Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schatten über Oxford

Titel: Schatten über Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
Vom Netzwerk:
verteilenden Roz gestört werden.
    Gleich am Montag würde sie Miss Arbuthnot besuchen. Ob sich diese wohl noch an die Barnes-Kinder erinnerte? Bei ihrem Glück musste Kate sich sputen – nicht, dass ihr auch noch Miss Arbuthnot an Altersschwäche wegstarb! Außerdem könnte sie in die Stadt fahren und in Erfahrung bringen, was die Oxford Mail über Elinor Marlyns Tod berichtet hatte. Sie sollte nur daran denken, sich ein Mikrofiche-Lesegerät reservieren zu lassen, ehe sie losfuhr. Ja, Kate, dachte sie. Allmählich wirst du wieder ganz die Alte. Doch es war mehr als nur ein Zittern der Erwartung, wenn sie an die bevorstehenden Bustouren dachte.
    Natürlich wäre es immer noch am einfachsten, wenn Alan Barnes auf ihren Brief reagieren würde. Doch darauf konnte sie sich nicht verlassen. Nicht nach fünfundfünfzig Jahren. Einen kurzen Moment fragte sie sich, wie George reagieren würde, wenn er erfuhr, was sie tat. Aber George würde ihr sicher nichts übel nehmen. Die kleine Auseinandersetzung gestern Abend im Restaurant war allenfalls ein kleiner Familienstreit gewesen. Nichts wirklich Ernstes.
    »Hey, George«, rief sie die Treppe hoch. »Wie kommst du mit deiner Anstreicherei vorwärts? Darf ich hochkommen und es mir ansehen?«
    Emma war nicht die einzige Konfliktscheue in der Familie.

12
    Christopher Barnes: Mein geheimes Tagebuch
     
    Sie hat mir verboten, an Mama zu schreiben und ihr alles zu erzählen.
    »Christopher, du bist ein unartiger Junge«, hat sie gesagt. »Diesen Brief werde ich zerreißen. Deine Mutter wird ihn nie zu Gesicht bekommen. Du schreibst jetzt sofort einen neuen, und zwar einen netteren. Deine Mutter hat bestimmt keine Lust, schlechte Nachrichten von euch zu bekommen. Schreib ihr lieber, wie du mit deinen Freunden auf Port Meadow Schlittschuh gelaufen bist. Darüber freut sie sich bestimmt. Hast du ganz vergessen, dass ich dir meine alten Schlittschuhe geliehen habe?«
    Das stimmt. Ich musste sie zwar mit einer Kordel festbinden, aber Shawn, Graham und ich hatten an diesem Sonntagnachmittag viel Spaß, bis es dann irgendwann zu dunkel wurde. Hinterher wurde ich ausgeschimpft, weil meine Kleider nass geworden waren, aber es machte mir nichts aus, und ich glaube, sie war auch nicht wirklich böse auf mich.
    Ich habe also nur noch Briefe mit fröhlichem Inhalt an Mama geschrieben. Aber ich lasse mich nicht davon abhalten, mein geheimes Tagebuch zu führen. Hier schreibe ich die Wahrheit auf, und sie wird es nie erfahren. Ich verstecke mein Tagebuch vor meiner Feindin an einer Stelle, wo sie es nie finden wird. Und eines Tages, wenn der Krieg vorbei ist, sollen die Leute alles über sie erfahren. Sie sollen wissen, dass sie eine Diebin ist. Vielleicht sogar eine Spionin.
    Gestern Abend war es ganz besonders schlimm.
    Und alles nur wegen Betsy.
    Es ist so gewesen. Beim Abendessen in der Küche fängt Miss Marlyn an, auf Susie herumzuhacken.
    »Wo ist dein Taschentuch, Susan?«, fragt sie mit harter Stimme.
    Susie sitzt einfach nur da und fängt an zu weinen. Natürlich läuft ihre Nase dadurch noch schlimmer. Sie macht Rotzblasen und sieht ganz hässlich aus. Ich hole mein Taschentuch aus der Tasche, aber Miss Marlyn sagt: »Nein, Christopher. Deine Schwester muss endlich gute Manieren lernen.«
    Sie ist ein Miststück. Ich finde sie sogar noch schlimmer als Miss Arbuthnot.
    Miss Marlyn lächelt Susie an, aber ihr Lächeln ist nicht freundlich.
    »Gut, Susie«, sagt sie. »Wenn du dich nicht benehmen kannst, musst du leider den Tisch verlassen. Wir mögen es nicht, wenn kleine Mädchen mit laufender Nase an unserem Tisch sitzen. Allerdings bekommst du dann natürlich auch keinen Bratapfel mit Vanillesauce.«
    »Ich will überhaupt nicht Bratapfel mit Vanillesauce«, sagt Susie.
    Erst dachte ich, Miss Marlyn würde Susie eine Ohrfeige geben. Bei Mama hätte es bestimmt eine Backpfeife gesetzt, wenn wir so gesprochen hätten, aber Miss Marlyn denkt, sie ist zu gut, um Kinder zu schlagen. Sie spricht dann immer nur mit einer bösen Stimme und einem hässlichen Lächeln.
    »Es muss heißen: Ich will keinen «,verbessert sie Susan hochnäsig. »Du weißt ja sicher, dass wir es nicht durchgehen lassen können, dass kleine Mädchen so mit uns reden. Du hast eine Strafe verdient.«
    Susie hat Betsy dabei. Betsy sitzt auf ihrem Schoß, aber unter dem Tisch, und wir dachten, Miss Marlyn hätte sie nicht gesehen. Aber sie hat. Sie sieht alles. Die alte Hexe hat anscheinend überall Augen.
    »Gib mir

Weitere Kostenlose Bücher