Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
Wohltätigkeitsvereine, und ich werde dich bestimmt nie zu einem Frühlingsball begleiten.«
»Hab’ ich dich darum gebeten?«
»Wenn’s mich überkommt, setze ich morgen alles, was sich besitze, im Spiel ein.«
Das konnte sie sich gut vorstellen. »Weißt du, Slater, ich glaube, das Glücksrad dreht sich bereits. Vielleicht bist du doch nicht Spieler genug, um alles zu riskieren.«
»Du weißt noch gar nicht, was du für mich empfindest.«
Von seinen Gefühlen überwältigt, packte Gabe sie und
hob sie hoch. »Du bist gerade dabei, dich selbst zu analysieren. Ich kann förmlich sehen, wie es in deinem Kopf arbeitet.«
»Ich will dich.« Ihr Herz schlug bis zum Hals. »Ich habe noch nie jemanden so gewollt wie dich.«
»Ich schaffe es schon, dich ganz für mich einzunehmen. Und was ich einmal habe, Kelsey, das lasse ich nie mehr los. Wenn du gescheit bist, dann überlegst du dir genau, auf was du dich da einläßt, und läufst schnell davon.«
Als sie den Kopf schütteln wollte, hob er sie hoch und sagte nur: »Zu spät.«
»Für dich auch«, murmelte sie und drehte leicht den Kopf, um mit ihren Lippen seinen Hals zu berühren. »Ich laufe nicht weg, Gabe. Ich renne hinterher.«
Jetzt wußte sie, wonach sie sich sehnte. Hitze, Begierde, Leidenschaft. Sie sehnte die beinahe schmerzliche Lust herbei, die nur er stillen und wieder von neuem entfachen konnte, bis ihr ganzer Körper brannte. Und zu wissen, daß er dasselbe atemlose, immer wieder aufflammende Verlangen empfand, beglückte sie.
Eng umschlungen fielen sie aufs Bett, kämpften mit Knöpfen und Reißverschlüssen, konnten nicht schnell genug die Haut des anderen spüren.
Seine Hände erkundeten ihren Körper, die festen, samtweichen Brüste, die schmale Taille, die runden Hüften. In der Dunkelheit ertastete er jeden Zentimeter von ihr mit den Fingerpitzen, erforschte er eine Frau, die er doch schon kannte.
Sie war alles, was er immer schon gewollt, wofür er immer schon gekämpft hatte; worum er gespielt hatte. Und nun lag sie neben ihm, zitternd, bereit, willig. Und sie gehörte ihm.
Kelsey richtete sich auf, legte sich auf ihn und umfing ihn mit ihrer Hitze. Ihre Hände suchten die seinen, ihre Finger verschlangen sich ineinander, und die Welt um sie herum löste sich in ein Meer von Empfindungen auf.
Gabes letzter Gedanke war, daß es tatsächlich zu spät war. Viel zu spät für sie beide.
Ein trüber Morgen brach an. Der Himmel war von dicken Wolken verhangen, die alles in ein stumpfes, metallisches Grau tauchten. Ab und zu fiel ein scharfer, schneidender Regen, der wie tausend Nadeln in die Haut stach. Männer bearbeiteten die Bahn mit Maschinen, bereiteten sie auf und zogen schmale, ordentliche Furchen. Das Geläuf von Pimlico ließ sich gut trocknen, und die dafür zuständige Bahnequipe pflegte es so sorgfältig und liebevoll wie etwa ein Mann sein Lieblingspferd hegen mochte.
Der Regen hielt weder die Zuschauer noch die Presse ab, als das erste Rennen gestartet wurde, waren die Tribünen brechend voll. Leuchtendbunte Regenschirme schwebten darüber wie Luftballons über einem grauen See. Im Klubhaus saßen die weniger wetterfesten Besucher im Trockenen, aßen Krabben und tranken Bier, während sie das Geschehen auf großen Bildschirmen verfolgten.
Schweren Herzens hatte Kelsey wegen des schlechten Wetters auf das Leinenkleid, das sie eigentlich anziehen wollte, verzichtet und sich statt dessen für Jeans und Stiefel entschieden. So konnte sie wenigstens in den Stall gehen und gelbe Wicken in Justices blonde Mähne flechten, um ihn für seine Aufgabe, High Water zur Bahn zu eskortieren, gebührend zu schmücken.
Außerdem gab es ihrer Meinung nach nichts Besseres als einen Regentag, um seinen Gedanken nachzuhängen.
Sechs Monate zuvor hatte sie noch gar nicht gewußt, daß Naomi überhaupt existierte, und für die Welt, die zur ihren geworden war, hatte sie nie mehr als ein flüchtiges Interesse gezeigt. Ziellos hatte sie sich durchs Leben treiben lassen, nach ihrer gescheiterten Ehe auf der Flucht vor der wachsenden Verzweiflung über ihr sexuelles Versagen. Ihr Job hatte ihr zwar Spaß gemacht, sie sogar bis zu einem gewissen Grad ausgefüllt, aber der Wunsch weiterzuziehen, war doch stärker gewesen.
Immer gab es einen anderen Job, einen anderen Kurs, den man belegen, einen anderen Trip, den man planen konnte. Kelsey hatte sich gern eingeredet, sie sei nur deshalb so rast- und ruhelos, weil sie neue Erfahrungen
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