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Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Titel: Schatten Gottes auf Erden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
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habe doch Mitleid mit deinem Sohn.‹«Ich muss sagen, dass mich das sehr verstimmte. So wenig also traute mir mein Vater zu? Und warum gar verheimlichte man den ganzen Plan vor mir?
    »Und du, Tirsad, sollst du auch mitkommen?«
    »Natürlich. Und ich werde vorher auch reiten lernen. Nur sagte dein Vater, das habe noch Zeit.«
    »Es hat keine Zeit! Und ich lehre es dich. Die Stallknechte geben dir sicherlich ein Pferd, wenn ich sie bitte.«
    Ein Trotz war plötzlich in mir aufgekommen.
    Er hielt sich nicht lange. Denn als mein Vater mich beim nächsten Abendritt meines Fleißes wegen lobte und auch erwähnte, dass seine Stallburschen sich sehr günstig über mich geäußert hätten, quälte mich das Gewissen, weil ich ihm den Anlass ihrer Wohlgeneigtheit verschwiegen hatte. (War Verheimlichung nicht eine halbe Lüge?) Und ich hielt mit einem Ruck meine Stute an.
    »Ich habe ihnen Amulette geschrieben«, sagte ich und blickte starr vor mich hin, während das Pferd meines Vaters neben dem meinen zum Stehen kam. »Tirsad hat Kapseln dazu angefertigt, wir haben viel Geld damit verdient. Tirsad sagt, es kommt in die Reisekasse, Tirsad sagt, ihr wollt sparen, damit wir alle den Heimweg antreten können, wenn ich groß genug bin, um den Ritt durch die Wüste zu überstehen. Aber ich bin doch kein kleines Kind mehr. Soll ich dir zeigen, dass ich reiten kann wie ein Teufel?«
    Und ich gab meinem Pferde die Sporen.
    Es war Sommer, und wir pflegten, wenn die ärgste Tageshitze vorüber war, unsere Tiere in die Schwemme zu reiten und uns auch selbst mit einem Bad zu erfrischen. Ich aber ließ die Stute nur durch die Furt waten und am andern Ufer weitergaloppieren, sodass mein Vater, der auf diese Eskapade nicht gefasst war, Mühe hatte, mich einzuholen. Er riss mir die Zügel aus der Hand und brachte die Pferde zum Stehen. »Steig ab!« befahl er. »Komm her!«
    Wir standen uns Auge in Auge gegenüber, und ich hielt seinen Blicken stand. Wenn er mich jetzt schlagen will, dachte ich, soll er es tun! Hatte ich es nicht herausgefordert, um ihm zu zeigen, dass ich auch Schmerzen ertragen konnte?
    Er tat mir aber den Gefallen nicht. Er sagte: »Setz dich!«, band die Pferde an den nächsten Baum und ließ sich dann neben mir nieder.
    Wir sprachen lange miteinander.
    »Nicht deinetwegen«, sagte er, »wage ich die Reise nicht. Das habe ich nur deiner Mutter gesagt, weil sie für alle andern Gründe taube Ohren hat.«
    Er schwieg und blickte vor sich hin. Ich fragte: »Was für Gründe?« Er antwortete nicht, sondern stellte eine Gegenfrage: »Und wohin, meinen sie, soll unsere Reise gehn?«
    Ich sah ihn erstaunt an. War das nicht sonnenklar? Kam es überhaupt jemandem in den Sinn, an ein anderes Reiseziel auch nur zu denken als an Georgien, mit dessen Bildern meine Seele erfüllt worden war, seit ich mich erinnern konnte?
    »Du sagst ›Heimweg‹, Giorgi. Ihr habt wohl alle vergessen, dass meine Heimat Ungarn heißt, Siebenbürgen, Land zwischen Kokeln, Kövár.«
    »Und warum hast du mir niemals von deiner Heimat erzählt?«
    »Es tut nicht gut, zurückzublicken, mein Sohn! Deine Mutter kann sich an der Gegenwart nicht erfreuen, weil sie in keinem Augenblick ihres Lebens imstande war, die Vergangenheit wirklich vergangen sein zu lassen. Deshalb will auch ich jetzt mit dir nicht von dem sprechen, was war, sondern von dem, was ist und was auf uns zukommt.
    Gesetzt den Fall, ich erhalte von unserm Fürsten die Erlaubnis zur Heimfahrt. Ulug Beg ist ein großzügiger Herr, er hat mir auch schon Zeichen seines Wohlwollens gegeben, ließ sich von mir vor Kurzem sogar zur Jagd begleiten und lobte die Falken sehr, die ich ihm abgerichtet hatte. Vielleicht wird er, wenn ich ihm meine Bitte vorgetragen und begründet habe, sagen: ›Es tut mir leid, dich zu verlieren, Kükülli, aber ich verstehe dich. Du bist nun über zwanzig Jahre deiner Heimat fern gewesen, und wenn du deinen Vater, der dir zürnt, weil du ihn gegen seinen Willen verlassen hast, noch am Leben finden willst, musst du es bald versuchen. Vielleicht ist Allah dir gnädig, er ist barmherzig. Gehe in Friedens
    Nun, dann machen wir uns auf den Weg. Wir schließen uns einer der großen Karawanen der Kaufleute an, die unter starkem bewaffnetem Schutz ihre Waren nach Trapezunt bringen, um sie nach dem Abendlande einzuschiffen. Dort besteigen auch wir einen Segler, fahren zur Donaumündung und dann stromaufwärts bis zu der Stelle, wo der Alt in ihn mündet – der Alt, der die

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