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Schatten über Sanssouci

Schatten über Sanssouci

Titel: Schatten über Sanssouci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Buslau
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begonnen, bevor der
Gehilfe erschienen war. Sollte er Kilians neueste Beobachtung erwähnen?
    »Und nun ist Herr
Quantz wieder zu Hause?«, fragte er.
    »Als ich den Posten
verließ, war es so«, sagte Kilian. »Ich werde mich gleich zurückbegeben.«
    »Es ist gut. Lass Er
sich in der Küche Proviant mitgeben. Und pass Er auf, dass Er nicht gesehen
wird. Die Beobachtung wird die ganze Nacht fortgesetzt. Er kann sich mit seinem
Bruder beim Schlafen abwechseln. Sofortige Meldung bei außergewöhnlichen
Vorkommnissen. Er kann gehen.«
    Kilian nickte,
verließ den Raum und schloss die Tür.
    Weyhe sah
nachdenklich auf den Schlosshof hinaus, über den sich langsam die
Abenddämmerung senkte.
    Was, wenn sich
Quantz nun in sein Schneckenhaus zurückzog?
    Es war seine
Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich der Herr Musiker sein eigenes Grab
schaufelte.
    Es kommt nicht auf
die Wahrheit an, dachte Weyhe. Man muss dem König nur etwas präsentieren, das
dieser für die Wahrheit hält.
    Zu zwei Dritteln
hatte er das Ziel, Quantz zu diskreditieren, schon erreicht. Da konnte es nicht
so schwer sein, das letzte Drittel auch noch zu inszenieren.
    Weyhe nahm sich noch
einmal den Bericht vor, las ihn sorgfältig durch und griff zur Feder.
    Noch
eine Bemerkung zu Herrn Quantz , schrieb er. Sein Verhalten wirkt
verdächtig. Offenbar sucht er den Kontakt zu Vertrauensleuten bei Hofe. Vor
allem bei der französischen Fraktion.
    Weyhe sah auf. Das
hatte er sehr gut ausgedrückt. Französische Fraktion .
Man verstand, in welche Richtung das ging, und trotzdem hatte er es vermieden,
Personen beim Namen zu nennen. Oder sie direkt zu beschuldigen.

16
    »Es ist
nicht zu glauben, mit welch seltsamen Menschen sich der König umgibt. Ein
angeblicher Gelehrter, der auf allen vieren kriecht und sich wie ein Tier
benimmt. Der die schlimmsten Beleidigungen von sich gibt – und doch ungeschoren
bleibt.« Quantz, der auf einem Sessel in seiner Studierstube saß, schnappte
nach Luft. Sein Herz klopfte stark, die Erregung erfüllte ihn wie Dampf einen
verschlossenen Wasserkessel. »Unsereins gerät in Ungnade, und so ein Verrückter
wird zur abendlichen Tafel geladen. Ich verstehe es nicht.« Er sprang auf und
begann, unruhig im Raum herumzulaufen.
    Sophie stand am
Schreibpult. »Soll ich Ihnen einen Tee kochen?«, fragte sie. »Er wird Ihren
Nerven guttun.«
    Quantz ging nicht
auf ihre Frage ein. Er stellte sich ans Fenster und sah hinaus. Draußen
herrschte blaues Zwielicht. »Ich habe das Gefühl, ich stehe am Galgen, habe
schon den Strick um den Hals, und jeden Moment öffnet sich die Klappe …«
    »Aber Herr Quantz …«, rief Sophie.
    Er ging zu ihr und
nahm ihre Hand, die sich angenehm warm anfühlte. Sofort fühlte er sich etwas
ruhiger. »Sophie, ich bitte dich um einen Gefallen. Behandle mich nicht wie
einen Dienstherrn.«
    Sie senkte den Blick
und errötete leicht. »Sie wollen wieder … Ich meine, jetzt?«
    »Nein, das meine ich
nicht. Und es tut mir leid, wenn du den Eindruck hast, ich hätte dabei meine
Stellung ausgenutzt. Aber ich brauche einen Menschen, der mir hilft. Zu dem ich
Vertrauen haben kann. Wie du weißt, hatte ich mir solches von meiner Frau
erhofft. Ich habe sie zu einer Zeit geheiratet, als ich niemals geglaubt hätte,
jemals einen Menschen so sehr zu brauchen wie jetzt. Sophie, ich bin alleine.
Die anderen Musiker gehen mir aus dem Weg. Sie teilen ein seltsames Geheimnis.
Ich bin sicher, es hat damit zu tun …, dass man mich aus dem Amt drängen will.
Und es ist ihnen fast gelungen.«
    »Aber wie kann ich
da helfen?« Ihre Augen glänzten.
    »Das weiß ich auch
nicht. Aber ich werde verrückt, wenn ich mit niemandem darüber sprechen kann.
Vielleicht ist das allein schon die Hilfe.«
    »Wenn es das ist …«
    »Setz dich. Ich kann
es nicht mit ansehen, wenn du dastehst wie eine Magd.« Er deutete auf den
Sessel.
    »Aber das ist Ihr
Platz.«
    »Ich bin zu unruhig
zum Sitzen.«
    »Dann lasst mich
erst ein Licht holen, es wird ja bereits dunkel.«
    »Also gut.« Ihre
dienende Rolle war ihr einfach nicht auszutreiben.
    Quantz stellte sich
wieder an das Fenster. Hinter der Häuserfront auf der anderen Seite des Kanals
ragte der Turm der Nikolaikirche in den bläulichen Himmel.
    Sophie kam zurück,
einen Leuchter mit angezündeten Kerzen in der Hand. In diesem Moment lenkte
etwas seinen Blick ab. Er dachte zuerst, die Flammen der Kerzen würden sich in
der Fensterscheibe spiegeln, doch dann wurde ihm klar, dass das Licht

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