Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
Schließlich nickte er. »Da stimme ich Ihnen zu. Wenn er auf der Bahn statt auf dem Rasen des Innenfeldes gelandet wäre, dann wäre er mit Sicherheit zertrampelt worden. Und als ich den Sturz sah, konnte ich mich nur wundern, daß er sich nicht den Hals gebrochen hat.«
»So geht’s mir auch. Er wird frühestens in einem Monat wieder auf den Beinen sein, wenn überhaupt.«
»Das wär’s dann für heute. Ich werde mit einigen der Leute, die Sie mir genannt haben, sprechen müssen und hören, was die davon halten.«
»Ich hoffe, Sie verstehen mich richtig, Lieutenant. Aber mir wäre es sehr lieb, wenn Sie meine Mutter nur dann befragen würden, wenn es sich nicht umgehen läßt.«
»Es war ihr Pferd, Miß Byden.«
»Sie wissen genau, was ich meine.« Kampfbereit stand
Kelsey auf. »Sie kennen den Hintergrund nur zu gut, und Ihnen ist auch klar, wie schwer es für meine Mutter ist, ein Verhör zu ertragen.«
»Ein paar Fragen . . .«
»Haben dieselbe Wirkung. Und ob Sie es nun verstehen oder nicht, sie trauert um Pride. Fragen Sie mich, was Sie wollen, oder wenden Sie sich an die Rennleitung.«
»Ich kann nichts versprechen, aber im Moment sehe ich keinen Grund, sie zu behelligen.«
»Danke.« Sie brachte Rossi zur Tür. »Lieutenant, Sie hatten mit den Ermittlungen im Fall meiner Mutter nichts zu tun, oder?«
»Damals war ich noch auf der Polizeischule. Ein richtiger Grünschnabel.«
»Mich würde interessieren, wer mit dem Fall betraut war.«
»Das muß Captain Tipton gewesen ein. Jim Tipton, heute im Ruhestand. Ich habe unter ihm gearbeitet, als er noch Lieutenant war. Dann wurde er zum Captain befördert. Ein guter Polizist.«
»Das glaube ich gern. Danke, Lieutenant.«
›Danke Ihnen, Miß Byden.« Rossi ging gedankenversunken zu seinem Wagen. Eine Idee spukte ihm im Kopf herum, Kelsey Byden führte etwas im Schilde. Es konnte nicht schaden, wenn er sich etwas eingehender mit der Vergangenheit befaßte.
18
»Ich bin immer mehr davon überzeugt, daß ich dich nur in einem Hotel ins Bett bekomme.«
»Hmm.« Kelsey drehte den Strauß gelber Wicken, den Gabe für sie vom Tafelschmuck der letzten Preakness-Party mitgenommen hatte, in den Händen. »Die letzten Tage waren ziemlich turbulent. Außerdem warst du ja damit beschäftigt, Interviews zu geben.«
»Und morgen werde ich noch mehr davon geben.«
»Ich liebe Männer mit ausgeprägtem Selbstbewußtsein.«
Gemeinsam gingen sie durch die Hotelhalle zum Fahrstuhl. »Und Double ist in Box dreizehn untergebracht. Bist du abergläubisch, Slater?«
»Und ob.« Er betrat den Fahrstuhl und zog sie mit sich. Noch ehe die Türen sich schlossen, lag sein Mund schon auf dem ihren.
»Der Knopf«, keuchte sie, während sie, ohne auf die Blumen zu achten, beide Hände unter sein Hemd gleiten ließ. »Du hast vergessen, den Knopf zu drücken.«
Fluchend tastete er nach der Knopfleiste und schaffte es sogar, die richtige Etage zu drücken. »Ich hatte die Hoffnung, dich irgendwann einmal allein zu erwischen, schon fast aufgegeben. Zwei Wochen sind eben zwei Wochen zu lange, Kelsey.«
»Das stimmt.« Sie lachte atemlos, als er sie liebevoll in den Hals biß. »Ich mußte bei Naomi sein, sie brauchte mich. Und bei all der Aufgregung, den Ermittlungen und den Bemühungen, High Water auf das Rennen vorzubereiten, blieb kaum Zeit zum Nachdenken. Du hast mir sehr gefehlt.«
Als sich die Fahrstuhltür öffnete, zuckte Kelsey zusammen, denn ihr Cocktailkleid gab jetzt mehr als nur ihre Schulter frei. Hastig zupfte sie es zurecht. Der Flur war zum Glück menschenleer.
»Du weißt nicht, ob du zufrieden oder verlegen sein sollst.«
Kelsey ordnete ihr Haar. »Hör auf, meine Gedanken zu Isesen«, befahl sie ihm und hielt eine Hand zwischen die Tür, damit sie sich nicht wieder schloß.
»Gehen wir in dein Zimmer oder in meins?«
So einfach war das, dachte sie. Beide hatten sie den ganzen Abend auf eine Gelegenheit gewartet, um dort weiterzumachen, wo sie in Kentucky aufgehört hatten.
»Meins«, entschied sie. »Dann wirst du am eigenen Leibe erfahren, wie man sich fühlt, wenn man mit zerrissenen Kleidern in einem fremden Zimmer aufwacht.«
»Hast du damit eben versprochen, daß du sie mir vom Leib reißt?«
Kelsey schob ihre Codekarte in den Schlitz an der Tür, während sie nach einer passenden Antwort suchte. In dem Moment, als das Licht auf Grün sprang, klingelte im Zimmer das Telefon. »Wir reden gleich darüber«, lachte sie und rannte los.
Die
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