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Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)

Titel: Schatten über den Weiden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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wußte, was ich gern aß. Ich fing an zu weinen, dann weinte er auch. So saßen wir an dem weißgedeckten Tisch und weinten, weinten, weil ich vergessen hatte, wie es ist, in einem Restaurant zu sitzen und ein Essen zu bestellen.«
    »Den Rest der Fahrt verschlief ich, so sehr hatte die Freiheit mich angestrengt. Als ich aufwachte, bogen wir gerade in die Einfahrt ein. Ich sah, daß die Bäume gewachsen waren. Die Hartriegel, die ich als Schößlinge gepflanzt hatte, waren ausgewachsene Bäume geworden, und sie hatten Jahr für Jahr ohne mich geblüht. Das Wohnzimmer war frisch gestrichen, es stand eine Vase da, die ich noch nie gesehen hatte. Jede kleine Veränderung erschreckte mich.«
    »Tagelang konnte ich nicht zu den Ställen gehen, bis Moses mich dazu überredete. Es gab ein Fohlen, das ich mit zur Welt gebracht hatte. Nun war es ein erwachsener Hengst, der zur Zucht verwendet wurde. Neue Gerätschaften, neue Männer. Alles war anders. Danach verschanzte ich mich eine Woche lang im Haus und schlief bei geöffneter Tür und mit Licht. Anfangs konnte ich geschlossene Türen nicht ertragen, das wurde aber nach einer Weile besser. Ich mußte wieder Autofahren lernen, und ich tat es, obwohl ich furchtbare Angst hatte. Als ich mich das erste Mal allein auf die Straße wagte, fuhr ich zu deiner Schule. Und ich sah, daß aus dem Baby, das ich zurückgelassen hatte, ein junges Mädchen geworden war, das gerade das erste Interesse an Jungen zeigte. Ich zwang mich, es hinzunehmen, daß du gelernt hattest, ohne mich zu leben. Und ich versuchte, von vorne anzufangen.«
    Naomi legte den Pinsel aus der Hand, trat einen Schritt zurück, schaute ihr Bild an und sagte: »Fertig.«
    Kelsey war sich da nicht sicher. Was das Bild betraf, mochte es wohl stimmen, aber es schlummerten noch zu viele unverarbeitete Emotionen im Verborgenen. Die Geschichte war gleichfalls noch nicht zu Ende. Es ging nicht nur darum, Naomi zu rehabilitieren. Ein Mann war getötet worden, und eine Frau hatte dafür gebüßt. Doch so ganz paßte das für Kelsey noch nicht zusammen.
    Trotzdem war es ein Schock, Charles Rooneys Namen im Telefonbuch zu entdecken. Der Privatdetektiv, dessen Aussage Naomi damals so schwer belastet hatte, besaß immer noch ein Büro im Staat Virginia, jetzt allerdings in
Alexandria. Die kleine Anzeige in den Gelben Seiten besagte, daß Rooneys Ermittlungsdienst straf- und zivilrechtliche Angelegenheiten sowie Sorgerechtsfälle übernahm. Höchste Diskretion wurde zugesichert, die erste Konsultation war gratis.
    Vielleicht würde sie darauf zurückkommen.
    »Miss Kelsey!« Als Gertie in die Küche stürzte, schlug Kelsey rasch das Telefonbuch zu.
    »Hast du mich erschreckt!«
    »Entschuldigung. Dieser Polizeibeamte ist schon wieder da.« Gerties unscheinbares Gesicht zeigte sowohl Loyalität als auch Verärgerung. »Sagt, er hat noch Fragen.«
    »Ich rede mit ihm. Naomi ist im Stall. Kein Grund, sie zu beunruhigen.«
    »Soll ich Kaffee machen?«
    Kelsey zögerte nur eine Sekunde. »Nein, danke, Gertie. Ich will ihn so schnell wie möglich wieder loswerden.«
    »Je eher, desto besser«, brummelte Gertie böse.
    Rossi erhob sich, als Kelsey das Wohnzimmer betrat. In den engen Jeans sah sie großartig aus, doch bei der Pressekonferenz, zu der sie und ihre Mutter in Seidenkostümen erschienen waren, ordentlich frisiert und geschminkt, hatte ihn ihr Aussehen auch sehr beeindruckt.
    »Miß Byden, danke, daß Sie mir Ihre Zeit opfern.«
    »Viel Zeit habe ich zwar nicht, Lieutenant, aber ich nehme sie mir, falls Sie Neuigkeiten für uns haben.«
    »Ich wünschte, es wäre so.« Das Ergebnis der bisherigen Ermittlungen war mehr als enttäuschend. Keine unbekannten Fingerabdrücke in Lipskys Zimmer, keine Zeugen und auch sonst keinerlei Anhaltspunkte. »Sie haben beim Derby einen schweren Verlust erlitten. Das tut mir leid. Ich bin zwar kein Pferdenarr, aber sogar Polizisten sehen sich so ein Rennen an. Furchtbare Sache.«
    »Das ist es wohl. Meine Mutter hat das alles furchtbar mitgenommen.«
    »Bei der Pressekonferenz wirkte sie aber ausgesprochen gefaßt.«
    Kelsey setzte sich und bedeutete Rossi mit einem kühlen
Kopfnicken, es ihr gleichzutun. »Haben Sie erwartet, daß sie in aller Öffentlichkeit zusammenbricht?«
    »Eigentlich nicht. Aber ich fand es bemerkenswert, daß Slater daran teilnahm.«
    »Wir sind Nachbarn, Lieutenant und gute Freunde. Außerdem hat Gabe auch Rennpferde, und die Tatsache, daß sein Hengst unter so

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