wird vielleicht sterben.«
    Die Menge begann zu murren, der Fremde zog angewidert einen Beutel aus seinem Gewand und warf den Jungen ein paar Kupfermünzen hin. Während er mit der Rechten sein Pferd um die Jungen herumlenkte, versuchte er mit der Linken, den Beutel wieder in seinem Gürtel zu verstauen. Dort wartete Arik. Seine Hand schnellte vor, blitzartig wie eine Schlange und tausendfach geübt. Doch der Fremde war schneller. Wohl umklammerte Ariks Faust den Beutel, doch die Hand des Fremden presste sein Handgelenk so fest wie ein Schraubstock, während sich seine Blicke mitleidslos auf ihn richteten. Jede Gleichgültigkeit war aus ihnen verschwunden.
    Arik zappelte unter dem stahlharten Griff des Fremden und fluchte wie ein Rheinschiffer. Die beiden Brüder rappelten sich auf, erkannten die aussichtslose Lage und machten sich mitsamt den aufgeklaubten Münzen aus dem Staub. Die Menge zerstreute sich. Es hatte gar keinen Unfall gegeben, es handelte sich um einen schäbigen Hinterhalt des Diebsgesindels. Und der ahnungslose Fremde war ihr Opfer geworden, kaum dass er Köln betreten hatte. Eine Schande für die gesamte Stadt, damit wollte man nichts zu tun haben.
    Einer der Torwächter näherte sich. Der Fremde warf ihm den Rothaarigen wie Abfall vor die Füße. »Ich erwarte, dass er gehängt wird!«, befahl er mit eisiger Stimme.
    Der Mann zog Arik an seinem Kittel hoch. »Tut uns leid, dass Ihr belästigt wurdet. Ich werde mich um ihn kümmern.«
    »Er wird gehängt! Ich bestehe darauf!«
    Arik schrie wie am Spieß, der Torwächter gab ihm eine Maulschelle. »Wirst du wohl ruhig sein, du kleine Ratte!«
    »Nicht hängen! Man darf mich nicht hängen!«, brüllte Arik.
    »Er wird gebrandmarkt, Herr, so machen wir es mit Dieben.«
    »Wer spricht von dem Diebstahl?«
    Mit träger Bewegung zog der Fremde seinen linken Handschuh von den Fingern und hielt ihn dem Manne hin.
    »Sieh nur, er hat meinen Handschuh befleckt, weil ich gezwungen war, sein schmutziges Handgelenk anzufassen. Nun ist er voller Schmutz und stinkt nach Gosse. Es waren prächtige Handschuhe, feinstes Ziegenleder, zwanzigfach gegerbt. Nun muss ich sie wegwerfen.«
    Bevor dem Torwächter darauf eine Antwort einfiel, sagte eine Stimme im Hintergrund: »Ich ersetze sie Euch. Was wollt Ihr für sie haben?«
    Der Fremde sah einen etwa zwölfjährigen Knaben vortreten, den er offensichtlich nicht zu den

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