Schatten über Sanssouci
Offiziere. Es
ging schließlich darum, einen flüchtigen Lakaien aufzuspüren. Dafür hätten Sie
jede Hilfe erhalten. Aber Sie haben sie nicht verlangt. Würde Ihnen das nicht
selbst verdächtig vorkommen?«
»Ich wollte Andreas
selbst finden«, sagte Quantz. »Ich habe mich schuldig gefühlt an seinem
Verschwinden.«
»Ach ja?«, fuhr
Weyhe auf. »Interessant. Warum das denn?«
»Das würde mich auch
interessieren«, fügte Friedrich hinzu.
Quantz wand sich.
Wie sollte er das erklären? Er fand die Worte nicht.
»Gehen Sie hinaus«,
sagte der König.
Quantz verbeugte
sich kurz und wollte sich schon in Richtung Tür in Bewegung setzen.
»Nein, nicht Sie.
Weyhe, Fredersdorf, die Lakaien. Gehen Sie hinaus. Ich will mit dem Herrn
Kammermusikus allein sprechen.«
Der Befehl wurde
ausgeführt, die Tür schloss sich. Der Monarch stand auf. »Das ist eine sehr
ernste Sache, Herr Quantz. Sie sagen mir nicht die Wahrheit.«
»Aber Majestät –«
»Seien Sie still.
Sie wissen, ich bin ein strenger, aber gerechter König. Ich habe Weyhe mit
allen Mitteln ausgestattet, um dem auf den Grund zu gehen. Sie haben nur noch
eine Möglichkeit, mein Vertrauen zurückzugewinnen. Unterstützen Sie ihn.«
»Majestät, es ist
nicht, wie Sie glauben –«
»Mehr habe ich nicht
zu sagen. Gehen Sie.«
Eine Mischung aus
tiefem Schmerz über die Ungerechtigkeit, die ihn traf, und aus Scham breitete
sich in Quantz aus. Damit sollte er seinen König verlassen? Er blickte den
Monarchen an, der reglos dasaß – neben ihm der Schreibtisch mit der großen Uhr,
auf der Arbeitsfläche ein Stapel Schriftstücke.
»Na los.«
Mit weichen Knien
schritt Quantz davon. Im Vestibül warteten Weyhe und Fredersdorf. Er wollte
sich vorbeidrücken, doch der Rat stellte sich ihm in den Weg.
»Wir hätten Sie
schon früher genauer beobachten sollen, Herr Musikus. Dann wäre das alles nicht
geschehen, und Ihre undurchsichtigen Ziele wären schon früher offenbart worden.
Oder soll ich sagen, Ihre durchsichtigen Ziele? So eine Position im Umfeld des
Königs ist etwas Wunderbares, oder? Sie verschafft Möglichkeiten.«
»Ich weiß nicht,
wovon Sie reden«, zischte Quantz und drängte den Rat zur Seite. »Ich habe die
Erlaubnis zu gehen, und das werde ich jetzt tun.«
»Seine Majestät hat
Ihnen sicher mitgeteilt, welche Verantwortung ich übernommen habe. Und deswegen
ist unser Treffen noch nicht zu Ende, Herr Musikus. Er mag mit Ihnen fertig sein. Ich bin es nicht.«
»Was soll das
heißen?«
Weyhe deutete nach
draußen, wo der dunkle Schatten einer Kutsche zu sehen war. »Kommen Sie, dann
werden Sie es sehen.«
Quantz und Weyhe
saßen in der engen, fahrenden Kutsche und schwiegen. Schließlich erreichten sie
die Stadt. Der Morgenappell war gerade vorbei. Die Kutsche folgte dem Kanal und
hielt vor Quantz’ Haus. Sie stiegen aus, und erst in diesem Moment fiel Quantz
auf, dass ein Trupp Soldaten vor der Haustür stand.
Weyhe hob die
Augenbrauen. »Was ist da los? Eigentlich hätten die beiden auf dem Kutschbock
ausgereicht.«
»Ausgereicht?«,
fragte Quantz. »Wozu?«
»Natürlich um Ihr
Haus nach verdächtigen Dingen zu durchsuchen. Was denken Sie denn?«
Ein Offizier schlug
gerade gegen die Haustür und brüllte: »Öffnen. Sofort. Im Namen des Königs.«
Quantz drängte sich
durch die Bewaffneten nach vorn. »Was ist geschehen?«, fragte er.
Erst jetzt bemerkte
ihn der Soldat, dessen Gesicht vor Zorn rot angelaufen war. »Ist das Sein
Haus?«, schrie er Quantz an. »Sofort öffnen.«
Quantz hatte keinen
Schlüssel. Sophie war ja da. Er blickte die Fensterfront im Erdgeschoss
entlang. Die Läden waren noch geschlossen. Da stimmte etwas nicht. Normalerweise
hatte Sophie sie um diese Zeit längst geöffnet. Sie kümmerte sich morgens als
Erstes um die Stuben der Soldaten, wenn diese zum Dienst gegangen waren.
»Sophie?«, rief er
und klopfte nun ebenfalls an die Tür. »Sophie, ich bin es. Öffne bitte.«
»Das wäre noch
schöner, wenn wir hier herumstehen und warten würden, bis uns einer aufmacht«,
schrie der Offizier. Er gab seinen Leuten ein Zeichen. »Aufbrechen, sofort.«
Quantz sah zu Weyhe
hinüber, der sich abseits hielt. Offenbar hatte dieser militärische Besuch
tatsächlich nichts mit seinem Auftrag zu tun. Und deshalb legte er wohl keinen
Wert darauf, die Soldaten an dem gewaltsamen Aufbruch zu hindern.
In diesem Augenblick
öffnete sich die Tür, und Sophie erschien. Quantz erschrak über ihren Anblick.
Sie war blass
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