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Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Titel: Schatten Gottes auf Erden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
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hinter die Leila sich rettete, hinter der sie ihr Eigentliches verbarg. Ich aber stand auf dem Gipfel meines Lebens, sah, dass mein Traum nicht getrogen, sondern sich über alle Erwartungen hinaus erfüllt hatte, und ließ keinerlei Anfechtungen, keinerlei Ängste an mich heran. Ich schäme mich dessen nicht. Die Seele braucht, um zu reifen, nicht nur Zeiten des Leidens, sondern auch Zeiten des Glücks. Und die meinen waren zu kurz bemessen, als dass ich mich in Überheblichkeit oder Selbstbespiegelung hätte verlieren können. Nicht einmal der Tod Schach Ruchs beunruhigte mich, der zwei Jahre nach meinem Eintreffen in Samarkand starb. Gewiss, ich wusste, dass die Neffen Ulug Begs, die Söhne seiner Brüder, nur darauf warteten, bis ihr Großvater die Augen schloss, um sich gegenseitig in die Haare zu fahren, weil jeder den größten Happen des Erbes an sich zu bringen hoffte. Ich wusste, dass es Ulug Beg schwerfallen würde, die Oberherrschaft über das ganze Gebiet zu behaupten, die ihm als dem ältesten und einzig überlebenden Sohne Schach Ruchs zustand. Aber wenn auch mancher Strauß auf ihn zukommen mochte – dass einer der Neffen ihm die Herrschaft über Samarkand streitig machen würde, befürchtete niemand. Krieg und Kriegsgeschrei rundum – das wohl. Wann ist das jemals auf unserm Gestirn verstummt? Doch wohin kämen die Männer der Wissenschaft, wenn sie sich davon in ihren Bemühungen um die Erkenntnis der Wahrheit beeinträchtigen ließen? Sie müssen sich abschirmen gegen Befürchtungen und Ängste, um dem Leitstern ihres Lebens zu folgen, und selbst dem heranstürmenden Todfeind setzen sie nichts anderes entgegen als ihr: »Noli turbare circulos meos!« Als der Prinz Abu Bakr Ben Dschuki Ben Schach Ruch mit seinem Heer über den Oxus ging, trug ich in meine Tabelle ein, dass ein Abguss von dem bei abnehmendem Mond und der Opposition des Jupiters gepflückten Bilsenkraut dem Jachja Ben Ali Linderung bei Magenkrämpfen gebracht hatte (er war im Zeichen des Stieres geboren) – und als Ulug Beg diesem seinem Neffen die Hochzeit mit einer seiner Töchter in Aussicht stellte, wonach der Prinz nach Samarkand kam, wo er aber nicht ein Brautlager fand, sondern den Tod, verzeichnete ich, dass das gleiche Mittel, bei zunehmendem Mond und Opposition des Mars gegeben, das Leiden der alten Bischa, die im Zeichen des Krebses geboren war, verschlimmert hatte.
    Als Abd'ul Latif in die Gefangenschaft seines Vetters Ala'ud Dulä geriet, starb das jüngste Kind von Leilas Schwester an einem hitzigen Fieber, dem ich mit allen Mitteln nicht beikommen konnte. Ein schöner, schwarzhaariger fünfjähriger Knabe, der mein besonderer Liebling war und noch im Sterben sein Ärmchen um mich schlang. Und als Ulug Beg, der den Sohn aus der Haft befreit hatte, sich mit Ala'ud Dulä in einen Krieg einließ, hatte ich eine ziemlich erregte Auseinandersetzung mit Junus. Wohl war es mir recht, dass dieser junge Mann mit wägendem Verstand an die Dinge heranging, aber nun, schien mir, trieb ihn der Widerspruchsgeist doch zu weit von meinen Bemühungen ab, und er gefiel sich darin. Die Kämpfe Ulug Begs mit seinem Neffen zogen sich in die Länge. Aber die Truppen unseres Sultans schlugen schließlich den Feind aus dem Feld, und Abd'ul Latif trug durch seine Tapferkeit nicht wenig zu diesem Erfolg bei. Ich weiß nicht, ob Abd'ul Aziz es durch noch größere Heldentaten verdient hatte, dass er als der Sieger dieses Feldzuges gefeiert wurde – eines aber weiß ich: Als ich das erfuhr, gab es mir einen Stich, weil ich an Abd'ul Latifs Ehrgeiz dachte und wie er es verwinden würde, dass er seinem jüngeren Bruder hintenangesetzt worden war.
    In Samarkand lief das Leben während Ulug Begs Abwesenheit in seinen gewohnten Bahnen weiter. Die Kriegshandlungen spielten sich jenseits der großen Wüste ab, sie beeinträchtigten weder die Bauern, die ihre Früchte zum Markte brachten, noch die Handwerker, die in ihren Werkstätten feilten und hämmerten, sägten und hobelten, schnitten und nähten wie eh und je. Nicht einmal die Handelsleute erlitten Einbußen, und am wenigsten ließen sich stören die Gottesmänner und die Gelehrten. Miskin fällte seine Urteile gegen Diebe und Ehebrecher, schlichtete Erbstreitigkeiten, half Hilfe suchenden Waisen gegen Benachteiligungen durch habgierige Vormünder, Rachman kehrte von Buchara, wo er seine Studien abgeschlossen hatte, nach Samarkand zurück und wurde von seinem Vater in die Geschäfte eines Richters

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