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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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Geistliche
empfindet – glauben Sie, es wird geschmälert, wenn er sich bewusst ist, dass er
etwas Unrechtes getan hat?«
    »Ich glaube, er ist
gar nicht in der Lage, wirkliches Glück zu empfinden. Die Reue wird ihn sofort
einholen. Gleich nach dieser auf kriminelle Weise herbeigeführten Befriedigung.
Oder zumindest wenn er das nächste Mal die Messe lesen wird.«
    »Noch einmal,
Monsieur d’Argens – würde die Reue das Glück schmälern? Würden Schuldgefühle
das Glück schmälern? Oder würde das Glück nicht umgekehrt vergrößert, wenn es
die Reue und die Schuldgefühle gar nicht gäbe? Na, na? Sagen Sie schon! Nur
heraus damit.«
    »Natürlich wäre das
Glück ohne Schuldgefühle größer, aber –«
    »Sehen Sie? Das ist
genau das, was ich behaupte. Sie geben mir also recht.«
    »Aber lieber
Monsieur La Mettrie. Es soll nicht so sein. Schuldgefühle sind bei manchen
Genüssen durchaus angebracht, finden Sie nicht?«
    »Davon habe ich ja
gar nicht gesprochen. Ich betrachte nur die Abhängigkeit von Reue und Glück als
solche. Es geht nicht darum, was sein soll. Es geht darum, was ist.«
    »Aber im wirklichen
Leben kommen Sie ohne die Konsequenzen Ihres Tuns doch nicht aus.«
    »Was moralisches
Handeln ist und was nicht, ist ein ganz anderes Thema.«
    »Auf das Sie sicher
auch eine Antwort haben, schätze ich.«
    »Ich habe sie in
meinem Buch über den Menschen als Maschine gegeben. Lesen Sie es nur nach.
Lange habe ich ja verheimlicht, dass dieses Buch von mir stammt, denn diese tumbe
Masse von sogenannten Gelehrten, denen der Katechismus das Gehirn vernebelt
hat, wollte mir ans Leder. Aber jetzt ist es mir recht, dass jeder es weiß. Der
König hält seine Hand über mich, und endlich wird es nach dem Vorbild der
Antike eine neue Metropole der Weisheit geben. Und sie wird nicht Athen heißen,
sondern …«
    »Berlin?«
    »Potsdam.«
    »Und Sie? Sind Sie,
um diesen gewagten Vergleich weiter zu bemühen, eher Sokrates oder sein Schüler
Plato?«
    »Eine interessante
Frage, Monsieur. Ich denke, ich kann mir guten Gewissens zugestehen, dass ich
beide Rollen in mir vereinige.«
    »Ha, ha, jetzt habe
ich Sie, La Mettrie. Sie haben von gutem Gewissen gesprochen. Ich denke, so
etwas brauchen Sie gar nicht?«
    » Touché .
Ein klein wenig ist die Eitelkeit mit mir durchgegangen, das gebe ich zu.
Solche unvernünftigen Gefühle vernebeln einem den Verstand. Aber was meine
Rolle im modernen Preußen betrifft – dabei bleibe ich.«
    »Sehr gut! Später
wird in den Geschichtsbüchern stehen, dass die Franzosen Preußen groß und
bedeutend gemacht haben. Lassen Sie uns darauf anstoßen.«
    Kurz darauf erklang
ein dumpfer Knall, auf den Gelächter folgte. Dann blitzte Gläserklirren durch
die Geräusche der Kutsche.
    Quantz hätte auch
gern einen Schluck getrunken, doch er war zu beschäftigt mit dem, was er mit
angehört hatte. Es war empörend! Solchen Leuten gewährte der König Asyl und
stattete sie auch noch mit hohen Ämtern aus! Ketzern und Atheisten, die
obendrein auch noch schweinische Romane schrieben!
    Er dachte wieder an
das Gespräch mit Weyhe. Ob man den König tatsächlich vor sich selbst schützen
musste? Seine Majestät hatte den Hof wie einen gewaltigen Kompass in Richtung
Frankreich gerichtet. Und nun sog er alles Französische auf – aus persönlicher Leidenschaft
oder warum auch immer. Doch ob er wirklich über alles Bescheid wusste, was in
den Köpfen seiner französischen Gäste vorging?
    Quantz kam eine
Formulierung in den Sinn, die der Rat hatte fallen lassen.
    Andreas
versah seinen Dienst im Schloss. Aber man schickte ihn auch herum. Zu den
Kammerherren, die in der Stadt wohnen. Man gab ihm vertrauliche Botschaften in
die Hand …
    Die beiden Männer,
die jetzt gerade auf ihre verdrehte Phantasie anstießen, waren Kammerherren.
    Ob Andreas für
d’Argens oder La Mettrie Botengänge erledigt hatte? Vielleicht hatte er ein
wertvolles Dokument bei sich gehabt, als diese Gestalt hinter ihm her gewesen
war? Vielleicht hatte er gar keine Dokumente gestohlen? Vielleicht hatte man
sie ihm abgenommen?
    Sie näherten sich
der Berliner Stadtmauer. Vor dem Potsdamer Tor drängten sich Wagen und
Fuhrwerke, um die obligatorische Akzise über sich ergehen zu lassen. Eine
Schlange hatte sich gebildet, die bis an den Rand des Waldes reichte, den die
Berliner »Tiergarten« nannten.
    Die Kutsche fuhr
langsam an dem wartenden Volk vorbei. Sie hielten sich nicht einmal eine halbe
Minute an dem Tor auf. Die

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