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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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mit Mondgesicht, der zu ihnen getreten
war. »Monsieur La Mettrie. Sie haben sicher schon von ihm gehört.«
    Quantz machte den
obligatorischen Kratzfuß und verbarg damit, dass er innerlich vor Überraschung
zusammenzuckte.
    Von diesem La
Mettrie sprach man in der ganzen Stadt. Er war Philosoph und Arzt – sagten die
einen. Die anderen hielten ihn für einen Ketzer und Quacksalber. In Holland war
er von den Behörden verfolgt worden. In seinen Schriften vertrat er die
skandalöse Meinung, der Mensch habe keine Seele und sei nichts anderes als eine
Maschine.
    La Mettrie ahmte
Quantz’ Kratzfuß nach und begrüßte ihn.
    Man hätte schon
äußerlich erkennen können, dass man es mit Franzosen zu tun hatte – einem Volk,
dem der Ruf der Eitelkeit und der übertriebenen Mode vorauseilte. D’Argens’
Rock besaß violette Glasknöpfe und war mit grünen Tressen geschmückt. Die
Farbkombination setzte sich an seinem Hut fort, der obendrein noch mit weißen
Federn geschmückt war. La Mettrie hatte sich für ein leuchtendes Rot
entschieden, das ihn aussehen ließ wie einen Kardinal – was in so krassem
Gegensatz zu den ketzerischen Lehren stand, die er verbreitete, dass man fast
glauben konnte, es läge bewusste Ironie darin.
    »Es ist herrlich,
glückliche Menschen zu sehen«, sagte La Mettrie in akzentgetränktem, aber
fehlerlosem Deutsch.
    »Glücklich,
Monsieur?«, fragte Quantz. »Ich denke eher, ich hatte großes Pech. Schließlich
habe ich Verpflichtungen, von denen mich dieser Zwischenfall abhalten könnte.«
    »Oh …« La Mettrie
winkte ab. »Ich weiß, ich weiß. Sie sind der Maître de Musique des Königs und
müssen nach Berlin. Aber wenn Sie wirklich Pech gehabt hätten, Monsieur, wären
Sie jetzt tot. Oder würden mit gebrochenen Beinen am Straßenrand liegen. Und nehmen
wir an, es wäre so gekommen – mit den gebrochenen Beinen, verstehen Sie? –, wie
sehr würden Sie sich dann das Glück wünschen, gehen zu können. Und wenn Sie
fühlten, dass der Tod naht, wie sehr würden Sie sich wünschen gesund zu sein
und aufrecht zu stehen, so wie Sie es jetzt können. So sind sie also in einem
glücklichen Zustand. Und Sie erhalten auch noch Hilfe.«
    D’Argens wiegte den
Kopf. »Monsieur La Mettrie lässt keine Gelegenheit aus, seinen philosophischen
Verstand zu gebrauchen. Wir haben, gerade als wir Ihren Unfall sahen, über die
Frage des Glücks gesprochen, die ihn sehr interessiert. Sie wissen ja, wir Franzosen
diskutieren gern über dies und das …«
    »Es ging um die
Frage, ob auch ein Todkranker glücklich sein kann«, schaltete sich La Mettrie
ein. »Und ich war der Ansicht, dass es keinen Zustand im Leben gibt, in dem man
nicht das Glück …«
    Glück?, dachte Quantz.
Wie konnte jemand, der den Menschen als Maschine sah, von Glück sprechen?
Setzte die Glücksempfindung denn keine Seele voraus? Diese Philosophen …
    D’Argens fiel seinem
Reisebegleiter ins Wort. Er sprach französisch, doch Quantz, der dieser Sprache
durchaus mächtig war, verstand ihn sehr gut. »Lieber Herr La Mettrie, lassen
Sie uns nicht noch mehr unnötige Zeit verlieren.« Er wechselte ins Deutsche und
sah Quantz an. »Ich sehe, Sie benötigen Hilfe. Selbstverständlich nehmen wir
Sie mit nach Berlin.«
    Quantz neigte das
Haupt. »Ich wäre Ihnen sehr verbunden, Messieurs …«
    »Ganz recht«, rief
La Mettrie dazwischen. »Machen wir Ihr Glück vollkommen – und nicht nur das
Ihre. Bringen wir Sie zu Ihrem, ich meine natürlich zu unser aller König, und
tragen wir auf unsere Weise dazu bei, dass das Souper in Monbijou durch die
kostbare Kunst der Musik Veredelung findet.« Er grinste und zeigte dabei
bemerkenswert makellose Zähne.
    Quantz fragte sich,
ob La Mettrie durch seine übertriebene Art Spott zum Ausdruck bringen wollte.
Der französische Hof war bekannt dafür, dass man dort seine Meinung kundtat,
indem man genau das Gegenteil von dem behauptete, was man meinte.
    Er wandte sich an
Franz. »Du kannst den Korb mit dem Proviant haben. Du hast ihn nötiger als ich,
während du auf deinen Herrn wartest.«
    Der Junge bedankte
sich. Er hatte inzwischen die fahruntüchtige Kutsche von der Fahrbahn
geschoben.
    » Oh
mon dieu – Sie werden wenig Platz haben«, rief La Mettrie. Quantz warf
einen Blick in die Kabine und sah, was er meinte. Die ganze Kutsche war bis auf
zwei enge Plätze mit übereinandergestapelten Koffern gefüllt. Der Packraum auf
dem Dach hatte offenbar nicht ausgereicht.
    »Ein ganz

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