Schatten über den Weiden: Roman (German Edition)
schlug sich vergnügt mit der Hand aufs Knie. »Haben Sie gesehen, wie sie letzte Nacht die Jays geputzt haben? Gottverdammte Kanadier!«
Grinsend zog Gabe eine Zigarre hervor. »Ich hab’ gerade noch die letzten Innings mitbekommen.« Er bot Tipton eine Zigarre an und gab ihm Feuer. »Das Spiel hat meinen Assistenztrainer fünfzig Dollar gekostet, die hab’ ich ihm abgeknöpft.«
Tipton paffte genüßlich. »Ich selbst wette nie.«
Gabe hielt sein Feuerzeug an seine eigene Zigarre und betrachtete Tipton über die Flamme hinweg. »Ich schon.« Er stieß den Rauch aus und nickte Rossi, der mit zwei hohen Gläsern in der Hand zurückkam, zu. »Danke.«
»Roscoe ist ein Fußballfan. All meine Erziehungsversuche haben ihn nicht zu einer intelligenteren Sportart bekehren können.«
»Langsam entwickele ich Interesse für den Sport der Könige.« Rossi nahm wieder Platz. »Ich werde das Belmont-Rennen im Auge behalten, Mr. Slater.«
»Wie viele andere auch.«
»Die junge Dame ist bestimmt nicht hergekommen, um sich über Sport zu unterhalten.« Tipton bedachte Kelsey mit einem freundlichen Lächeln, »sondern wegen eines Mordes.«
»Was können Sie mir über Alec Bradley sagen, Captain?«
Tipton verzog leicht die Lippen. Sie hatte ihn aus dem Konzept gebracht, war er doch überzeugt gewesen, daß sie sich auf ihre Mutter konzentrieren würde. Da seine
Neugier geweckt war, versuchte er, die Uhr zurückzudrehen. »Alec Bradley, zweiunddreißig, stammte aus Palm Beach. War mal mit einer bestimmt fünfzehn Jahre älteren Frau verheiratet. Die Scheidung hat sie einiges gekostet. Offenbar hat er sich gerade so über Wasser gehalten, bis er Ihre Mutter kennenlernte.«
»Wovon hat er gelebt?«
»Von Frauen.« Tipton zuckte die Achseln. »Hat sich aushalten lassen. Wenn er gut genug bei Kasse war, wettete er auf Pferde. Besaß einen Smoking.« Er unterbrach sich, um einen Schluck Bier zu trinken. »Den trug er auch, als er getötet wurde.«
»Sie mochten ihn nicht«, stellte Kelsey sachlich fest.
Aus Spaß und um seine Gedanken zu sammeln, blies Tipton drei Rauchringe in die Luft. »Zu seinen Lebzeiten habe ich ihn zwar nicht gekannt, aber trotzdem. Nach alldem, was die Ermittlungen über ihn ans Licht brachten, war er nicht gerade ein Mann, den ich mir nach Hause einladen würde. Er hatte es sich zum Beruf gemacht, verheiratete Frauen – reiche verheiratete Frauen – auszunehmen. War die Geschichte beendet, haben sie ihn mit Geld oder Geschenken abgefunden oder anderen interessierten Ehefrauen vorgestellt. Zahlten sie ihm nicht genug, verlegte er sich auf Erpressung. Zu meiner Zeit bezeichnete man solche Männer als Gigolos. Wie man sie heute nennt, weißichnicht.«
»Abschaum«, meinte Gabe leichthin und erntete ein zustimmendes Nicken vom Captain.
Slater hat Geschmack, dachte Tipton. Was Zigarren betraf und auch bei Frauen. »Das trifft den Nagel auf den Kopf. Aber der Mann hatte was. Gute Manieren, eine gute Erziehung, und einen Familienstammbaum, der bis zu einem aufgeblasenen englischen Earl zurückging. Und er kannte sich mit Frauen aus, hatte einen Blick für verheiratete Damen, die sich keinen Skandal erlauben konnten.«
»Meine Mutter war geschieden, Captain.«
»Und sie steckte mitten in einem Sorgerechtsprozeß. Wenn sie den gewinnen wollte, durfte das Techtelmechtel mit Bradley nicht auffliegen.«
»Aber sie hat sich öffentlich mit ihm gezeigt.«
»Sie hat gesellschaftlich mit ihm verkehrt«, stimmte Tipton zu. »Es schien sie nicht zu stören, daß die Leute ihr ein Verhältnis mit ihm unterstellten. Es gab aber keine Beweise.« Er schnippte Zigarrenasche in eine leere Bierdose. »Man munkelte auch, daß Bradley gern teures weißes Pulver schnupfte. Auch das konnte niemand beweisen. Bis er tot war.«
»Drogen.« Kelsey erblaßte, fuhr jedoch tapfer fort: »Meine Mutter erwähnte niemals irgendwelche Drogen, und in den Zeitungsberichten stand auch nichts davon.«
»Auf Three Willows gab es keine Drogen«, seufzte Tipton. Kelsey Augen, die denen ihrer Mutter so sehr glichen, brachten ihm alle Erinnerungen zurück. »Die Farm war sauber, und Ihre Mutter auch. Aber in Bradleys Blut haben wir eine Mischung aus Alkohol und Kokain gefunden.«
»Wenn das zutrifft, dann könnte er doch durchgedreht und gewalttätig geworden sein, so, wie meine Mutter ausgesagt hat.«
»Es gab keinerlei Anzeichen eines Kampfes. Der Spitzenbesatz am Nachthemd Ihrer Mutter war zerrissen.«
Tipton faßte sich an die
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